Bereits seit Gründung der Band Blue Hook im Jahr 2004, also mittlerweile stramme 16 Sonnenumrundungen der Erde, spielen die drei Musiker Adrian John Szozda (acoustic guitars, vocals), Pete Mann (bass) und Keith Roach (drums) ohne Unterbrechung zusammen. An der elektrischen Gitarre war anfangs Zac Dowell am Start, bis dieser 2009 von Toledo, Ohio in Richtung Westen nach San Diego, California zog und nicht mehr zur Verfügung stand. Die Band machte als Trio weiter und engagierte für ihre Gigs und Plattenaufnahmen verschiedene Gitarristen, die die Lead- bzw. elektrischen Parts übernahmen. Das Debüt "Motor Oil & Whiskey" erschien 2009 und wurde 2016 von "Madness In A Quiet Little Town" gefolgt. Ein Jahr später stieg dann Patrick Lewandowski als zweiter Mann für die Sechssaitige fest ein und Mitte dieses Jahres legte die Band ihr nunmehr drittes Album "The Night Wild" vor.
Die Band selbst bezeichnet ihren Stil als »Psychedelic Blues Funkin, Retro Rockin' Groove«. Hmm, ja, is' klar … Mich erinnert jedoch bereits der Opener "Soul Is The Sun" umgehend an Grateful Dead. Zwar nicht Eins zu Eins, aber hier fließt und groovt ebenfalls alles sehr relaxt vor sich hin, wenn die Ausrichtung auch ein wenig härter als bei der genannten Band erscheint. Zumindest manchmal. Witzigerweise tauchen die Dead bei den neun Bands, die Blue Hook als ihre Inspirationen nennt, überhaupt nicht auf. Aber wie dem auch sei, was wirklich richtig cool kommt, ist der stetig fließende Groove, der in erster Linie von Mann und Roach gelegt wird. Die Akustische von Frontmann Szozda wurde relativ weit in den Hintergrund gemischt, sodass der ständig solierende und dennoch nie ausufernde Lewandowski ebenfalls eine sehr dominante Rolle im Sound übernimmt. Mir persönlich ist Szosdas Gesang ein wenig zu unaufgeregt, um wirklich Eindruck zu hinterlassen. Auf der anderen Seite entsteht das Gefühl, dass darauf auch nicht das Hauptaugenmerk der Combo liegt.
Die Stärke des Quartetts liegt also definitiv bei der Musik und ich muss erneut auf den Vergleich mit Grateful Dead zu deren eher weniger songorientierten Zeiten zurückkommen. Denn in den Vibe, in das Feeling der hier zelebrierten Musik kann man sich durchaus verlieben. Das geht alles – wenn auch wenig spektakulär – unheimlich gut ins Ohr und die Fußwippe des Hörers ist dauerhaft im Einsatz. Bei "She’s On To You" legt der Vierer dann mal ordentlich einen drauf, was das Tempo betrifft. Die bluesigen Elemente sind jederzeit hör- und erkennbar, selbst wenn es nach der letztgenannten Nummer mit "Higher In The Blue" erneut sehr flott weiter geht. Nach mehreren Durchläufen erhärtet sich das Gefühl, es hier mit echten Spitzenmusikern zu tun zu haben, die von Rock, Jam, Blues bis hin zum Jazz alles spielen können, selbst wenn das letztgenannte Genre in diesen elf Tracks so gut wie gar nicht vordergründig in Erscheinung tritt.
Wem kann man "The Night Wild" von Blue Hook nun ans Herz legen? Definitiv allen Deadheads sowie Freunden aller anderen amerikanischen Jam-Bands. Aber auch die Musiker unter unseren Lesern dürften an diesen vier Herren aus dem Mittleren Westen der USA ihren Spaß haben. Zunächst wegen deren technischem Können, dann vor allem aber auch wegen dieser traumwandlerischen Relaxtheit und dem Gesamt-Feeling der Scheibe. Wer eher auf knackige dreiminütige Rocksongs mit Ohrwurm-Refrain abfährt, wird hier nicht unbedingt glücklich werden, dafür hat diese knapp fünfzigminütige Platte aber ganz andere Qualitäten. Und die zählen auch! Wer erstmal reinhören will, dem würde ich dafür "Rollin' Hills, Fertile Valley", "An Outlaw & His Mask", das wirklich schöne und abschließende "Hope" sowie "Higher In The Blue" empfehlen.
Line-up Blue Hook:
Adrian John Szozda (acoustic guitars, vocals)
Patrick Lewandowski (electric guitars)
Pete Mann (bass)
Keith Roach (drums)
Tracklist "The Night Wild":
- Soul Is The Sun
- Blood Moon
- Rollin' Hills, Fertile Valley
- Lucifer And The Strange
- An Outlaw & His Mask
- The Silence
- Unwritten Tune
- She’s On To You
- Higher In The Blue
- Wind Blows
- Hope
Gesamtspielzeit: 47:56, Erscheinungsjahr: 2020
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