A Chinese Firedrill / Circles
Circles Spielzeit: 45:57
Medium: CD
Label: Skull Seven Productions, 2006
Stil: Prog/Art-Rock

Review vom 21.12.2006


Jürgen B. Volkmar
Soloprojekte haben vor allem eines gemeinsam, sie sind Ausdruck bestimmter musikalischer Geschmacksrichtungen, die sich in dieser Form nicht oder vielleicht auch gerade deshalb, bei der Stammformation des Solobetreibers unterbringen lassen.
So auch Joey Vera, dessen geistiger Sprühnebel sich bereits in einigen Soloprojekten u.a. ''A Thousand Faces'' oder bei Gastspielen von Tribe After Tribe, Anthrax, OSI, Chroma Key oder Seven Witches verbreitete. Im Hauptberuf ist er Bassist von Fates Warning und Engine oder auch bei dem ewigen Underground-Tipp Armored Saint. Als Sänger, Komponist und Instrumentalist legt uns dieser 'Hansdampf in allen Gassen' sein neuestes Soloalbum "Circles" vor.
Fast im Alleingang produziert, Joey singt, bedient die Gitarren, Bass, Piano und Keyboards und holte sich nur bei den Drums Unterstützung von Greg Studgio. Natürlich haben Vollblutmusiker Einflüsse, die auch auf irgendeine Art verarbeitet werden müssen. So auch Joey Vera, dessen Vergangenheitsbewältigung eindeutig im Art- und Progbereich liegt.
Eine Huldigung an Pink Floyd, Genesis, Peter Gabriel oder auch Rush, den kanadischen Prog-Rock-Ikonen. Selbst produziert und komponiert sind sieben individuelle, Emo-kompatible, orchestrale Klangfraktate entstanden, die sich erst nach mehrmaliger Anhörung des Gesamtwerks in ihrer vollen Intensität entfalten.
Druckvolle, mit extremen Stimmungsschwankungen durchsetzte Tracks wie "Circles" mit Anklängen an Jeff Beck oder King Crimson, deuten emotionale Ausbrüche in neue rhythmische Freiräume an, die sofort wieder in bestehende Klangbrücken integriert werden. Dynamik allerorten, totale Integration von klaren Basslinien, abgehackt von Gitarrenläufen, die fett und teilweise synchron modelliert werden.
"Automatic Fantasy", im Elektrodesign und mit Percussion als Intro, entfaltet beinahe Tribalstimmung, Chorgesänge erinnern an Pink Floyd im "Umma Gumma"-Look und die Akustikgitarre entfaltet ihren eigenen Reiz. Synchron kommen die Tempiwechsel und geben einen Hauch von Fusion und Experimentalrock frei.
So auch "Insane", mit getragenen Pianopassagen beinahe jazzig orchestriert, dann furios mit einer klassischen Gitarrenwand eingerahmt. Solistische Gitarreneinlagen im Wechsel mit Sprechgesang geben einen dezenten dekadenten Anstrich.
"Siucra" in breiter Phrasierung, stilistisch kontrastierend zur bisherigen musikalischen Struktur, bringt gut platzierte Einsätze des gesamten musikalischen Instrumentariums und glänzt mit komplexen Melodielinien. Durchbrochen von scheinbar widersprüchlichen Taktwechseln offenbart sich ein musikalischer Griff in beinahe operettenhafte Klangbilder.
Nach vorne stürmende Gitarrenriffs und sakrale Verbalakrobatik geben "Never Say Never" die Absolution mit Dynamikfaktor. Avantgardistisch entfalten sich Keyboards und haben manchmal Akzente von Fates Warning. Progressive Ausbrüche kommen melodiös und harmonisch.
Rhythmisch und treibend geht es mit "Grass And Stone" weiter, locker arrangiert, unaufdringlich und trotzdem einfühlsam instrumentiert. Einer der Art Rock-Songs, die am stärksten die Vergangenheit aufleben lassen. Gentle Giant wie auch King Crimson kommen unisono mit Pink Floyd'scher Lässigkeit angeflogen und verharren doch nie in ihrem ureigenen Stil.
Mit zunehmender Abspieldauer verdichtet sich dieses Werk in einer Experimentalvielfalt, die besonders im letzten Teil "Rock, Paper, Scissors" ihren Niederschlag findet. Fächerartig entfalten sich die Klänge, treiben auseinander und vereinen sich wieder im Zusammenspiel der instrumentalen Vielfalt. Kurzfristig wirkt die Gitarre treibend und wird dann wieder durch langsame ausklingende elektronische Klangketten abgelöst.
Joey Vera beweist mit diesem Soloausflug, dass er ein überragender Multiinstrumentalist ist. Stilsicher bedient er sich aus dem Gemischtwarenladen der Rockhistorik und konstruiert daraus ein neues Werk, das absolut frei von irgendwelchen Trends ist. Perfekt produziert und für Art-Rocker das noch fehlende Teil in der Sammlung.
Tracklist
01:Circles
02:Automatic Fantasy
03:Insane
04:Siucra
05:Never Say Never
06:Grass And Stone (Etherreal)
07:Rock, Paper, Scissors
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