After All?
Die Belgier? Nein! Die Amerikaner! Eigentlich war ich auf der Suche nach den neuesten Informationen der belgischen Power-/Thrash Metal-Band und dann stoße ich auf dieses Teil. Da mein Herz nicht nur bei Heavy Metal schneller schlägt, sondern auch bei obskuren Bands, die so exotisch sind, dass selbst deren Mitglieder nach einiger Zeit vergessen haben, dass sie einen mehr oder weniger langen Zeitraum für Mikrofon, Bass, Gitarre, Schlagzeug oder sonst was verantwortlich waren. Aus diesem legendären Stoff entstehen die Albträume eines jeden Sammlers, der kurz vor der Komplettierung seiner Sammlung doch noch was Neues entdeckt.
Mit dieser Zielsetzung ging es ins Studio, die Titel wurden aufgenommen, danach wurde die Studiotür ordentlich verschlossen und die Musiker zerstreuten sich in alle Himmelsrichtungen. Wieviele LPs gepresst wurden, wenn überhaupt, und damit bin ich wieder bei den schlaflosen Nächten vieler Sammler, weiß selbst das allwissende Netz nicht.
Von der 2000 aufgelegten CD-Pressung sind noch einige Exemplare vorhanden. Wer sich für dieses One-off-Projekt interessiert, sollte schnellstens zuschlagen. Ich wittere Raritätenalarm.
Was die Spielzeit betrifft, ist das Ganze nach 39:50 Minuten durchgehört, die Aufnahmequalität lässt auf eine digitalisierte Bearbeitung der Originalbänder schließen. Ein US-amerikanischer Versender bezeichnet die musikalische Ausrichtung als
»slightly Doors-ish«, was auch so stehen bleiben und als grobe Orientierung dienen kann, die Band aber nicht als billige Kopie wirken lassen soll. Das stimmliche Charisma eines
Jim Morrison erreicht Sänger und Basist
Bill Moon nicht, dafür gefällt die sehr gute solistische Leistung an der Gitarre. Bass, Schlagzeug und Keyboards ergeben ein homogenes Ganzes, das in der Tat ein wenig an die
Doors erinnert.
Mit dem über siebenminütigen "Intangible She" wurde ein perfekter Einstieg in die leider viel zu kurze Visitenkarte gefunden. Locker beschwingt, mit einer dezenten Jazz-Note geht es über "Blue Satin" hin zum dritten Titel "Nothing Left To Do", auch wieder weit über sieben Minuten lang, schwermütig, in bedrohliche Molltöne gekleidet, aus dem Nichts heraus eruptiv, fast schon aggressiv, um dann wieder nach kurzer Zeit mit dem Anfangsthema fortzufahren. Die folgenden Stücke schließen sich in ihrer musikalischen Gesamtleistung den ersten drei, die ich als die Anspieltipps empfehle, nahtlos an. Im Prinzip könnte die CD auch von Track acht bis eins gehört werden.
After All wollten nicht mehr, als sich mit diesen Aufnahmen etwas beweisen. Was ihnen musikalisch auch gelungen ist. Evtl. wäre diese Band keine Fußnote in der Geschichte der Rockmusik, wenn zur richtigen Zeit die richtigen Leute am richtigen Hebel gesessen hätten. Es ist gekommen, wie es kommen sollte. 1969 war das Jahr von Woodstock und vier jungen Leuten, die sich den Traum von ihrem persönlichen Album in die Wirklichkeit umgesetzt hatten. Eine überzeugende Zeitreise, die derzeit noch recht problemlos zu buchen sein sollte.
8 von 10 RockTimes-Uhren