Stefan Pürner
Geklont
Geklont
Was kann rauskommen, wenn ein literarisch tätiger Rechtsanwalt mit Hang zur Science Fiction wie zur Rockmusik sich des Themas Klonen und seiner Auswirkungen annimmt? Zum Beispiel eine Sammlung von Kurzgeschichten, zusammengefasst in dem Band "Geklont".
Zwölf Stories, die thematisch aufeinander aufbauen und deshalb nacheinander gelesen werden sollten, auch wenn der rockorientierte Leser zunächst vielleicht eher als Leseprobe "Die Santana - Festplatte" herauspicken möchte.
Ganz klar, da ist ein Paragrafendreher am Machen, wer sonst sollte auf die ganzen juristischen Spitzfindigkeiten kommen, die sich aus einem solchen Thema in der Zukunft ergeben könnten? Nun, bei näherer Betrachtung und der vorauszusetzenden Fantasie eines SF-Lesers erscheinen die Visionen der gezeichneten (zukünftigen) Rechtslagen und ihrer Auswirkungen auf das menschliche Zusammenleben durchaus nicht nur interessant, sondern sogar bedrohlich realistisch.
Geschrieben mit dem erforderlichen Sachwissen (der Autor ist zudem Lehrbeauftragter an einer Fachhochschule) und einem Stil, der die heiklen Themen eher unterkühlt analytisch darstellt. Stanislaw Lem wird wohl einen gewissen Einfluss gehabt haben.
Pürner steigert die Spannung langsam und meist mit dem Stilmittel, dass er den Leser erst schrittweise auf die eigentliche Problematik des jeweiligen 'Falls' hinführt und ihn zunächst mit den Konsequenzen konfrontiert. Deshalb die Empfehlung, das Buch chronologisch zu lesen, da sich dann ein Wissen um die theoretischen Zusammenhänge aufbaut.
Ja, interessant ist es schon, welche Konsequenzen sich aus den hoffentlich niemals auftauchenden Doppel- (bzw. Multi-)gängern entwickeln könnten und zu welchen Reaktionen es bei den Beteiligten (aus beiderlei Sicht) kommen könnte. Nicht unbedingt die Lektüre zum Einschlafen, würde ich raten. Das Gehirn könnte seltsame Bilder in der Nacht produzieren...
Was hat das nun mit Rockmusik zu tun, dass es hier in RockTimes auftaucht? Nun, neben der "Santana - Festplatte", bei der es um eine digitalisierte Gehirn-Kopie des dann verstorbenen Gitarrenzauberers sowie um eine solche von George Harrison geht, gibt es eine zweite Story, die sich direkt um einen bekannten Star dreht, der hinter "Pearl" bzw. dessen Klon "Pearl Babe" unzweifelhaft zu erkennen ist. Daneben bedient sich der Autor, Jahrgang 1960, auch Songzitate, die er beispielsweise in Titel einbaut ("Please Allow Me To Introduce Myself", "Der Zweieinige") oder die sich mitunter in die Texte schleichen.
Daneben nimmt er Bezug auf aktuelles Weltgeschehen und lässt eine seiner Geschichten teilweise in der mittelfränkischen Heimat mit entsprechendem Lokalkolorit spielen. Vielleicht in der Hoffung, dass er in der erwähnten Gastwirtschaft zum Dank auf Lebenszeit Freibier bekommt, wie weiland 'uns Udo' im 'Onkel Pö's'.
Der Autor spielt selbst seit seiner Jugend Gitarre, wenngleich er sich selbst als unter den 'schlechtesten Rockgitarristen' einreihen würde.
Im Rockjargon wird ja oft der Begriff 'Klon' verwendet, vorzugsweise wenn von 'billigen Kopien' diverser Größen die Rede ist. So abwegig erscheint der Terminus gar nicht, wenn man sich die Shortstories von Stefan Pürner reingezogen hat.
"Geklont" ist sicher nicht die ultimative Rockliteratur, aber interessant zu lesen, was uns in nicht allzu ferner Zukunft drohen könnte.
Wir haben den Band direkt vom Autor bekommen, der uns auf sein Werk aufmerksam machte.


Stefan Pürner - Geklont
12 Kurzgeschichten, Science Fiction-Erzählungen
Celero Verlag, ISBN 3-9808998-2-9
Taschenbuch, 156 Seiten, 9,20 Euro (D), 1. Auflage 2006
erschienen: 1. Februar 2006
Norbert Neugebauer, 04.04.2006
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