»In March 2011 Japan fell victim to a tragedy. An earthquake and tsunami the likes of which the Japanese people had never seen. The Fukushima nuclear plant suffered a core meltdown, spreading radiation - and fear - across the country.«
Vom 20. Oktober bis zum 10. Dezember 2011 dauerte die Back On The Road-Tour der amerikanischen Rock-Giganten Aerosmith, die sie nach Mittel- und Südamerika sowie Japan führen sollte. Insgesamt achtzehn Shows der Marke Superlativ standen auf dem Tourplan und davon gab es immerhin acht allein in Japan - nach sieben Jahren des Entzugs für die japanischen Fans. Und dabei hatte der asiatische Teil der Tournee wegen Erdbeben, Tsunami und Fukushima eher unter keinem guten Stern gestanden. Das Land hatte immer noch mit den Nachwehen dieser Tripel-Katastrophe zu kämpfen, ganze Teile lagen in Schutt und Asche und die nukleare Verstrahlung war (und ist) in ihrem gesamten Ausmaß noch gar nicht bezifferbar.
Kaum eine offizielle Stimme hätte es den Rockern aus Boston ernsthaft verübelt, wenn die Tour unterbrochen und verschoben worden wäre. Mit geschickter PR hätte man die Unverträglichkeit von dem großen Leid auf der einen und dem ausgelassenen Abfeiern der Idole auf der anderen Seite schon rüberbringen können, wenngleich die Fans zutiefst betrübt gewesen wären. Die Sorge wegen einer möglich Absage war unberechtigt, denn 'Big Lips' Tyler und seine Mannen setzten ein Zeichen und brachten die Tour auf die andere Seite des Pazifik.
Neben einer Show in Sapporo auf Hokkaido wurden sieben weitere auf der japanischen Hauptinsel Honshu gegeben, darunter war als weiteres Zeichen ein Auftritt in Hiroshima angesetzt. Keine Frage, die japanischen Fans dankten es mit ausverkauften Häusern und der typischen Begeisterung für und während Rock-Shows. Ist das Seelenleben eines Bewohners des Landes der Aufgehenden Sonne im Businessalltag üblicherweise ein Buch mit sieben Siegeln, so scheinen die Gefühle bei Konzerten regelrecht zu explodieren.
Dieser Tage kommt nun die Dokumentation zur Tour durch Japan auf den Markt. Seinerzeit mitgefilmt, bringt Eagle Vision (Eagle Rock) eine knapp zweistündige Zusammenstellung heraus, die das Besondere des Aufenthaltes und der Auftritte darstellen soll. "Rock For The Rising Sun" hat man das Scheibchen passenderweise genannt und es wird als DVD und Blu-ray erhältlich sein.
In perfekter, unterhaltsamer und eindrücklicher Form wurden Live-Mitschnitte und Clips von Szenen abseits der Bühne miteinander verbunden (und endlich mal wieder gute Überblendungen ohne diese abrupten Cuts!). Es darf hier kein ungeschnittenes Konzert in Originalabfolge erwartet werden, denn wir springen von Stadt zu Stadt, werden von kurzen Interview-Einspielungen unterhalten und bekommen einige visuelle Eindrücke dessen, was die Band während ihres Aufenthaltes so erlebt hat. Da stechen natürlich Ereignisse wie der Besuch beim Hiroshima Peace Memorial besonders hervor und die Einstellung des dort betenden Joey Kramer geht mit »There's somethin' wrong with the world today« quasi nahtlos in die erste Textzeile vom dazu passenden "Livin' On The Edge" über.
Begegnungen mit Fans gehören ebenso dazu wie PR-trächtige Besuche in Tokios Disneyland und all das, was man sonst unter "Behind The Scenes" als Bonusmateral einer DVD abheften würde. Derartiges fehlt im Grunde in der Bonus-Abteilung total, sieht man von den beiden Clips zu "Lick And A Promise" und "One Way Street" ab. Ansonsten wird das kurzweilig in das Main Feature eingeflochten, dessen Hauptanliegen natürlich das Vermitteln von Musik ist.
Die siebzehn Clips der regulären Konzertmitschnitte zeigen eine Band, die trotz des durchaus fortgeschrittenen Alters wenig an Agilität vermissen lässt. Da mag man sich direkt um 20 Jahre zurückversetzt fühlen, als die Band gerade mit den Songs von Pump oder "Get A Grip" im Platinhimmel schwebte. Die Darbietung ist natürlich technisch perfekt, aber man merkt zudem, dass die Band einfach gut drauf ist (war ja nicht immer so…) und dass es ihr ein Anliegen ist, den japanischen Fans in den schweren Zeiten ein wenig Freude zu machen. Perry und Tyler sind natürlich die optischen Magneten, wie das bei Lead-Gitarrist und Sänger von den Bad Boys schon immer der Fall war. Die Rampensau Tyler ist zudem stimmlich voll auf der Höhe und führt durch große Segmente der Aerosmith'schen Diskografie - alles von durchdachter Bildregie für den heimischen Screen in Szene gesetzt..
Allein die drei Eröffnungssongs, die natürlich nicht aus ein und derselben Show stammen, "Draw The Line", "Love In An Elevator" und "Livin' On The Edge" sind schon ihr Geld wert. Qualitative Rückschritte sind nicht zu verzeichnen und auch das kurze und kurzweilige Drum-Solo Kramers zur Hälfte 'des Sets' passt in diese Kategorie. Ich habe über die Jahre so einige Shows der US-Rocker gesehen, gute und schlechte, aber ich wünschte, im Herbst 2011 in Japan gewesen zu sein.
»Thank you for coming to Japan!«
Line-up:
Steven Tyler (vocals)
Joe Perry (guitars)
Brad Whitford (guitars)
Tom Hamilton (bass)
Joey Kramer (drums)
Tracklist |
01:Draw The Line
02:Love In An Elevator
03:Livin' On The Edge
04:Hangman Jury
05:No More No More
06:Mama Kin
07:Monkey On My Back
08:Toys In The Attic
09:Listen To The Thunder
10:Sweet Emotion
11:Boogie Man
12:Rats In The Cellar
13:Movin' Out
14:Last Child
15:S.O.S. (Too Bad)
16:Walk This Way
17:Train Kept A Rollin' (credits)
Bonus:
Lick And A Promise
One Way Street
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