Diese Veröffentlichung könnte richtungsweisend für die nahe Zukunft sein: Es handelt sich um ein LP/CD-Package! Eine überaus pfiffige Idee: Eine LP für den guten Ton in den eigenen vier Wänden, eine CD als Wegzehrung für unterwegs.
Drei Studio- und zwei Live-Alben hat das niederländische Powertrio Absence in den sechzehn Jahren ihrer Bandhistorie 'auf die Rille' gebracht. "Storage" ist die erste, im wahren Wortsinne 'Langrille' - erfreulich, dass sich Vinyl derart kraftvoll zurückmeldet. Dass eine Veröffentlichung auf dem 'altertümlichen' Trägermaterial Sinn macht, kann man mit diesem LP/CD-Doppelpack gleich direkt antesten. Das 180g-Vinyl klingt deutlich wärmer und voller, mit dem angenehmen Nebeneffekt, dass hier auch in zwanzig Jahren noch Hörgenuss ohne Datenverluste möglich sein wird. Und Schwund wäre im Fall von "Storage" nun wirklich fatal, denn die Scheibe ist wohl das bislang beste Album der drei Niederländer!
Die drei »zornigen jungen Männer« - sprich: Graham Parker, Elvis Costello und Joe Jackson - hätten Songschreiber Piet van Tienen maßgeblich bei den Kompositionen beeinflusst, heißt es im Begleitschreiben der Plattenfirma. Bezüglich der Texte mag ich dies unterschreiben - die Musik dagegen kommt teilweise sehr viel härter (hier kommen einem King's X in den Sinn), rumpelig bluesrockig ( Gov't Mule kann das auch) daher. Auch die sonnige Westküste (kaum zu glauben, die Doobies) grüßt schon mal und wenn sich die Drei im Satzgesang üben, grinsen ein-, zweimal ganz frech CSN&Y um die Ecke. Klassische Rockelemente vereinen sich also in einer durchaus zeitgemäßen Interpretation.
"See Me Play" 'packt' den Hörer gleich mit den ersten Akkorden an den virtuellen Eiern. Jawoll, der Song ist packend, catchy und recht anspruchsvoll... und 'mundgerecht' auf Dreivierundvierzig zurechtfrisiert. Dagegen ist "Stand In Line" ein verdammt klotziges Brett. Unwillkürlich muss ich an Gov't Mules sperriges Debütalbum von 1995 denken, was aber positiv gemeint ist - die Nummer ist eben nicht schwerverdaulich sondern nahrhaft! Als wunderschönen Kontrast setzen Absence nun mit "Dog Ear" eine schmachtende Ballade dagegen, die allem Balladesken zum Trotz über Druck und Zug verfügt. "Average Guy" zieht das Tempo ein kleinwenig an. Formidabler Satzgesang und schrammelige Gitarren lassen die Gedanken an Nordamerikas flippige Westküste entfliehen. Absence geben hier die holländische Antwort auf die Doobie Brothers.
Als ein richtig treibender, griffiger Hardrocker entpuppt sich "Jerry". Der Text scheint sich um Obama zu drehen - wäre schön gewesen, wenn die Lyrics (so wie man es von früher gewohnt ist) auf dem Inner Sleeve abgedruckt wären. Das leicht latinbetonte Riff von "Dying For Love", über schwerblütiger Begleitung intoniert, erinnert erneut an unseren Herrn & Meister. Kurz, knackig und etwas 'wavig' kommt "All The Stars" daher - hier finden wir tatsächlich etwas Joe Jackson-Feeling. "Messiah" lebt von dem Kontrast zwischen den lässigen CSN&Y-inspirierten Strophen und dem knarzigen Rest, der ein wenig an Cream erinnert. Den Abschluss macht dann mit "The Manager" wieder eine etwas eingängigere Nummer, mit einer tollen Hook und erstklassigen Gesangsleistungen der gesamten Truppe.
Absence interpretieren hier das klassische Powertrio auf etwas andere Art und Weise, sehr viel variabler und abwechslungsreicher, als dies so manche bekanntere Zeitgenossen zu tun pflegen! Die Produktion ist enorm dicht, satt und druckvoll: Gitarre, Bass und Schlagzeug, ein- zweimal etwas Harp - irgendwelcher Schnickschnack wird zu keinem Zeitpunkt vermisst. Das Songmaterial stammt nahezu komplett von Piet van Tienen, der obendrein produziert hat. Beim Arrangement waren allerdings Maarten Dekkers und Thomas Calis gleichberechtigt beteiligt.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Und mit dem pfiffigen Vinyl/CD-Konzept dürfen Absence als Trendsetter gelten. Leider ist das Teil (noch) nicht einfach zu bekommen; bislang ist eine Order meines Wissens nur über die Plattenfirma Keen Ear Records (Link s. u.) möglich. Tut dies massenhaft - ich halte das Geld für gut angelegt!
Line-up:
Piet van Tienen (lead vocals, guitars)
Maarten Dekkers (bass, vocals)
Thomas Calis (drums, percussion, harp, vocals)
Tracklist |
A-Seite:
01:See Me Play (3:44)
02:Stand In Line (3:44)
03:Dog Ear (5:00)
04:Average Guy (3:18)
05:Mental Geek (4:38)
B-Seite:
01:Jerry (4:13)
02:Dying For Love (3:15)
03:All The Stars (2:36)
04:Messiah (4:16)
05:The Manager (4:18)
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