Aus norddeutschem Lande, genauer gesagt aus Oerel bei Bremervörde, kommt diese fünfköpfige Rasselbande namens Anchors & Hearts und hat uns melodischen Hardcore mitgebracht. Hervorgegangen aus den Kapellen Tiny-Y-Son, A Chinese Restaurant und The Downfall Ends, werden diese Herren dem ein oder anderen Kenner der Hardcore-Szene keine Unbekannten mehr sein. Durch jahrelange Bühnenerfahrung und gemeinsame musikalische Wurzeln, die hauptsächlich im Punk Rock liegen, schmissen Anchors & Hearts Anfang 2012 ihre erste EP "Cast Off" auf den Markt.
Zahlreiche Konzerte neben Künstlern wie Deez Nuts, Liferuiner, Your Demise, Ignite oder MxPx sowie der Veröffentlichung von zwei offiziellen Musikvideos folgten. Ende Mai erscheint nun ihr erster Longplayer "Based On True Stories", den sie in kompletter Eigenregie in heimischen Gefilden aufgenommen haben. Darauf knüppelt die Combo durchweg selbstbewusst und konsequent zehn melodische Hardcore-Stücke in weniger als 27 (!) Minuten herunter, wobei das anderthalbminütige chorale Intermezzo "Lifetimes" zwar musikalisch, allerdings nicht thematisch aus dem Rahmen fällt.
Idyllisch beginnt der Opener "The Lake Of Tolerance Mountain" mit Vogelgezwitscher und einer tickenden Uhr, womit die thematische Marschrichtung des Albums vorgegeben ist. Anchors & Hearts rufen unablässig dazu auf, sich für mehr Toleranz einzusetzen, sich gegen verkrustete Gesellschaftsformen aufzulehnen sowie hin und wieder sich selbst zu hinterfragen. Geht man wirklich noch offen und aufrichtig durchs Leben oder aber hat man sich der stumpfen Mehrheit angepasst und jagt nur noch inhaltsleeren Idealvorstellungen hinterher? Frontmann Wintjen schreit, shoutet und plärrt sich dabei jede Menge Wut, Ennui, Schmerz und sonstige Lasten vom Leib, während seine vier schmetternden Kompagnons altbewährte musikalische Stilmittel in moderne Gewänder kleiden. Gleichzeitig leuchten aus den Texten aber immer auch Gedanken der Zuversicht hervor ("Pieces", "Landscapes") und die Jungs beschwören, dass es aus diesen vermeintlich ausweglosen Lebenssituationen doch noch Auswege gibt.
Am Anfang von "This World We Keep Alive" tauchen weitere musikalische Wurzeln ( Green Day, Oasis) der Combo auf und man fragt sich, wo die guten alten Zeiten geblieben sind. Das klingt zunächst einmal nach alternden Griesgramen, soll jedoch die gesunde Verankerung in der eigenen Geschichte vermitteln, ohne dabei zu rückwärtsgewandt zu leben.
Die Zombie-Hommage "Stay Awake (The Walking Dead)" kann auch als subtile Gesellschaftskritik interpretiert werden. Auch der Refrain dieses Songs brüllt mich kompromisslos an die Wand. Im niedermetzelnden "Extraterrestrial Warfare" nimmt das Quintett - dem Himmel sei Dank - im Mittelteil etwas Geschwindigkeit raus, um sich und dem Hörer eine kurze Verschnaufpause zu gönnen.
"Pieces" ist eine äußerst glaubwürdige Nummer über Trauer und Neuanfang, während im textlich pittoresken "Landscapes" der nächste Appell in die Welt hinausgeschrien wird: gib niemals auf. "Lifetimes" läutet als erfrischende Vorbrise den tornadohaften Closer "Erase Rewind" ein, dessen Botschaft klar ist: Es geht um uns und wir haben die Macht, das ist es, was zählt.
Insgesamt liefern Anchors & Hearts hier eine rundum beachtliche Scheibe ab, die vor allem Fans des Melodic Hardcore begeistern wird. Und der Bandname ist Programm: Vergiss nicht wo du herkommst, bleib stets verwurzelt und nimm dein Herz und dein Schicksal selbst in die Hand. Mir persönlich gefallen vor allem die Stücke "This Is A Riot!", "This World We Keep Alive" und "Erase Rewind". Ohne die melodischen, mehrstimmigen Refrains wäre mir jedoch das Geshoute vom Frontmann allein sehr schnell zu eintönig. Gesanglich wünsche ich mir einfach noch mehr Abwechslung, weniger Beliebigkeit und den Einsatz weiterer stilistischer Mittel. Ansonsten eine überaus starke Produktion, auf der eine für ein Erstlingswerk respektable Melange aus Melodic Hardcore, Mosh-Elementen und cleveren Hooks zu finden ist.
Line-up:
Manuel Wintjen (vocals)
Timo Buck (guitar)
Sebastian Gohl (guitar)
Tim Triebensee (bass, vocals)
Torben Tost (drums)
Tracklist |
01:The Lake Of Tolerance Mountain
02:This Is A Riot!
03:Pieces
04:Scene. Style. Fuck.
05:This World We Keep Alive
06:Stay Awake (The Walking Dead)
07:Extraterrestrial Warfare
08:Landscapes
09:Lifetimes
10:Erase Rewind
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