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Bernard & Pörsti (Samurai Of Prog) / La Tierra – CD-Review

Bernard & Pörsti (Samurai Of Prog) / La Tierra - CD-Review

Meine letzte Besprechung war guter Hard Rock aus Schweden, heute bin ich bei den Nachbarn in Finnland.
Marco Bernard ist dort eine Ikone in Sachen Progressive Music und anscheinend ein Workaholic. Angefangen als One Man Band Electroshock und danach in verschiedenen Coverbands tätig, ist er unter anderem auch Herausgeber der Fansite "Colossus".

Zusammen mit dem Drummer Kimmo Pörsti und dem Multiinstrumentalisten Steve Unruh entstand das Projekt Samurai Of Prog. Dort sind die Musiker sehr kreativ und bringen in regelmäßig kurzen Abständen mit verschiedenen Gästen geschichtsträchtige Alben heraus. Da wahrscheinlich die beiden Musiker immer noch nicht genug haben, wurde als Side Project Bernard & Pörsti (ohne Unruh) gegründet und Anfang des Jahres die Geschichte von "Gulliver’s Reisen" vertont und nun, am Ende des Jahres, das mir vorliegende "La Tierra".

Flott geht es los mit einem swingenden Pianothema, das mit einer schönen Keyboardmelodie und später einer Violine (gespielt von Steve Unruh!) begleitet wird. Dies erinnert ein wenig an Kansas. Die schöne Stimme von Ariane Valdivié harmonisiert das lockere Stück "Vuelo Sagrado". Hier geht es um die Ureinwohner der Osterinsel und einem selbstgefälligen Priester, der sich »the bird man« nennt; die positive Stimmung des Songs trügt: Der Bombast nimmt mit dem dezent auftreten Orchester zu. Eine funky Gitarre zum Ende hin setzt noch ein paar Farbtupfer. Ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Symphonic Rock nicht unbedingt schwer sein muss!

In die gleiche Scharte schlägt der Anfang vom elfminütigen "El Error", nur mit Flöte und mehr Gitarre. Interessant wird es, als die Stimmung umschlägt und tiefe Moll-Töne gespielt werden, der aufdringliche Shucker Bass den Takt  übernimmt und das Rhodes Bar Jazz-Feeling einfängt. Ein knackiges wehmütiges Gitarrensolo setzt ein und verändert wiederum das Szenarium. Bei diesem Song geht es um zwei befreundete Wissenschaftler die mit ihrer DNA experimentieren, bis einer der Zwei dies beschleunigen möchte und dadurch ihre Freundschaft zerstört wird. So die Kurzgeschichte. .

"Voz de Estrella Que Muere" widerspiegelt eine virtuelle Cyber-Landschaft in der Acatam Wüste. Hier lebt ein Wesen, das keine Erinnerung von seinem Leben, seiner Liebe, seinem Hass, der ihn tötet, hat. Es kommt in Frieden …  musikalisch sehr gut umgesetzt in diesen fünf Minuten. Man fühlt mit diesem Wesen mit. Bis zum finalen hoffnungsvollen 'Bläser'-Thema, das sich in den Hörgängen verfängt und dort auch bleibt.

Rockiger und schwermütiger, mit Hammond und harten Riffs, wird eine Geschichte von einer besonderen Frau eingeleitet, die uns mit ihren strahlenden Augen anschaut um dadurch die ganze Seele unseres Leben  widerspiegelt. Hier kommt Marcelo Ezcurras Stimme zum Einsatz, welche einen Hauch italienischen Charme in die ruhige Passage einfließen lässt, bis der Gesang von dem dunklen rauen Sound erobert wird. Hier genial das Solo von Pablo Robotti und der Keyboard-Einsatz von Octavio Stampalia. Zum Ende hin passt sich der Gesang dem harten Stil an und so gibt Marcello noch den Rocker und auch das Orchester zieht nochmals gewaltig an.

Die Stimmung wird auf null gesetzt mit einem relaxten Piano Einsatz von David Myers. Man soll erstmal runterkommen und Kraft tanken, denn es erwartet uns noch ein 30-minütiger Long Track.

»This ist my will, this is my song
Do not look for us anymore
You will not find us
I am a seeker who found love in another dimension«

Diese Zeilen umschreiben "La Tierra" sehr gut.

Zwei Wochen lang feilten sieben Musiker samt ihren Freundinnen an diesem Opus. Aus ihrem tiefsten Inneren entstand eine mystische Arbeitsweise, indem sie sich gegenseitig inspirierten und dadurch kompositorisch das Beste rausholten.
Den Anfang macht "Los Gentiles", das mit feinem Piano anfängt und jäh von einer Basslinie unterbrochen wird, um ein flotteres Tempo hinzulegen. Die Band steigt voll mit ein. Es liegt ein Hauch von Emerson, Lake And Palmer im Raum. Das Tempo fährt wieder runter und die leicht opernhafte Stimme von Jaime Scalpello durchdringt das Ganze, macht nicht mal Pause, als progressive Breaks das Ganze wieder antreiben.
Stopp bei zehn Minuten.

"Sol" wird mystisch durch Gitarre, Gesang  und die Melodie eingeleitet. Wie von Geisterhand gespielt, taucht aus der Stille der Moog auf und geleitet, ja befördert uns in andere Dimensionen. So etwas kennen wir eigentlich von der Manfred Mann’s Earthband (ich sage nur "Father of Day, Father of Night"). Einfach herrlich.
Stopp bei 20 Minuten. Das Finale steht an.

Und wieder dieser flotte Shucker Bass von Marco Bernard, diesmal noch dominanter und heftiger; schnell und aggressiv steigt die Band ein. Das Tempo wird immer mehr angezogen und die Musiker holen alles aus sich und ihren Instrumenten heraus. Wieder ein Break. Ruhe! Stille! Harmonie!

Von hinten ist eine E-Gitarre zu vernehmen, die die Stille unterbricht und zum rockigen Duell mit der fetten Hammond fordert. Drummer Kimmo Pörsti  treibt das fetzige Geschehen weiter an. Schade, dies wäre ein perfektes Finale gewesen, aber es wird leider abermals durch ruhige Stimmung unterbrochen, welche dann wieder leicht Fahrt aufnimmt, um schließlich in kirchenähnliche Choralgesänge überzugehen. Man bleibt aber trotzdem gefangen und ist gespannt was da noch kommt. Ja, es kommt was und das gewaltig. Rockig und flott geht dieser Song in die Endphase.

Symphonic Prog Rock at it’s best. Gute Kompositionen mit  einem der besten Musiker, den Finnland zu bieten hat, ist dieses Werk ein fantastischer musikalischer Genuss. Ein Gemisch aus den rockigen Kansas, dem Bombastischen von ELP und dem Gespür für gute Melodien wie z. B. Kaipa.

Unbedingt aussprechen will ich ein großes Lob für Nele Diel und Kimmo Heikkila für das sehr schön gestaltete Cover plus Folder sowie dem Booklet. Hier werden die einzelne Geschichte zu den Songs in Englisch kurz erzählt.


Line-up Bernard & Pörsti:

Marco Bernard (Rickenbacker & Shuker basses)
Kimmo Pörsti /drums & percussion)

Guests:

Jaime Rosas (keyboards)
Jaime Scalpello (vocals)
Rodrigo Godoy (guitars, backing vocals)
Marek Arnold (saxophone)
Eduardo G. Salueña (piano, organ, Mellotron, synths)
Ariane Valdivié (vocals)
Rubén Álvarez (electric & acoustic guitars)
José Manuel Medina (orchestral arrangements)
Steve Unruh (violin)
Alessandro Di Benedetti (keyboards)
Rafael Pacha (acoustic & electric guitars)
John Hackett (flute)
Oliviero Lacagnina (keyboards)
Marc Papeghin (French horn, trumpet)
Octavio Stampalìa (keyboards)
Marcelo Ezcurra (vocals)
Pablo Robotti (guitars)
David Myers (grand piano)

Tracklist "La Tierra"

  1. Vuelo Segrado (8:57)
  2. El Error (11:11)
  3. Voz de Estrella que Muere (5:34)
  4. Ansia de Sonar (10:23)
  5. Canciòn desde la Caravana (3:30)
  6. La Tierra (30:12)

Gesamtspielzeit: 69:51, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Achim Mayinger

Genres: Beat, Classic Rock, Hard'n'Heavy, Progressive Rock

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