Ein verrücktes Epos sollte es werden, sagte sich John Petrucci, Gitarrist und Songschreiber von Dream Theater. Eine ausverkaufe Welttournee war gerade zu Ende, sodass sich die Band wieder einmal reif für ein neues Album fühlte. "Die Tour hatte gerade aufgehört, und wir waren in der Warteschleife", erinnert sich John. Tatsächlich sind seit dem Debütalbum "When Dream And Day Unite" (1989) nie mehr als drei Jahre zwischen zwei aufeinander folgenden Platten der Formation vergangen. "A View From The Top Of The World« ist bereits das 15. Studiowerk der Progressive-Metal-Ikonen aus New York.
Beeinflusst ist es stark vom Meisterwerk "Metropolis Pt. 2: Scenes from a Memory" (1999), das 20 Jahre nach seinem Entstehen noch einmal im Fokus einer Livepräsentation stand. Moderne Elemente des Vorgängers "Distance Over Time" haben ebenfalls Einflüsse hinterlassen.
Inhaltlich machen sich Dream Theater als Reisende auf den Weg, um möglichst eine neue Welt zu schaffen. Die Musiker werden so zu Außerirdischen auf Zeit. Sie singen davon, andere Planeten zu entdecken. Die Inspiration erhielt Sänger James LaBrie durch seinen Sohn, der ihm vorgeschlagen hatte, ein Interview von Joe Rogan mit Elon Musk anzusehen (Elon Reeve Musk ist ein aus Südafrika stammender und in den USA wirkender Unternehmer. Er besitzt durch die Geburt sowohl die südafrikanische als auch die kanadische Staatsbürgerschaft. 2002 erhielt er zusätzlich die US-amerikanische. In Deutschland ist er vor allem als Chef des Elektroautoherstellers Tesla bekannt und dort nicht unumstritten – Anm. des Verfassers).
Reichlich Stoff für eine neue Scheibe, bei der Dream Theater Neuland betreten. An manchen Stellen weicht der Klang des Progressive Metal dem reinen Metal. Gitarreneinlagen bestimmen zwar auch diesmal die sieben Kompositionen, doch das Album ist unüberhörbar eine kollektive Leistung, bei der Sänger LaBrie seine öfter schon an den Tag gelegte Zurückhaltung aufgibt. Dies erfolgt trotz der langen Stücke.
Herausragend gibt es mit dem Titelsong einen monumentalen 20-Minüter. Für den Gitarristen ist "A View From The Top Of The World" nicht nur das Kronjuwel der Platte, sondern ein Kronjuwel im Bandkatalog, wird John Petrucci in der Ankündigung zum Album zitiert. Einige Stücke kratzen an der 10-Minuten-Marke. Sie sind gleichermaßen durchdrungen von artikulierten Arrangements, groovigen Gitarren und starken Melodien. Alles in allem klingt das 15. Studiowerk dadurch noch facettenreicher.
Produzenten sind John Petrucci und James »Jimmy T« Meslin. Mix und Mastering übernahm Andy Sneap. Das Artwork stammt von Hugh Syme (Rush, Iron Maiden, Stone Sour), der bereits mehrfach für Dream Theater gearbeitet hatte. Kreatives Zentrum für die Arbeit an "A View From The Top Of The World" war das erst kürzlich fertiggestellte DTHQ (Dream Theater Headquarters) in New York – eine Kombination von Aufnahmestudio, Proberaum, Regieraum und Gerätelager. Den somit entscheidenden Vorteil kommentierte Keyboarder Jordan Rudess wie folgt:
»Es war toll, unseren eigenen Platz zu haben. Wir mussten nicht mit dem Druck umgehen, den es in einem Studio mit Zeitlimit gibt. Ich konnte sitzen, komponieren, mir Zeit nehmen und das liefern, was ich für eines meiner besten Ergebnisse halte«.
Konkret bedeutete dies, dass von Oktober 2020 bis März 2021 an dem neuen Album gearbeitet wurde.
Ich glaube, eine gewisse Leichtigkeit zu hören, die es so vielleicht noch nicht gab bei Dream Theater, trotz ihrer vielen Alben und ihrer enormen Erfahrung. Eine Ballade ist nicht enthalten, aber es gibt Ruhepunkte wie auf dem letzten Stück. Dafür hören wir einige Klassikanleihen in Verbindung mit dem Keyboard.
Die Konzentration haben die Protagonisten standesgemäß hochgehalten.
»Wir gehen an jedes Album heran, als wäre es unser erstes«, so Sänger LaBrie. »Es war so eine tolle Fahrt, aber wir stoppen nicht. Diese Jungs sind meine Brüder. Wir haben Höhen, Tiefen und alles dazwischen erlebt. Dieses Gefühl gemeinsam erleben zu können, ist unbeschreiblich.« In diesem Hochgefühl ist ein neues Konzept-Album entstanden, das man zweifelsfrei als eines der Meisterwerke von Dream Theater bezeichnen darf.
Mit einer Spieldauer von aktuell 70 Minuten knüpfen die fünf Musiker an vergangene Monumentalwerke an. Erinnert sei nur an "Falling Into Infinity", das vierte Studioalbum von 1997, mit einer außergewöhnlichen Spielzeit von 78:20 Minuten (!) und an "Metropolis Pt. 2: Scenes from a Memory" mit einer Länge von 77:12 Minuten. "A View From The Top Of The World" ist als Doppel-CD, Doppel-LP und als Blu-ray Disc erhältlich.
»Musik hat die Kraft, auf emotionaler Ebene zu einem zu sprechen«".
(John Petrucci, Gitarrist Dream Theater)
Line-up Dream Theater:
James LaBrie (vocals)
John Petrucci (guitar)
Jordan Rudess (keyboards)
John Myung (bass)
Mike Mangini (drums)
Tracklist "A View From The Top Of The World":
- The Alien (09:31)
- Answering The Call (07:35)
- Invisible Monster (06:30)
- Sleeping Giant (10:04)
- Transcending Time (06:24)
- Awaken The Master (09:47)
- A View From The Top Of The World (20:23)
Gesamtspielzeit: 70:14, Erscheinungsjahr: 2021
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