Anger 77
23.12.2006, Erfurt, HdS
HdS Anger 77
HdS, Erfurt
23. Dezember 2006
Konzertnachlese
Stil: Rock


Artikel vom 15.01.2007


Ingolf Schmock
Alle Jahre wieder...
Es ist mittlerweile zu einer festen Institution geworden, dass die Erfurter Kultband Anger 77 seit 1997 jedes Jahr am 23. Dezember ein Weihnachtskonzert veranstaltet.
Die Art/Lounge In den letzten Jahren wurde das ehemalige Gewerkschaftshaus und jetzige 'Haus der sozialen Dienste' (HsD) zum regelmäßigen Austragungsort dieses Events. Unterstützt werden die Protagonisten dabei traditionell von anderen Gastmusikern bzw. Bands.
Diesmal übernahmen die Anheizer-Aufgabe die jungen Erfurter Amateure Jack In The Box, welche den gelungenen Konzertabend brachial, ungestüm und etwas überlaut eröffneten.
Die Art/Lounge Als einer von vielen Höhepunkten muss man wohl den einzigen Auftritt von den legendären Die Art/Lounge betrachten, die sich zwar in einer abgespeckten Duo-Besetzung mit Sänger Holger 'Makarios' Oley und Gitarrist Thomas Gumprecht präsentierten, aber mit ihrem düsteren, melancholischen Dark Wave überzeugen konnten. (Anm.d.V.: Die Art gründete sich 1986 in Leipzig, und zählte zu den so genannten 'Anderen Bands', die die Wende in der DDR in musikalischer Hinsicht mitprägten. Die Band löste sich Ende 2001 endgültig auf.)
Anger 77 Danach feierten Anger 77 auf der Bühne zweieinhalb Stunden lang ein gigantisches Fest, inklusive einem Gastauftritt des norwegischen Singer/Songwriter Al DeLoner (ex-Midnight Choir), wobei die alten und neuen Songs ihres bisherigen Schaffens zum Vortrag kamen. Welchen Stellenwert ihr konsequenter deutschsprachiger Rock mittlerweile in der Thüringer Landeshauptstadt einnimmt, bewies wohl die Tatsache, dass der Großteil der Kompositionen vom überwiegend jugendlichen Publikum textsicher mitgesungen wurde.
Anger 77 Die nach ihrem ehemaligen Proberaum benannte Erfurter Formation existiert schon - mit Unterbrechung - seit 1990 mit dem Bestreben, durch deutsche Texte und frische melodische Rockmusik ihren Konsumenten aus der Seele zu sprechen.
Ende der Neunziger gelang es ihnen sogar, nach einer Eigenproduktion einen Major-Deal bei Capitol Records (später EMI) zu ergattern, welcher ihnen deutschland- und europaweite Medienpräsenz sowie ca. 150 Konzerte im Jahr, u.a. im Vorprogramm von Phillip Boa bescherte. Leider zerschlug sich die Hoffnung nach zwei Plattenveröffentlichungen wieder, und der Aufwind in der profitablen Musikliga ging ihnen mit dem Verlust des Deals verloren.
Anger 77 Die Mannen um Sänger Andreas Siegmund und Gitarrist Rene Koch (die einzigen heute noch agierenden Urmitglieder) ließen sich aber dadurch nicht entmutigen, spielten weiterhin für ihr, wenn auch leider nur regionales Publikum und schrieben Songs.
Textlich verarbeitet Andreas Siegmund vor allem seine eigenen Erfahrungen. »Da sind viele persönliche Sachen bei. Ich will keine Botschaften verbreiten, es geht vielmehr um mein Innen-und Seelenleben. Das ist mir wichtig.«
Anger 77 So entstand 2005 ohne Hilfe einer etablierten Plattenfirma das Album "Betrunken von der Liebe", welches sich in kürzester Zeit in die Herzen ihrer Fans verankerte. Durch ein rühriges Vertriebslabel (Rough Trade) kann man diese empfehlenswerte Veröffentlichung auch in den Regalen der 'großen' Tonträgermärkte finden.
Ich finde, im Bereich der deutsprachigen Rockmusik setzt diese interessante Formation einen Lichtpunkt in einer Zeit, in der sich eben diese Szene, meiner Meinung nach, in einem kreativen Loch befindet und sich teilweise nur noch selbst reproduziert.
Vielleicht sollte man Anger 77 die Chance geben, auch überregional noch einmal beide Beine auf den Boden zu bekommen. Dass sie es beherrschen, konnten Sie in der Vergangenheit schon einmal beweisen.
Ihre qualitativ hochwertigen Veröffentlichungen können sich locker mit deutschen 'getoppten' Bands wie Sportfreunde Stiller, Blumfeld oder Tocotronic jederzeit messen und sind es wert, von einer breiteren Hörerschaft wahrgenommen zu werden.
Bilder vom Konzert
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