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Saturnia / Stranded In The Green – CD-Review

Saturnia / Stranded In The Green – CD-Review

Mit "Stranded In The Green" legt der portugiesische Multiinstrumentalist Luís Simões sein nunmehr achtes Album vor. Schrieb ich bei der 2018er Platte The Seance Tapes, dass Saturnia kein Einzelprojekt mehr sein, sondern zum festen Trio geworden ist, so muss ich das jetzt widerrufen.
Luís agiert wieder (?) alleine und hat wie auch vor "The Seance Tapes" ab und an Gäste im Line-up.

Wenn man sieht, was Simões alles spielt, ist es eigentlich auch nicht verwunderlich, dass er kaum Mitmusiker benötig. Live ist das dann allerdings schwer und so liegt seine letzte Tour auch schon gute acht Jahre zurück. Die absolvierte er zusammen mit Colour Haze, dessen Sänger und Gitarrist Stefan Koglek Saturnia auch im Portfolio seines Labels Elektrohasch Records hatte. Nun ist Luís Simões bei Dave Schmidts Label Sulatron Records gelandet und diese Verbindung ist eine gute, denn Saturnia passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge in den Sulatron-Katalog.

"Stranded In The Green" ist grob der Gattung Psychedelic- und Space Rock zuzuordnen, hat aber auch krautige und ethnische Momente. Musik also, die beim Hörer oft Kopfkinoreisen initiiert und ihn in entsprechende Landschaften abtauchen lässt. Dass das nicht immer nur den Hörer betrifft, sondern Musiker ihrerseits ebenfalls Inspiration in der Natur suchen war wohl auch bei Simões der Fall, denn der nahm vorliegendes Album auf dem Land auf. Der Name "Stranded In The Green" dokumentiert das ja bereits im Titel.»Zwischen Rebstöcken« heißt es im Begleitschreiben und man mag es sich gerne vorstellen, im fahlen Licht eines Sonnenuntergangs bei einer Flasche Vinha do Rio dieser Musik zu lauschen.

Nachdem Pan beim Intro seine mit Glöckchen behangene Herde beisammen hat, startet ein tribaler, indisch angehauchter Siebenminüter, in dem Sitar und die Trommeln den Ton angeben. Dazu legt sich harmonischer Gesang, allerlei Percussion zieht vorbei und dann wird es noch harmonischer und auch entspannter. "Fibonacci Numbers" goutiert die Sinne mit toller Harmonie, tollem Gesang und man spürt förmlich den Duft vorbeiwehenden Krauts. Ein schönes Stück. Äußerst gelungen mit doomiger Attitüde wabert "Smoking In The Sun" aus den Lautsprechern. Irgendwie sind wir jetzt in den Rillen der Meddle-Platte bei "Echoes" von Pink Floyd. Wie aus Nebelschwaden kommen die elektronischen Spitzen geschossen, schwere Tasten  drücken auf den Nebel legen und die Gitarre tut genau das was sie soll: sie begeistert. So muss Psychedelic klingen!

"Super Natural" weckt freudige  Erwartung; alleine schon wegen der angezeigten Spielzeit von vierzehn Minuten.  Das Stück beginnt sehr ruhig mit fast gehauchten Vocals und Vogelgezwitscher. Gemächlich weben Chimes und Gong feine Fäden, dezent aber bestimmt schleichen sich Bass und Drums ein und das Ganze verströmt eine angenehme Mystik. Wie aus dem Nichts schieben sich die Tasten ein und eine Spur King Crimson wird gelegt. Ich denke, das bis jetzt Gehörte war Part 1, denn nun folgt ein längeres Instrumental, das einen schön sphärisch wegbeamt. "When I’m High"  verzaubert wieder mit den Goodies, die auch im ersten Teils von "Super Natural" so herrlich aus den Lautsprechern perlten, also zartem Gesang und schönen Tasten, die entweder süßlich und breit, oder als harte Pianoanschläge durch die Gegend ziehen.

"Perfectly Lonely" ist eine schräge Orgie schräger Töne und es braucht eine Weile, bis man sich da halbwegs eingetaktet hat. "Perfectly Lonely" ist wie auch "Just Let Yourself Go" eine Beigabe auf der CD und nicht auf der Vinylversion enthalten. CD als auch LP sind übrigens jeweils auf 500 Exemplare limitiert. Das Vinyl dazu in 180g-Ausführung und in transparent grüner Farbe.

"Butterfly Collector" geht wieder angenehm ins Ohr und 'psychedelt' krautig und spacig. In "Just Let Yourself Go" darf man sich an Gitarrenspiel in spacigen Fantasielandschaften erfreuen. Dieses Stück rechtfertigt den Kauf der CD, da das Stück – wie gesagt – auf der Rille nicht vorhanden ist. Allerdings lockt das Design der Schallplatte und im Prinzip macht Saturnia ja auch entschleunigte Musik und die schreit ja bekanntermaßen nach Vinyl. Alles klar?


Line-up Saturnia:

Luís Simões (vocals, electric guitar, acoustic guitar, 12 string guitar, acoustic sitar, guitar pedals, Hammond organ, Philicorda organ, Rhodes piano, acoustic piano, tampura, bass guitar, bass pedals, synthesizer, sampled keyboards, gong, chimes, drums)
Ana Vitorino (spoken words – #1)
Winga (djembe -#2)

Tracklist "Stranded In The Green":

  1. Pan Arrives (1:26)
  2. Keep It Long (7:12)
  3. Fibonacci Numbers (4:49)
  4. Smoking In The Sun (7:13)
  5. Super Natural (13:58)
    Pt 1. Bacchus, Ra And Viriatus
    Pt. 2. Endless Meadow
    Pt. 3. Intelligent Light
  6. When I’m High (3:44)
  7. Perfectly Lonely (4:26) [CD-Bonus]
  8. Butterfly Collector (7:44)
  9. Just Let Yourself Go (6:09) [CD-Bonus]

Gesamtspielzeit: 56:59, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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