Die mit sieben Musikern besetzte englische Band If wurde im Jahr 1969 in London gegründet und galt seinerzeit mit ihrem Jazz Rock-/Fusion-Sound als direkte Konkurrenz von Szene-Größen wie Blood, Sweat & Tears oder auch Chicago, ohne jedoch in der breiten Bevölkerung deren Erfolge erreichen zu können. Noch vor den Aufnahmen zum ersten Album wurde der Schlagzeuger Spike Wells durch Dennis Elliot (der später bei Foreigner landete und mit dieser Band in ihren ersten ca. 15 Jahren die ganz großen Erfolge feierte) ersetzt. Aber obwohl If als hervorragende Live-Band galt, blieben die Verkaufszahlen der ersten beiden Scheiben ("If", September 1970 sowie "If 2", Dezember 1970) hinter den Erwartungen zurück. Möglicherweise wurde deshalb ein Kurswechsel in Erwägung gezogen.
Das dritte Album der Band, "If 3" gilt gemeinhin als das rockigste der Formation, während der Jazz auf den ersten beiden Werken einen höheren Anteil verbuchen konnte. Der Opener "Fibonacci’s Number" geht dann auch schon mal gleich in die Vollen. Hier groovt es direkt wie die Hölle, selbst wenn die Bläser Dave Quincy und Dick Morrissey noch ganz klar dominierend gegenüber der Gitarre sind. Aber da ist schon wahnsinnig viel Power am Start, selbst wenn hier und da immer wieder mal Tempo rausgenommen und Platz für ein Bass- oder Flötensolo gelassen wird. Ein mehr als überzeugendes Instrumental zum Start. Mit "Forgotten Roads" bleibt es weiter melodisch und der Lead-Sänger J.W. Hodkinson bringt hier sogar einen richtig eingängigen Refrain auf den Tisch. Die Gitarre von Terry Smith gewinnt mehr und mehr die Oberhand und der Groove der Rhythmus-Maschine Jim Richardson am Bass und Dennis Elliot ist unglaublich. Eine deutlich Stufe ruhiger und sogar in Richtung Ballade geht "Sweet January". Der Gesang erwischt den schmalen Grat zwischen 'kraftvoll' und 'melancholisch' perfekt und in solch eine Stimmung passt kaum ein anderes Instrument besser als die Flöte, die auch super von Morrissey eingebracht wird.
Wurde die Musik aller vier Tracks auf der ersten Seite von Dave Quincy komponiert, so dürfen auf der zweiten auch mal die anderen ran. Und bereits bei dem von Tastenmann John Mealing komponierten "Far Beyond" geht es ein gutes Stück weiter in Richtung Mainstream. Von Jazz ist bei diesem Titel nichts zu merken, vielmehr haben wir es hier mit einer richtig gut gespielten und groovigen Pop/Rock-Nummer zu tun, was dem Abwechslungsreichtum der Scheibe natürlich keinen Abbruch tut. "Seldom Seen Sam" von Gitarrist Terry Smith und Sänger J.W. Hodkinson kommt dagegen sehr verspielt rüber, während der Gesang zunächst nur von der Flöte (und ein wenig Schlagzeug) begleitet wird. Im Verlauf des Songs wird es dann sehr funky und das E-Piano von Mealing soliert sehr gekonnt. Auch wieder ein Stück, das super ins Ohr geht und gar nicht mehr so richtig raus will. "Upstairs" (Komponist: Dick Morrisey) orientiert sich dann offensichtlich noch am meisten an den ersten beiden Werken der Band.
Mit "Here Comes Mr. Time" konnte John Mealing dann noch einen zweiten von ihm komponierten Song auf dem Album unterbringen. Und auch hier haben wir es mit einem sehr coolen Rock-Song zu tun, bei dem in erster Linie der Gesang und das Gitarrensolo von Terry Smith glänzen. Sehr stark. Die Platte kommt in dieser Neuauflage aus dem Jahr 2020 auf sehr gut klingendem 180g-Vinyl mit sehr druckvollem und differenziertem Sound.
Als Fazit kann der Band sowie "If 3" nur bestätigt werden, eine super Einstiegsplatte für alle zu sein, die sich dem Jazz Rock/Fusion annähern möchten bzw. die mal reinschnuppern wollen. Dafür könnte man sicher auch Alben der bereits oben erwähnten Bands Chicago (vor allem die ersten beiden) und Blood, Sweat & Tears aufzählen, aber hier geht es ja nun mal in erster Linie um If. Nach der Veröffentlichung von "If 3" im August 1971 kam in England im September 1972 noch "If 4" (das zeitgleich in den USA, allerdings mit unterschiedlicher Tracklist als "Waterfall" erschien), bevor sich die Gruppe desillusioniert auflöste. Bereits 1973 kam es zu einer Reunion (an der jedoch vom Original-Line-up nur noch Dick Morrissey sowie neue Musiker beteiligt waren) und drei weiteren Alben, bis dann 1975 endgültig Schicht im Schacht war.
Line-up If:
John Mealing (organ, electric piano, background vocals)
Terry Smith (guitars)
Jim Richardson (bass)
Dennis Elliot (drums)
Dick Morrissey (tenor & alto saxophone, flute, background vocals)
J.W. Hodkinson (percussion, lead vocals)
Dave Quincy (tenor & alto saxophone)
Tracklist "If 3":
- Fibonacci’s Number (7:38)
- Forgotten Roads (4:23)
- Sweet January (4:30)
- Child Of Storm (3:39)
- Far Beyond (4:57)
- Seldom Seen Sam (4:50)
- Upstairs (4:42)
- Here Comes Mr. Time (4:43)
Gesamtspielzeit: 20:16 (Side 1), 19:12 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2020 (1971)
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