Film / Roadie
Roadie
"Die verwechseln mich mit einem, der Roadie heißt."
"Ja, Travis, hinter der Ortsgrenze da wohnen auch noch Leute."
"LA? Was habe ich denn zum Teufel in Louisiana verloren?"
"Warum muss gerade mein Leben immer so kompliziert sein?"
Diese Zitate sind symptomatisch für die brillante Dialogregie bei Roadie. Die Reihe ließ sich schier endlos fortsetzten. Hierzulande war und ist der Streifen leider nur ein Geheimtipp. Interessierte und selektive Fernsehgucker haben ihn vielleicht mal in einem der dritten Programme entdeckt. Das hat nun ein Ende, denn es gibt ihn jetzt als DVD.
Roadie wurde 1980 gedreht und zeigt den jungen Meat-Loaf in der Hauptrolle. Als Bierkutscher bei der Arbeit begegnet er einem Trossteil der Roadcrew von Hank Williams Jr.. Der Bus liegt mit einer Panne am Straßenrand eines texanischen Highway fest. Lola Boullabaise - sie will als Groupie neue Maßstäbe setzen - überredet Travis, das Fahrzeug wieder flott zumachen. Laut eigener Aussage beherrscht sie 'zig verschiedene Arten "Danke" zu sagen. Nun, Travis Redfish läßt sich überreden, repariert den Bus mit nichts als einer Nagelfeile und einer Haarklammer und rettet anschließend den Auftritt von Hank Williams jr. in Austin. Den ganzen Abend retten aber Hank und Roy Orbison, weil sie die obligatorische Saalschlacht durch Intonation der Lokalhymne "The Eyes of Texas" eindämmen. Der Auslöser der Saalschlacht war natürlich Travis. Im Rahmen der Verteidigung seiner Lola, die bloß ein Bier vergossen hat, muss er ein Longhorn-Duell mit dem Platzhirschen von Austin austragen. Die beiden Stiernacken senken ihre Häupter und knallen mit voller Wucht und vorsätzlich ihre Hirne aneinander. Travis gewinnt, bekommt aber einen "Knacks in der Birne"!
Travis' kurzzeitiger mentaler Phasenübergang wird von Mohamed Johnson, dem berühmten Veranstalter, ausgenutzt, denn der erkennt Travis Techniktalent. So findet sich der Bierkutscher am nächsten Morgen in Los Angeles wieder. Nun, Travis Redfish jagt den ganzen Film seiner Lola hinterher. Deren Leidenschaft konzentriert sich aber auf ein anderes Ziel. Sie jagt nämlich den gesamten Film Alice Cooper hinterher. Der Zielkonflikt zwischen den beiden schwelt über die verschiedenen Stationen "Muhameds Rock' n' Roll Circus", auf denen sich Travis den Namen des besten Roadie in der Szene erarbeitet. Als Lola mal wieder von ihrem "Superpunk" Alice Cooper schwärmt, platzt Travis der Kragen. Er schleppt sie zornerfüllt nach New York, wo Alice Cooper eine Show vorbereitet. Travis schafft es tatsächlich, seine Lola in die Nähe Alice Coopers zu bringen, denn selbst die größten Profis haben manchmal Probleme mit der Technik. Travis richtet Coopers Musikanlage durch Einsatz seines mittlerweile berühmten Improvisationsvermögens. Beispielsweise klemmt er Kartoffeln als Kondensatoren in die Schaltkreise. Zum Dank bekommt Lola ihr Date mit Cooper und Travis einen Bus, mit dem er zurück nach Texas fahren kann. Redfishs Schwester hat sich zwischenzeitlich Travis Bierkurscher-Kollegen und besten Kumpel B.B. geangelt. Diese Hochzeit will Travis nicht verpassen. Lola unterdessen erkennt, dass Träume manchmal besser Träume bleiben. So erhält Travis auf der Hochzeitsparty Lolas Anruf. Irgendwo im Nichts sammelt er sie mit dem "Cooper Bus" auf und gemeinsam fahren sie zur Redfish Verwertungsgesellschaft, aber nicht ohne vorher noch eine Begegnung der "dritten Art" zu haben.
Bei seiner Odyssee begegnet Travis dem einen oder anderen bekannten Gesicht und Namen aus der Rock-Szene. Unter anderem tauchen in Kurzrollen Blondie, Sheryl Cooper und Alvin Crow auf. Ein Peter Frampton-Doubel steht im einem Hotel dösig am Etagengeländer herum, nach dem zwei Bluesbrothers-Imitationen durch die Gänge stolperten.
Es ist ja immer so eine Sache, wenn Künstler ihre natürlichen Branchengrenzen überspringen. Man denke nur an die Ausflüge Mick Jaggers ins Filmgeschäft. Aber Meat-Loaf füllt seine Rolle überzeugend aus. Er spielt sie mit Selbstironie. So spontan fällt mir kaum jemand ein, der die Rolle besser hätte spielen können, außer Kurt Russel vielleicht. Der ganze Film nimmt augenzwinkernd das Musikbusiness auf die Rolle. Ob Musiker, Veranstalter, Manager, Roadie oder Sonstwer - alle bekommen ihr Fett weg.
Auch Alice Cooper macht seine Sache hervorragend. Er spielt gewissermaßen eine Doppelrolle. Einmal sich selbst und darüber hinaus noch sich selbst. "???" Das erklärt er selbst an einer kleinen Alice-Puppe. Sie verkörpert einmal den normalen Alice Cooper. Sobald er sie jedoch zusammenquetscht und Augen und Zunge aus dem Gesicht hervorquellen, dann ist sie der Schocker - Alice. Auch hier fällt mir niemand ein, der beide Aliceses überzeugender hätte darstellen können, na ja außer Kurt Russel vielleicht. Für den Musikfan gibt es viel zu entdecken, das steht fest. Auch bei öfteren Durchgängen wird der Streifen nicht langweilig. Jedes mal gibt es neue Details zu finden.
Im Abspann wird auf den OST hingewiesen, aber in den diversen Online-Shops habe ich ihn bisher nicht entdecken können.
Leider ist die Ausstattung der DVD mager. In der englischen Originalversion ist der Sound auf Dolby 5.1 aufgepäppelt. Auf Deutsch kommt die Tonspur leider nur in Mono daher. Zwar behauptet das Label, die Klangqualität "unter Einsatz modernster Masteringtechnik" nachbearbeitet zu haben, aber das ist nur ein schwacher Trost. Als Extra wurde lediglich der Kinotrailer beigefügt.
Darsteller:
Meat Loaf (Travis W. Redfish),
Kaki Hunter (Lola Bouilliabase),
Art Carney (Corpus C. Redfish),
Alice Cooper,
Debbie Harry,
Hank Williams,
Roy Orbison
Regie - Alan Rudolph
Produktion - Carolyn Pfeiffer
Spielzeit: 101 Minuten, Medium: DVD, MGM, 2004
Olli "Wahn" Wirtz, 13.01.2005