Wenn eine Band folgendes von sich behauptet, dann tut das einem Classicrockfan wie mir mehr als
gut: "When we started we had to go back to the Seventies to discover interesting and inspiring music."
Ist von mir
unterschrieben, denn woher, wenn nicht aus dieser Zeit, kommen all die geilen Riffs und Hooks?
Ein anderes Zitat lautet: "These are fantastic times for musicians: no need to adapt to anything. Musically you're free
to do what you want, and no matter where you're going, you will find people who are ready to follow just because they share
that same open attitude." Das klingt edel, bedeutet aber, dass es mit dem Geldverdienen wohl nicht klappen wird, weil
das momentan nur mit Dumm-Dibum-Doof-Dödel Musik geht.
Und weil aller guten Dinge Drei sind, gleich noch ein Zitat: "And finally it's not meant as an insult anymore when we're
compared to Pink Floyd, Van Der Graaf or the early Genesis". Das ist absolut richtig, denn mit diesen Bands verglichen
zu werden, kann nur ehren.
The Amber Light wurde im Sommer 2000 in Wiesbaden gegründet, aber wie man an den Namen
und Zitaten sieht, handelt es sich um eine international besetzte Band. Nach der äusserst erfolgreichen EP liegt nun
das neue Teil vor mir und zwei Dinge fallen mir auf. Erstens die etwas brüchige Stimme des Sängers und zweitens der
fast immer gleiche Songaufbau: nämlich ruhig beginnend, sich steigernd und meistens in wunderbar sphärischen Orgien
seinen musikalischen Höhepunkt findend.
"A New Atlantis" etwa. Schon der ruhige Beginn fesselt den Hörer. An die fragile Stimme muß ich mich gewöhnen
(was aber sehr schnell gelingt, da dieses Timbre irgendwie zum Gesamten passt). Dann kommt kurz eine rückkoppelnde
Gitarre, die das Highlight einleitet: Einen psychedelischen Gitarrenpart. Nicht umsonst waren The Amber Light Support von
Interstellar Ooverdrive, angeblich Deutschlands beste Pink Floyd-Coverband, deren Tour ausverkauft und meistens vor
500 bis 2000 Zuhörern stattfand.
Ja, es klingt oft wie Pink Floyd, oder hat was von der Epik alter Genesis Scheiben. "Gangsters" etwa - wobei
gerade dieser Titel etwas an mir vorbeizieht, weil er irgendwann nach dem schönen Genesis Intro fast anfängt
zu swingen um schließlich in einem für mich totalen Gewirr und Mischmasch zu gipfeln. Da lob ich mir "Tartaros",
weil es mich an Beggars Opera erinnert, oder diese Passage in "Devil's Song". Ab 2:38 sehe ich Bob Dylan an der
Klampfe. Und zwar in Höchstform und gut 30 Jahre jünger. Das macht Freude und lässt mich die zweite Häfte
von "Gangsters" vergessen.
Wer mich kennt weiß, dass ich den beiden letzten Titeln entgegenfiebere, denn die
Tracklängen sind im zweistelligen Minutenbereich. Nicht gestreckt, sondern stimmig. Songaufbau, Spannungsaufbau,
Melodik... alles stimmt und man möchte den Sessel nicht mehr verlassen. Nur hören und geniessen.
Nun wird sich sicherlich manch einer fragen, ob wir im Jahre 2004 so eine Mucke noch brauchen und nicht lieber gleich die
alten Sachen hören sollen. Nein Leute, es ist mehr als anerkennenswert, dass Musiker Anfang 20 nicht auf den
In-Zug springen, sondern den Mut haben, das zu machen, was ihnen gefällt - diesen "Experimental-Art-Rock" nämlich.
Man erkennt zwar Parallelen zu den alten Dinos, aber andererseits wird schnell klar, dass vom Line-up eine wohltuende
Frische ausgeht.
Gottlob geht es mir nicht alleine so, denn die Fachpresse in Italien, Argentinien, Mexiko und den
USA bewerteten die EP sehr positiv, was sich auch in vermehrtem Airplay Aufkommen niederschlug. Und hierzulande?
Nun, beim Frankenthaler Monkey Jump Festival gab es den ersten Preis der Jury. Und stöbert man im Netz, dann finden
sich eigentlich nur positive Kritiken. Die Band ist also auf dem richtigen Weg und ich gestehe, dass ich große Lust
habe, die Jungs einmal live zu sehen. Wiesbaden liegt ja quasi um die Ecke für mich.
Spielzeit: 63:58, Medium: CD, Quixote Music 2004
Ulli Heiser, 07.05.2004
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