1985 läuteten Mötley Crüe mit "Theatre Of Pain" eine neue Entwicklung auf dem Metalmarkt ein. Hatte man beim Vorgängeralbum "Shout At The Devil" noch Heavy Rock der härteren Art geboten, gab es diesmal mit Songs wie "Home Sweet Home" und "Smokin' In The Boys Room" doch einen leichten Poser-Touch. Crüe waren allerdings nicht die Einzigen, denn auch Ozzy Osbourne ("The Ultimate Sin"), Judas Priest ("Turbo") oder Def Leppard ("Hysteria") waren Wegbereiter des Mainstream Metal. Sie wollten den amerikanischen Markt damit erobern und für mehr Airplay im Radio sorgen. Das war bis Ende der 80er Jahre die normale Entwicklung und der größte Teil dieser Gruppen ging später wieder in die härtere Richtung.
Die Kombination Mötley Crüe / Running Wild kam mir da gerade Recht und ich machte mich an einem verregneten Mittwochnachmittag auf den Weg nach Offenbach. Durch einen Autobahnstau war ich zwar erst um halb Acht an der Stadthalle, fand aber glücklicherweise schnell einen Parkplatz. Die Halle war mit ca. 3000 Fans gut besucht und etwa die Hälfte davon waren Amerikaner aus demı Raum Frankfurt.
Da diese wenig Interesse an der Vorgruppe zeigten, hatte ich keine Probleme mir einen Platz in den ersten Reihen zu sichern. Pünktlich um 20 Uhr ging das Licht aus und Trockeneis bedeckte die Bühne. Als Rock’n Rolf und seine wilde Horde aus der Dunkelheit auftauchten, stellte man an den Publikumsreaktionen folgendes fest: Die Reihen 1 bis 10 waren fest in deutscher Headbangerhand.
Dann ging es los! Die Metalgranate Branded And Exiled wurde abgefeuert und mit "Genghis Khan" und "Mordor" folgten weitere vernichtende Geschosse. Nieten und Leder waren die Markenzeichen von Running Wild, die den wahren Metal gnadenlos ins Volk prügelten. Breitbeinig stand Rolf mit seiner Gibson Explorer am Mikro und spielte "Diabolic Force," während um ihn herum wild abgerockt wurde. Es wurde nicht mit Feuer und Pyroeffekten gespart, die passend zu den Drumbeats von Schlagzeuger Hasche explodierten. Viel zu schnell war die Show zu Ende und mit "Prisoner Of Our Time" verließen Running Wild die Bühne.
Eine Heerschar von Headbangern reckte die Fäuste zum Gruße und verabschiedete die Helden mit lautem Jubel. Eben diese Fans verzogen sich dann auch größtenteils in Richtung Bierstand und machten Platz für die US-Truppen.
Waren es vorher langhaarige Kuttenträger, die sich vor der Bühne drängten, so sah man jetzt kurzgeschorene Amiboys und blonde Girls in den ersten Reihen. Ich verweilte auf meinem Platz in Reihe drei und nach einer kurzen Umbaupause wurde die Halle unter großem Jubel wieder abgedunkelt. Jetzt war die Zeit für asskickin' Heavy Rock gekommen und mit "Looks That Kill" stürmten Mötley Crüe die Bühne.
Sänger Vince Neil rannte gleich zu den Fans in der ersten Reihe und begrüßte einige per Handschlag. Mit "Knock 'Em Dead Kid" ging es heavymäßig weiter und neben Vince Neil war Bassist Nikki Sixx die zweite Persönlichkeit auf der Bühne. Im Streifenoutfit mit dazu passendem Hamer-Bass tobte der Mann über die Bühne und suchte immer wieder den Kontakt zu den Fans.
Mit "Ten Seconds To Love", "Live Wire," "Red Hot" und "Bastard" ging es im ersten Teil der Show recht heavy zur Sache. So hatte ich mir das auch vorgestellt und Gitarrist Mick Mars malträtierte seine Axt recht heftig.
Mit der Ansage »Crazy Motherfuckers – you gonna fight for us tonight« wurde dann das erste Stück vom aktuellen Album "Theatre Of Pain" gespielt. "Fight For your Rights" konnte den hohen Level der Show locker halten, aber als dann der Song "Home Sweet Home" angestimmt wurde, ging ich erstmal zum Bierstand. Dort stand zu meiner Verwunderung der Running Wild-Drummer Hasche und plauderte mit den Fans. Mit einem Bier in der Hand und einer Frikadelle im Mund gesellte ich mich einfach dazu und nach einem kurzen Smalltalk rief mich "Shout At The Devil" wieder zurück zu Mötley Crüe.
Rechtzeitig zum Drumsolo von Mr. Tommy Lee stand ich dann wieder auf meinem alten Platz. Es war schon mit einer Kiss-Show zu vergleichen, wie das Drumkit mit Hydraulik angehoben wurde. Am Ende des Solos stand das Podest senkrecht und die Fans konnten von oben auf die Drums und Tommy Lee sehen. Dazu gab es eine tolle Lightshow und man konnte sich ungefähr vorstellen, wie die Shows in großen Hallen in den USA rüberkamen. Das war wirkliches Entertainment der Marke Hollywood und nach diesem Höhepunkt legten sich die Bad Boys mit "Too Young To Fall In Love" dann nochmal mächtig ins Zeug und beendeten eine 90 Minuten-Show der Superlative.
Als Zugabe gab es mit "Smokin' In The Boys Room" und "Helter Skelter" nochmals zwei ppetithappen auf mehr Mötley Crüe bei der nächsten Tour. Ein wirklich toller Gig war zu Ende und für 28,- DM wurde richtig was geboten.
2 Kommentare
Reincke Christian
5. März 2023 um 13:01 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Ich war ebenfalls dort – und bin noch heute vollkommen geflasht. MC waren zwar sowas wie Heroes für mich, RW von der Spielart her aber näher an mir dran; dieses Paket war somit ein echtes Geschenk. Und hey: es war mein allererstes Konzert! Habe eben gerade übrigens Mötley 2023 in München gebucht.
Johnny Guitar
20. November 2021 um 17:26 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hammer, bei dem Konzert war ich auch live dabei. Running Wild und Mötley Crüe, was für eine Zusammenstellung, aber hat funktioniert. Es war Louder than Hell!
Johnny Guitar