Den ganz großen Durchbruch im Musik-Business hat Manfred Maurenbrecher nie erreicht und dennoch kommt man durchaus ins Staunen, wenn man sich das Lebenswerk dieses Mannes mal zu Gemüte führt. Über zwanzig Soloalben hat der Berliner bereits veröffentlicht, dazu einige mit anderen Musikern unter Projekt- oder Bandnamen, er schrieb Songtexte für unter anderem Spliff, Herman Van Veen, Ulla Meinecke oder Katja Ebstein, verfasste mehrere Bücher und obendrein war er jahrelang auch noch als Radiomoderator beschäftigt. Als Musiker wurde er Anfang der achtziger Jahre von Herwig Mitteregger (u. a. Ex-Spliff) entdeckt und Maurenbrecher erhielt einen Vertrag bei dem Major-Label CBS. Fünf Alben veröffentlichte er über diese Plattenfirma, die sich allerdings allesamt eher schlecht als recht verkauften. Und im Zuge seiner dritten Platte "Viel zu schön" wurde er dann auch vom Rockpalast eingeladen, was er natürlich nur allzu gern annahm. Stattgefunden hat das Konzert am 25. Februar 1985 in der Hamburger Markthalle. Ein Abend, den der Musiker selbst bis heute zu den Höhepunkten seiner Karriere rechnet.
Es gibt natürlich immer Gründe, warum ein Musiker nicht größer rauskommt, selbst wenn diese manchmal nicht wirklich nachvollziehbar oder erklärbar sind. Möglicherweise lag es an Maurenbrechers zu grummeliger Art zu singen, zu kantiger Art der Außendarstellung oder den anspruchsvollen Texten, die man nicht unbedingt im Radio hört und schon gar nicht so ganz unbedarft vor sich hin summt. Aber wie dem auch sei, der Abend wurde mit "Höchste Zeit" sehr groovy, allerdings auch dem angesagten Sound der damaligen Zeit gestartet. Fast vom Start weg fällt die sehr starke Bassarbeit von Benjamin Hüllenkremer auf, dessen Spiel sich dennoch sehr schön mit dem Schlagzeug verzahnt. Selbstverständlich haben manche Stellen in den Songs etwas Patina angesetzt, sprich sie atmen deutlich die Zeichen ihrer Zeit. Aber zum einen macht das ja auch den Reiz älterer Auftritte aus und zweitens sind so einige der Texte (beispielsweise "Kurhotel") erschreckenderweise auch heutzutage noch so aktuell wie bereits damals.
Der gute Manfred war, wie wir heute wissen, an dem Abend eigentlich gar nicht gut drauf, da er mit einer fiesen Erkältung zu kämpfen hatte. Die man ihm aber – zumindest wenn man wie ich keine Vergleichsmöglichkeit hat – tatsächlich gar nicht anmerkt. Direkt ins Auge sprang dem Verfasser dieser Zeilen die deutsche Coverversion von der damals noch recht aktuellen Tom Waits-Nummer "In The Neighborhood" (aus dem Album "Swordfishtrombones", 1983) ins Auge, hier eins zu eins mit "In der Nachbarschaft" übersetzt. Wer diese Waits-Platte kennt, der weiß, dass es sich dabei um alles andere als leichte Kost handelt, was sowohl die Musik sowie auch den Gesang betrifft. Maurenbrecher traf allerdings die weise Entscheidung, das Stück auf seine eigene Art zu bringen, statt einen bereits von Beginn an zum Scheitern verurteilten Versuch zu unternehmen, das Original zu kopieren.
Letzten Endes bleibt es dabei, dass Manfred Maurenbrecher die Musik-Fans spalten wird. Alleine schon deshalb, weil er bei weitem nicht so stromlinienförmig wie viele andere Acts der damaligen Zeit war. Wer also erstmal anchecken bzw. reinhören will, dem würde ich dafür die Stücke "Höchste Zeit", "Gib mir deine Zigarette", "Der Junge kann malen" oder auch "Im Zentrum des Bösen" empfehlen.
Line-up Manfred Maurenbrecher:
Manfred Maurenbrecher (piano, lead vocals)
Udo Dahmen (drums & percussion)
Benjamin Hüllenkremer (bass)
George Kochbeck (keyboards, background vocals)
Ebo Wagner (guitars)
Richard Wester (saxophone)
Tracklist "Live At Rockpalast 1985":
- Höchste Zeit
- Avignon
- Gib mir deine Zigarette
- Kurhotel
- In der Nachbarschaft
- Bingerbrück
- Im Zentrum des Bösen
- Mami Mutti Muschi
- Viel zu schön
- Die Lücke
- Der Junge kann malen
- Tina
- Flussabwärts
Gesamtspielzeit: 67:11 (CD), 68:46 (DVD), Erscheinungsjahr: 2021 (1985)
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