Ach, das war eine Sensation, als sich 1996 vier finnische, klassisch ausgebildete Cellisten ihrer Leidenschaft, dem Metal, widmen wollten und das mittlerweile sicher legendäre Album "Plays Metallica By Four Cellos" veröffentlichten. Dieses und die unmittelbaren Nachfolger schlugen wohl ein wie Bomben.
Klar, nur so konnte es auf Dauer nicht weitergehen, das Konzept hätte sich sehr schnell erschöpft und so kam man nicht umhin, nach und nach weitere Elemente und Instrumente mit einzubauen, wie Schlagzeug und Gesang. So erschienen sechs Longplayer, und hier ist nun die 'siebte Symphonie'!
Gleich beim ersten Titel fällt mir etwas auf, nämlich, dass oberflächlich eine große Unruhe von der Musik ausgeht, aber im Innern, sozusagen im Auge des Hurrikans, ein ruhig fließender Strom dahinschwebt, getragen durch die durch die Celli gespielten Melodien. Insofern beruhigt mich diese Unruhe; sehr ähnliche Beobachtungen habe ich im Free Jazz gemacht, wo diese sich direkt offenbarte zerrende Hektik tatsächlich im Kern ihre Ruhe hat. Es gilt einfach nur, sich einzulassen, fallen lassen, mitfließen, die Seele die Ruhe aufnehmen lassen und dem Körper die Zuckungen überlassen ...
Nach dem sich der erste Titel ausgetobt hat, nimmt er dieses freie Fließen dann ins Äußere mit auf und behält diese getragene Behäbigkeit auch bis zum Schluss. So richtig schön klingen die melodischen Schleifen, breit und orchestral, schon fast hymnisch. Satt und breit wälzt sich die Musik im ersten Gesangsstück, "End Of Me", gesungen von Gavin Rossdale, voran. Ein sehr harmonischer Track mit kraft- und ausdrucksvollem Vokalbeitrag, ein recht eingängiger Song.
Räumlich gestaffelte Celli mit interessantem Arrangement dann in der Einleitung von "Not Strong Enough", bis sich nach 45 Sekunden das Schwermetall durchsetzt. Es ist sehr geschickt, wie der schleppende Rhythmus mit den satt gespielten Streichern Druck erhält, starke Akzente werden so gesetzt und der kraftvolle Gesang wird dadurch schon fast romantisch unterstützt.
Insgesamt natürlich ein bombastischer Sound mit druckvollem und knallendem Schlagzeug, Track #4, "2010" , lädt vollends zum Headbangen ein! "Beautiful" kommt dann schon wieder fast einem 'Adagio' nahe; großartiger Ausdruck klassischer Musik stark romantischer Prägung, eine kleine Ruhepause auf der peitschenden Reise durch metallische Gefilde, die durch die Sängerin Lacey (von der Band Flyleaf) noch eine weitere Nuance erhält.
Ganz andere Entdeckungen haben meine Sinne mir bei "On The Rooftop With Quasimodo" gemeldet. Vermeine ich hier eine Fusion ganz besonderer Art auszumachen? Einzelne Elemente, im 'Brainstorming-Verfahren' einmal spontan herausgeschleudert: Mahavishnu Orchestra, Jazz Rock, Metal, Prog Rock, Violinen à la Jerry Goodman oder Jean-Luc Ponty, teilweise 'mit der Faust gespielt', dann wieder zart und treibend zum Webschweben auf weissen Wolken. Dieser Titel geht mir unter die Haut.
Am härtesten und brutalsten geht es mit "Bring Them To Light" zu, mit dem energischem Gesang von Joseph Duplantier (Gojira). Hier brettert das Schlagzeug die Cellisten erbarmungslos vorwärts. Die beiden letzten Titel sind dann wieder ruhiger und treiben dahin, wie "Sacra", das Teile eines finnischen Folksongs enthält, oder beeindrucken durch repetative Passagen der Celli auf "Rage Of Poseidon".
Insgesamt halte ich diese Platte einerseits für einen Tick kommerzieller als die bisherigen, einige Kritiker dürften hier bemängeln, die Band aale sich mittlerweile im 'Mainstream'. So extrem sehe ich das jedoch nicht, halte ich die Musik in ihrer kompositorischen Dichte für sehr gelungen und ich meine, der Spagat zwischen elektrisch-elegischen Celloklängen und bretthartem Metall ist hier absolut perfekt. Für Hörer, die nicht unbedingt dem Metal zugewandt sind, eine klare Alternative, sich der Musik auf diese Weise zu nähern. Auf jeden Fall höre ich hier etwas Besonderes, dieses gewisse symphonische Element, dass nur solche Musiker in sich tragen und auch verbreiten können, die sich mit klassischer Musik beschäftigt haben und wissen, wie man deren atmosphärische Bandbreite auch gezielt und hochwertig anwenden kann.
Und man spürt die Passion aller Beteiligten, so dass sich einerseits eine in sich gekehrte Stimmung mit andererseits starker Außenwirkung auf effektvolle und gelungene Weise gepaart hat! Gratulation!
Ach ja, Gitarren vermisse ich gar nicht!
Line-up:
Eicca Toppinen (violincello)
Paavo Lötjönen (violincello)
Perttu Kivilaaskso (violincello)
Mikko Sirén (drums)
Dave Lombardo (drums - #4)
Gavin Rossdale (vocals- #2)
Brent Smith (vocals - #3)
Lacey Sturm (vocals - #6)
Joseph Duplantier (vocals - #8)
Lauri Porra (bass - #3, 6)
Paul Bushnell (bass - #3, 6)
Howard Benson (keyboards, programming - #3, 6)
Tracklist |
01:At The Gates Of Manala (Toppinen, Lötjönen, Kivilaaskso, Sirén)
02:End Of Me (Toppinen, Andrews, Rossdale)
03:Not Strong Enough (Warren)
04:2010 (Kivilaaskso, Sirén, Lombardo, Lötjönen)
05:Beautiful (Kivilaaskso)
06:Broken Pieces (Toppinen, Sigsworth, Cutler)
07:On The Rooftop With Quasimodo (Sirén)
08:Bring Them To Light (Toppinen, Duplantier)
09:Sacra (Toppinen, Sirén)
19:Rage Of Poseidon (Toppinen, Kivilaaskso, Lötjönen, Sirén)
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