Na also, hat es Jeff Waters, Gitarrist, Hauptsongwriter, Produzent und Banddiktator in Personalunion doch noch geschafft seine schöpferische Krise zu überwinden.
Die letzte CD "All For You" markierte neben "Remains" von 1997 den absoluten Tiefpunkt in der History der kanadischen Vernichtungsmaschine. Zu orientierungslos und experimentell klang das Material und verursachte bei mir nur Unverständnis und großes Kopfschütteln (nur leider kein Headbangen).
"Schizo Deluxe" hingegen lässt fast keine Wünsche offen, bewegt sich stilistisch erfreulicherweise wieder gewaltig 'Back to the roots' und enthält wirklich alle Zutaten die ein gutes Annihilator Album ausmachen.
Ein Grossteil der neuen Titel gehört zu den härtesten und kompromisslosesten Songs die ich je von der Band (wenn man bei Annihilator überhaupt noch von einer echten Band sprechen kann) zu hören bekam. Der gute Jeff muss beim Komponieren verdammt angepisst gewesen sein, denn anders kann ich mir nicht erklären, was ihn dazu getrieben hat solche Knüppelsongs wie das rasend schnelle "Pride" oder das treibende "Plasma Zombies" zu schreiben, die wirklich von vorne bis hinten knallen, aber nie den nötigen Widererkennungswert vermissen lassen.
Trotz aller Härte bleibt aber immer noch genug Freiraum für etwas melodiösere Stücke wie z.B. "Clare", die schon von jeher ebenso zu den Markenzeichen des Kanadiers gehören, wie sein nach wie vor aberwitziges, virtuoses Gitarrenspiel, mit dem er seit seinem bis heute unübertroffenen Debüt "Alice In Hell" immer wieder neue Maßstäbe setzt.
Mir fällt im Moment kein Metal Gitarrist ein, der über eine solch einzigartige Spieltechnik wie Jeff Waters verfügt.
Überhaupt nicht anfreunden kann ich mich dagegen mit Sänger Dave Padden. Als ich ihn vor zwei Jahren erstmals auf einigen Sommerfestivals, und letztes Jahr im Vorprogramm von Judas Priest live sah, machte er ja bei der stimmlichen Umsetzung der alten Klassiker eine ganz passable Figur, aber auf dem neueren Studiomaterial fehlt ihm meiner Ansicht nach jegliche Identität.
Gerade bei den härteren Songs (und die sind ja nun mal in der Überzahl) klingt sein Gesang zu aufgesetzt und gewollt aggressiv. Das mag zu einer Band wie Pantera passen, aber nicht zu Annihilator. Zwar gibt er sich wirklich Mühe seine Stimme variabel einzusetzen, aber auch bei den melodischeren Parts klingt er mir trotz einiger guter Ansätze etwas zu farblos, obwohl die Gesangslinien an sich wirklich klasse sind. Schade eigentlich, denn bisher hatte Mister Waters bei der Wahl seiner Vokalakrobaten immer ein gutes Händchen bewiesen, und auch sein eigener Gesang war nicht von schlechten Eltern.
Aber über Sänger kann man sich ja streiten, das ist immer noch Geschmacksache, da sollte jeder sein eigenes Urteil fällen.
Echt gelungen ist wiederum die fette und brutale Produktion, die selbstverständlich wieder vom Chef selbst übernommen wurde. Allerdings war er diesmal so clever den Mix und das Mastering einem anderen zu überlassen und hat uns so ein klangtechnisches Debakel wie auf der "Waking The Fury" CD erspart, die trotz der wirklich starken Songs kaum hörbar war.
"Schizo Deluxe" ist auf jeden Fall eines der stärksten Annihilator Alben seit langem, auch wenn mir wie gesagt der Sänger Dave Padden einige Kopfschmerzen bereitet. Da man aber die Personalpolitik des Bandleaders ja mittlerweile kennt, könnte sich dieses Problem bis zur nächsten Scheibe bereits erledigt haben, denn mehr als zwei Platten hintereinander hat bei Annihilator noch kein Frontmann überlebt.
Spielzeit: 49:51, Medium: CD, AFM Records, 2005
1:Maximum Satan 2:Drive 3:Warbird 4:Plasma Zombies 5:Invite it 6:Like Father, Like Gun 7:Pride 8:Too Far Gone 9:Clare 10:Something Witchy
Stefan Gebauer, 13.11.2005
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