Anathema / Weather Systems
Weather Systems Spielzeit: 55:43
Medium: CD
Label: Kscope, 2012
Stil: Art Pop, Art Rock, Independent, Alternative, New Art Rock

Review vom 22.05.2012


Michael Knoppik
Die mittlerweile in die Jahre gekommene britische Band Anathema bringt nun zwei Jahre nach We're Here Because We're Here das neues Studioalbum "Weather Systems" heraus. Und es atmet den optimistischen Geist des Vorgängers. Im Gegensatz zum sonnenstrahlenden Cover des letzten Albums herrschen auf dem Cover zu "Weather Systems" eher winter-, vielleicht auch herbstliche Impressionen vor. Dies täuscht jedoch, weil die Platte eher aus warmen denn aus kalten Sounds besteht.
Wie bei "Thin Air" auf dem Vorgängeralbum beginnt das erste Stück ("Untouchable Part 1") mit repetitiven Mustern auf der Gitarre. Diesmal jedoch nicht in gemächlichem Tempo von der E-Gitarre, sondern mit ganz flinken Fingern auf der Akustischen vorgetragen. Auch der Songaufbau ist ähnlich. Die Drums setzen nicht direkt am Anfang, sondern erst verspätet ein. Gesanglich ist das Lied erst ruhig. Doch die Intensität aller musikalischer Stimmen nimmt insgesamt zu. Zu Gitarrenriffs gibt es dann irgendwann den 'Aufschrei'. Da wird sich die Seele aus dem Leib gesungen. Es türmen sich mehr und mehr instrumentale Spuren auf, am Ende drängen sich allmählich hymnische Keyboards in den Vordergrund. Dann der Abbruch aller Stimmen und das Stück wird nur mit verhaltenen Streicherklängen vom Keyboard beendet.
Der zweite Teil von "Untouchable" ist sehr ruhig. Der textliche Inhalt wird beibehalten, ebenso wie das Gesangsthema, das jedoch leiser und verlangsamt in Erscheinung tritt. Wie schon im ersten Stück erklingt auch weiblicher Gesang. Während das erste Stück rockiger war, ist das zweite als Ballade mit Klavier und akustischer Gitarre ausgelegt. Es klingt aber auch wie ein Nachhall, eine Art Reprise des Openers. Die CD erscheint spätestens hier wie eine typische Klassik-Suite. Am Anfang stürmt ein wuchtiges Thema über den Hörer herein, das dann in verhaltener und variierter Weise über die gesamte CD aufgenommen wird. Zwischendurch gibt es zwar immer wieder Ausbrüche, aber die Eindringlichkeit des ersten Stückes wird fast nie mehr erreicht.
In "The Gathering Clouds" sind auch Streicherkeyboards zu hören, ehe die flinke akustische Gitarre wieder auftaucht. Erneut werden zusätzlich zum Lead-Gesang auch weibliche Vocals eingestreut, was bei Anathema ja schon lange gang und gäbe ist. Das Tempo ist wieder im langsameren Bereich anzuordnen. Das Stück geht mit wuchtigen Streichern nahtlos in den "Lightning Song" über, der stilistisch mit dem Vorgängertrack sehr artverwandt ist.
"Sunlight" ist spartanischer instrumentiert, sowie mit sanftem Gesang, leisen Keyboards und akustischer Gitarre ruhiger als der dritte und vierte Song. Aber auch dieses Stück nimmt an Intensität zu und wird zum Ende hin lauter. Die Drums, die am Anfang noch gar nicht vorhanden waren, fangen schon fast an zu donnern. "The Strom Before The Calm" ist dann quasi der erste von zwei Longtracks. Der Gesangsstil erinnert streckenweise an frühere Alben der Briten. Der Songaufbau ist nicht linear und damit ganz anders als bei den anderen Stücken. Strukturlose und psychedelische Anteile werden von einem hymnischen Anfang und Ende umrahmt. Ein Zusammenhang zwischen den Einzelteilen ist da schwer zu erkennen. Aber vielleicht wollten Anathema das gerade so haben.
"The Beginning And The End" beginnt ruhig, ist erst vom Klavier und dann von den Gitarren dominiert. Das heulende Solo erinnert an so manche von den starken Balladen der Hairmetal-Bands, auch wenn Anathema keinen klassischen Rock spielen. Das Stück klingt dann mit schön gespieltem Klavier aus. Auch "The Lost Child" beginnt ruhig, um dann nach der guten Hälfte seiner Spielzeit auszubrechen und leise auszuklingen. Begeben sich Anathema da etwa auf die Pfade des Post-Rock?
Gesprochener Text erzeugt bereits am Anfang von "Internal Landscapes" eine sehr intensive, wohlige Atmosphäre und überzeugt auch danach auf voller Linie. Einen harmonischen Leckerbissen haben sich Anathema damit zum Abschluss einfallen lassen.
"Weather Systems" ist Anfang Mai 2012 in den deutschen Album-Charts auf Platz 14 eingestiegen. Anathemas größter Chart-Erfolg. Und für die Progressive Rock-Szene eine unheimliche, hohe Chartposition. Es gibt auch eine Limited Edition, fragt sich für wie lange. Sie enthält die CD sowie eine DVD mit dem gesamten Album im 5.1-Sound. Die 17 Euro sollten da gut investiert sein.
Line-up:
Vincent Cavanagh (vocals, guitar)
Daniel Cavanagh (guitar, piano, keyboards, vocals)
John Douglas (percussion, keyboards, guitars)
Jamie Cavanagh (bass)
Lee Douglas (vocals)
Tracklist
01:Untouchable Part 1 (6:14)
02:Untouchable Part 2 (5:33)
03:The Gathering Of The Clouds (3:27)
04:Lightning Song (5:25)
05:Sunlight (4:55)
06:The Storm Before The Calm (9:23)
07:The Beginning And The End (4:53)
08:The Lost Child (7:02)
09:Internal Landscapes (8:51)
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