Es war vermutlich das Jahr 2007, in welchem sich die Brüder Paul Eastham und Chris Barnes mit ihrem Kumpan Finlay Wells zu einer Gruppe namens Coast in ihrer Heimat Schottland zusammen taten (so ganz sicher ist sich diesbezüglich jedoch keiner der drei Musiker mehr).
»Zunächst spielten wir in Pubs, da standen in der Regel drei oder vier Leute am Tresen und haben uns ermuntert weiterzumachen« erinnert sich Eastham an die ersten Gehschritte mit seiner Combo. Eastham ist übrigens nicht nur Frontman sondern auch Texter der Band, seine Songtexte erzählen stets kleine Geschichten.
»Doch rasch sprach sich herum, dass es in der Region eine Gruppe gibt, die gehörig Dampf unterm Hintern hat. Bereits sechs Monate später traten wir vor 300 bis 400 Menschen auf«.
Nun, was kann es Besseres geben, als Mund-zu-Mund-Propaganda und das allgegenwärtige Internet, was bewirkte, dass ihre Fanbase stetig wuchs. Zu ihren Gigs tauchten plötzlich begeisterte Anhänger aus Deutschland, Skandinavien und gar den USA auf.
Zeit, um endlich ein Album aufzunehmen. Das namenlose Debüt erschien 2009 und war, so wie die beiden Nachfolger auch, sehr Folk-lastig.
Anlässlich ihres zehnjährigen Studio-Bestehens sollte ein retrospektives Album unter dem Titel "10" erscheinen, auf dem sich die Band von einer neuen Seite, nämlich rockiger zeigen wollte. Zu hören sind nunmehr zehn bereits bekannte Coast-Songs, welche allerdings in einem härteren und auch wuchtigerem musikalischen Gewand erstrahlen. Dennoch wird der typische Coast-Duktus nicht verleugnet.
Zwei Jahre später (2021) wurde die Platte noch einmal überarbeitet, es wurden zwei neue Tracks ("Flesh And Blood", "Nothing Left To Burn") mit drauf gepackt und als Re-Recording "10.2" – nun auch in Europa – veröffentlicht.
Auch wenn sich die Band auf dem vorliegenden Album tatsächlich etwas rockiger präsentiert wie zum Beispiel mit den Stadionkrachern "Flesh And Blood" oder auch "Oceanos", haben die Herren ihre Vorliebe für akustische Klänge nach wie vor nicht aus den Augen verloren. Das demonstrieren sie auch gleich beim Intro des folgenden "Who Loves You Now", welches sich im Verlaufe des Stückes zunehmend aufbaut und am Ende ordentlich Fahrt aufnimmt.
Das anschließende "Long Way Home" bekommt durch den Vocal-Einsatz von Georgie Cullum sozusagen das i-Tüpfelchen verpasst. Ihre Stimme harmoniert hervorragend mit der von Eastham.
Mein absolutes Highlight auf der Platte ist "Lament For Nick", ein Instrumentalstück, das Finlay Wells für einen viel zu früh verstorbenen Freund geschrieben hat. Eine wunderschöne, sehr phsyedelisch angehauchte Ballade, in der sowohl das Piano als auch die E-Gitarre dominieren. Über sechs Minuten lang wird man in eine Traum-Welt entführt, das erinnert mich auch an das eine oder andere rein instrumental gespielte Stück von Gary Moore.
Ein weiterer Anspieltipp ist "The Ghost Of Dan The Boy". Sanfte Töne, die ganz zart, ja fast zerbrechlich wirken, werden auf der akustischen Gitarre gezupft und bereiten uns eindrucksvoll auf den grandiosen Auftritt der E-Gitarre vor, die anschließend ein wahres Feuerwerk abschießt. Der Song wird fulminant im Galopp nach vorn getrieben. Man sieht vor dem inneren Auge eine Herde Wildpferde mit aufgeblähten Nüstern über die schottischen Highlands fegen. Der Song wurde geschrieben zum Gedenken an den Teenager Daniel Nolan (14), der am Ufer des Flusses Hamble in Southampton vermisst wurde und niemals mehr zurück kehrte.
Auch die folgenden Stücke atmen unverkennbar den Geist des Celtic Rock. Dazu lasse ich noch einmal Paul Eastham zu Wort kommen:
» Wir waren als Teenager mit Freunden gerne in der schottischen Natur unterwegs, bevorzugt in den Bergen[…]. Abends saßen wir am Lagerfeuer, haben Musik gemacht oder gehört, uns traditionelle Geschichten erzählt. […] Ich bin ja eigentlich klassisch ausgebildeter Musiker. Aber das Keltische ist mir eine wahre Herzensangelegenheit. Das bin ich alleine schon der Mystik und den Weiten unserer unvergleichlichen schottischen Landschaften schuldig, die ich versuche musikalisch einzufangen«.
Nun, ich denke es ist der Band hervorragend gelungen, uns einen Einblick in ihre keltische Welt zu geben.
Line-up Coast:
Paul Eastham (vocals, piano, keyboards)
Chris Barnes ( percssion, vocals)
Finlay Wells (electric guitar, acoustic guitar, bass guitar)
Additional Musicians:
Mathias Lassen (drums)
Georgie Cullum (vocals)
Tracks "10.2":
- Flesh & Blood
- Who Loves You Now
- Long Way Home
- Lament For Nick
- I Wanna Sing With The Boss
- Oceanos
- The Docks Of My Hometown
- Drift Away
- The Ghost Of Dan The Boy
- Sepia Eyes
- Nothing Left To Burn
- Dancing With Satellites
Gesamtspielzeit: 55:07, Erscheinungsjahr: 2021
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