Den Musiker Steve Howe braucht man wohl nicht mehr wirklich ausufernd vorzustellen, oder? Nur für den Fall und im Schnelldurchlauf: Der aus London stammende Gitarrist wurde 1964 noch als Teenager Profimusiker und verdiente sich in mehreren Bands erste Lorbeeren. Sein größter Karriereschritt war aber der Einstieg bei den Prog-Rockern von Yes im Jahr 1970. Somit war er an den größten Erfolgen der Band maßgeblich beteiligt und ist nach zwei mehr oder weniger kurzen Unterbrechungen seit 1995 wieder festes Mitglied. Zwischendrin tobte er sich bei Combos wie Asia, Anderson Bruford Wakeman Howe oder GTR aus und bereits 1975 veröffentlichte er sein erstes Soloalbum "Beginnings". Knapp über zwanzig Stück sind es mittlerweile und nach einer Pause von neun Jahren hat er diesen Sommer das brandneue "Love Is" vorgelegt. Und das fast im Alleingang, lediglich die Drums wurden von seinem Sohn Dylan Howe übernommen und bei der Hälfte der zehn Tracks war Jon Davison am Bass sowie den Harmony Vocals mit am Start.
Wie der Titel "Love Is" bereits suggeriert, haben wir es hier mit einer eher 'leichten' Platte zu tun. Leicht, aber keinesfalls seicht, denn dafür garantiert bereits die Qualität des Musikers Steve Howe. Fünf instrumentale Tracks und fünf mit Gesang sind es geworden, wobei die Vocals ganz sicher nicht (mehr?) die große Stärke des Briten sind. Dafür verzaubert seine Gitarre jedoch umso mehr. Und wenn ich das schreibe, dann will das was heißen, da ich generell eher kein großer Freund der instrumentalen Musik bin. Wie etwa bei "Beyond The Call" zaubert Howe erneut wunderschöne Melodien aus seinem gefühlt übergroßen Hut und setzt sie mit derart viel Feeling um, dass man sich geradezu darin verlieren kann. Bei den gesanglosen Nummern variiert er wunderbar die akustische, elektrische sowie zeitweise gar eine Steel-Gitarre und zaubert selbst mit dem Keyboard angenehm 'warme' Sounds aufs Parkett, die eine wunderbare Spielwiese für seine Saiten-Exkursionen bilden.
Der Engländer hat es selbstredend auch schon lange nicht mehr nötig, sich als 'Flitzefinger' vor dem Herrn zu präsentieren. Vielmehr befindet sich auf diesem neuen Album Musik für den Bauch, herrlich entspannende und zum Träumen anregende Mucke, die einfach nur schön ist und unter die Haut geht. Wenn Howe singt, dann ist das zwar nicht die absolute Krönung, auf der anderen Seite aber auch kein wirklicher Störfaktor. Unterstützt wird er dabei außerdem von Jon Davison, was eine zusätzliche Klangfarbe ins Spiel bringt. Großartig ist, wie der gute Steve es schafft, mit jedem Song eine andere und dennoch immer wieder ganz dichte Atmosphäre zu erschaffen. Da ist soviel Abwechslung und Können im Köcher, dass der Verfasser dieser Zeilen, der eigentlich auch kein riesiger Prog-Fan ist, anerkennend den Hut zieht. Prog? Nein, auf "Love Is" ist der Anteil dieses Genres zwar vorhanden, aber dennoch sehr gering gehalten. Zumeist geht es (von dem einen oder anderen Schlenker nach links oder rechts abgesehen) doch ziemlich geradeaus.
Bei dem abschließenden "On The Balcony" packt er dann aber doch noch einmal die Rock-Keule aus und es geht flott nach vorne. Ein fetziger Abschluss einer sehr starken Scheibe, die man allen Freunden gut gemachter Musik nur empfehlen kann. Den Yes– sowie Prog-Fans sowieso, aber die kennen ihre Pappenheimer sowieso schon lange und werden von der hohen Qualität dieser Platte vermutlich nicht sonderlich überrascht sein. Einfach mal locker aus der Hüfte geschossen werfe ich jetzt mal die beiden Instrumentals "Fulcrum" und "Beyond The Call" sowie die gesungenen Stücke "It Ain’t Easy" und "On The Balcony" als Anspieltipps in die Runde. Wunderschöne Platte!
Line-up Steve Howe:
Steve Howe (electric-, acoustic- & steel guitars, keyboards, bass & percussion – #1,3,5,7,9)
Jon Davison (bass & harmony vocals – #2,4,6,8,10)
Dylan Howe (drums)
Tracklist "Love Is":
- Fulcrum
- See Me Through
- Beyond The Call
- Love Is A River
- Sound Picture
- It Ain’t Easy
- Pause For Thought
- Imagination
- The Headlands
- On The Balcony
Gesamtspielzeit: 43:26, Erscheinungsjahr: 2020
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