Eines muss man Bands aus dem romanischen Sprachraum generell attestieren: Ihre Sprache eignet sich vortrefflich zum Ausdruck des Lebensgefühls, das Rockmusik vermitteln kann. Von daher ärgert es mich fast schon etwas, wenn Musiker dieses Zungenschlages ihre Möglichkeiten verschenken, indem sie anglisieren. Die großen Leitfiguren waren im spanischen Sprachraum für mich die tief verehrten Héroes del Silencio. Diese Giganten haben nach ihrem Abgang ein paar Stiefel hinterlassen, an denen sich wohl jede Band von der iberischen Halbinsel hierzulande messen lassen muss.
Leider... denn auch bei mir herrschte ganz offensichtlich diese Erwartungshaltung vor, als ich diese CD von Amaral das erste Mal in den Player schob. Ist das mit ein Grund, weshalb das nordspanische Duo erst jetzt, im dreizehnten Jahr seines Bestehens, einen ernsthaften Versuch im deutschen Markt wagen? Mit zwei Jahren Verspätung erschien gerade "Hacia lo salvaje" in unseren Breiten und wurde mit einer kleinen, aber feinen Tour vorgestellt. Ganz neue Dimensionen für Amaral: In ihrer Heimat füllen sie die größten Stadien - hierzulande hieß es 'back to the Clubs'.
Sängerin Eva Amaral und Gitarrist Juan Aguirre gründeten das Duo 1997 in ihrer Heimatstadt Saragossa. Mit ihrem treibenden Rock, mit leichtem Pop-Appeal garniert, wurde man recht schnell landesweit bekannt - nach ihrer Hit-Single "El universo sobre mí" und dem dazugehörenden Album "Pájaros en la cabeza" (2005) nahm man in Spanien den Rang von Superstars ein.
Ihre Texte sind betont poetisch, was die deutschen Übersetzungen ihrer Albumtitel verdeutlichen: "Ein kleiner Teil der Welt", "Seestern", "Vögel im Kopf", "Schwarze Katze, roter Drache". Nun heißt es also "Hacia lo salvaje" - ab "In die Wildnis".
Mist, gleich mit den ersten beiden Songs hab ich sofort wieder die Héroes im Ohr. Kannste einfach nix machen! Immer wenn Amaral mit glühenden Gitarren eine bombastische Atmosphäre schaffen, erinnern sie in positiven Sinne an "Entre dos Tierras" und so sind der Titelsong und "Antártida" schlicht und ergreifend zwei Killer! Im Verlauf der Platte ziehen noch "Riazor" und "Como un martillo en la pared", das seine spanische Provenienz nicht verleugnen kann, durch diese stimmungsvoll weiten Gitarrenlandschaften und markieren weitere Highlights von "Hacia lo salvaje".
Das zweite 'Standbein' Amarals sind zauberhafte Balladen mit sanft tupfenden Akustikgitarren. Hier sind vor allem "Robin Hood" (hat was von Clannad) und das überragende "Olvido" zu nennen. Allerdings geht dem Album gegen Ende etwas die (Rock-)Puste aus - soll heißen, es 'balladelt' in der zweiten Hälfte etwas zu sehr.
Der Rest ist solider Gitarrenrock, der seinen Reiz hauptsächlich aus dem (exzellenten!) spanischen Gesang bezieht, dem aber der letzte 'Thrill' fehlt.
"Hacia lo salvaje" ist eine überaus erfreuliche (alte) Neuerscheinung, die richtig Spaß macht. Muss mir unbedingt mal eine DVD von denen zulegen! Und dieses "Antártida" krieg ich so schnell auch nicht mehr aus dem Ohr - eine Gänsehautnummer!!
Amaral hat das Potenzial, Songs der Größenordnung der Héroes zu schreiben, das haben sie mit der vorliegenden CD eindrucksvoll bewiesen. Obwohl Ausreißer nach unten nicht zu verzeichnen sind, ist das musikalische Niveau aber noch nicht einheitlich hoch. Dem Vergnügen an "Hacia lo salvaje" tut das keinen Abbruch - schöne Scheibe!
Line-up:
Eva Amaral (voz, guitarra, armónica)
Juan Aguirre (guitarras, coras)
Chris Taylor (bajo)
Toni Toledo (batería)
Ezequiel Navas (batería)
Juan de Dios Martín (teclados, percusiones)
Jaime Garcí (coros)
Antonio Escobar (programación)
Tracklist |
01:Hacia lo salvaje (4:15)
02:Antártida (4:16)
03:Si las calles pudieran hablar (3:03)
04:Esperando un resplandor (3:04)
05:Robin Hood (3:08)
06:Riazor (4:07)
07:Montaña Rusa (3:10)
08:Olvido (3:11)
09:Cuando suba la marea (4:25)
10:Como un martillo en la pared (2:59)
11:Hoy es el principio del final (4:13)
12:Van como locos (3:32)
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Externe Links:
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