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The Fuzztones / NYC – CD-Review

The Fuzztones - "NYC" - CD-Review

Boah, was für ein hinterhältiges Stück … Musik! Um ehrlich zu sein schien überhaupt nichts auf dieser Scheibe zusammen zu passen, als sich "NYC" von The Fuzztones das erste Mal in meiner Anlage drehte. Der Sound, der Gesang, die gesamte Produktion … wie man sich doch täuschen kann! Aber dazu später mehr…

Wer sich ein bisschen in die Historie der Fuzztones hineinlesen möchte, kann gerne mal in unseren Reviews über das erste sowie zweite Buch von Band-Chef Rudi Protrudi stöbern. In der Kurzform sieht es so aus, dass die Band von dem gerade genannten Sänger und Musiker im Jahr 1980 gegründet wurde und in Szene-Kreisen mit dem Debütalbum "Lysergic Emanations" großen Erfolg hatte. Die Combo wurde jedoch immer wieder von Personalwechseln geplagt, sodass sie zwar eine respektable Anzahl an Alben veröffentlichte, die Zeitabstände dazwischen allerdings zeitweise sehr groß waren. So dauerte es seit der letzten Scheibe Preaching To The Perverted erneut geschlagene neun Jahre, bis im abgelaufenen 2020 endlich die aktuelle Platte "NYC" vorlag.

Der eigentlich aus Pennsylvania stammende Protrudi lebte ab der zweiten Hälfte der siebziger Jahre in New York City, bis er 1987 nach Los Angeles zog. Eine Zeitspanne im Big Apple, die ihn prägte wie keine andere. Und so beschloss der mittlerweile seit einigen Jahren in Berlin lebende Musiker, ein Tribut-Album für die Stadt einzuspielen, die niemals schläft. Und dabei beweist er sehr guten Geschmack, wenn man sich die hier gecoverten Original-Artisten wie unter anderem Patti Smith, The Dead Boys, Mink DeVille, The Cramps, The Ramones, die New York Dolls oder The Heartbreakers so auf der Zunge zergehen lässt. Wer die gerade aufgezählten Bands kennt weiß nun natürlich auch, dass Protrudi hier vor allem seinen Hut vor der C.B.G.B.-Szene zieht. Ein Laden, dessen beste Jahre er damals live und in Farbe miterlebt hat.

Tja, und beim ersten Mal anhören … keine Ahnung, ob da meine Ohren schief standen, sich meine Gehörgänge im Urlaub befanden oder die Chemie in meinem Hirn irgendwie falsch zusammengemixt war, denn The Fuzztones präsentieren diese 15 Coverversionen tatsächlich auf ihre ganz eigene, ultracoole Art und Weise. Natürlich alles nach wie vor auf Garage Rock getrimmt, hat man es hier mit einem wahren Feuerwerk einer Underground-Hit-Compilation aus den späten Siebzigern zu tun. Das geht schon los mit dem Ramones-Klassiker "53rd & 3rd", gefolgt von den beiden Dead Boys-Gassenhauern "High Tension Wire" und "Not Anymore" über die New York Dolls ("Babylon"), erneut den Ramones mit "Microdot" (das mir bisher als "Chinese Rocks" bekannt war) bis hin zu eher dem klassischen Rock statt dem Punk Rock verbundenen Musikern wie Patti Smith ("Dancing Barefoot") wie auch Mink DeVille ("Let Me Dream"). Eine kleine Ähnlichkeit mit Jim Morrison hatte der Gesang von Rudi Protrudi ja immer schon, was auf dieser Platte nochmal schön in Form der Nummer "Psilocybe" zu hören ist.

Auf "NYC" ist jeder Song ein kleines Juwel und die Interpretationen der Fuzztones sind genauso klasse. Selbstverständlich klingt hier alles wie echter Sechziger-Garage Rock, das aber mit sehr viel Geschmack und dem exakt richtigen Feeling. 15 Tracks bei einer Spielzeit von knapp 42 Minuten mag sich zunächst 'viel zu hastig' anfühlen, aber die Stücke kommen genau auf den Punkt und auch die jeweils kurze Laufzeit stört überhaupt nicht. Und obendrein bekommt man plötzlich auf Songs wie "Flip Your Wig" (Wayne County), "New Kind Of Kick" (The Cramps), "You Gotta Lose" (Richard Hell & The Voidoids) oder "Skin Flowers" (The Fugs) einen ganz neuen, frischen Blick. Gleich am Anfang muss natürlich"New York, New York" stehen, das sich aber – versprochen! – vollkommen anders als die Sinatra-Version anhört bzw. außer einem markanten Part gar nichts damit zu tun hat.

Am Ende steht die klare Empfehlung, sich "NYC" von The Fuzztones unbedingt mal zur Brust zu nehmen! Ach ja, macht beim – oder nach dem – ersten Anhören bloß nicht den Fehler, dies nicht zu wiederholen. Und grundsätzlich gilt natürlich: Vorsicht vor schief stehenden Ohren, auf Urlaubsmodus eingestellte Gehörgänge und einer durcheinander geratenen Chemie im Oberstübchen. Diese Platte macht einen Höllenspaß!


Line-up The Fuzztones:

Rudi Protrudi (guitars, harp, lead vocals)
Lana Loveland (organ, piano, background vocals)
Eric Geevers (bass, background vocals)
Marco Rivagli (drums, background vocals)

Tracklist "NYC":

  1. New York, New York
  2. Flip Your Wig
  3. New Kind Of Kick
  4. 53rd & 3rd
  5. Psilocybe
  6. Skin Flowers
  7. High Tension Wire
  8. Babylon
  9. Transmaniacon MC
  10. The Man In Me
  11. Let Me Dream
  12. Microdot
  13. Not Anymore
  14. You Gotta Lose
  15. Dancing Barefoot

Gesamtspielzeit: 41:52, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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