Argent / Original Album Classics
Argent - Original Album Classics 5 CD-Box Spielzeiten:
Argent: (40:37)
Ring Of Hands: (42:50)
All Together Now: (41:45)
In Deep: (45:22)
Nexus: (42:08)

Medium: CD-Box
Label: Epic/Sony Music, 2009 (1970-1974)
Stil: Blues Rock, Progressiv


Review vom 28.03.2009


Tom Kaldyka
Der aktuelle Release der Sony "Original Album Classics" vereint diesmal fünf Alben der Band Argent in einer 5CD-Box. Die Platten, welche alle zwischen 1969 und 1974 aufgenommen wurden, kommen im so genannten "Cardboard-Sleeves" daher - also Mini-LP-Format. Auf ein Booklet hat man leider verzichtet.
Die einzelnen fünf Scheiben in der Übersicht und chronologischer Reihenfolge: "Argent", "Ring Of Hands", "All Together Now", "In Deep" und "Nexus".
Der Bekanntheitsgrad der Band scheint in unserem Land nicht gerade riesig zu sein - sie werden nicht einmal in der deutschen Version von Wikipedia erwähnt - nichtsdestotrotz, oder eben deshalb, sollte man sich diese Band und deren Alben etwas näher anhören. Es gibt sehr viel gute Musik und damit Einiges auf die Ohren.

Rod Argent gründete 1969 zusammen mit Russ Ballard, sowie seinem Cousin Jim Rodford die englische Rockband Argent als Nachfolger der legendären Zombies. Zur Band gehörten ebenfalls Ex-Zombie-Bassist Chris White und Robert Henrit. Es folgten insgesamt sieben Studio-Alben mit allerdings nur vier Single-Auskopplungen. Mit mir unverständlichen mässigem Erfolg erreicht lediglich "Hold Your Head Up" vom 1972er Album "All Together Now" den Platz 5 der Charts. Die drei anderen Singles belegten kurzzeitig Plätze, die nicht mehr zu den Top 100 gehören. Selbst "God Gave Rock And Roll To You" von 1974 erreichte nur Platz 114 - und ja, es ist derselbe Song, welchen Kiss später sehr erfolgreich zu covern wussten. Dass also diese Chartplatzierungen in keinsterweise für die Musik von Argent sprechen können, unterstreichen ebenfalls solche Tatsachen, dass sie in ihrer Zeit erfolgreich für andere Bands komponierten (zum Beispiel für Rainbow oder Santana). Aus diesem Grund, und weil ich alle fünf Alben dieser Box nun mehrmals intensiv gehört habe, wage ich zu behaupten, dass die Band Argent womöglich zur falschen Zeit am falschen Ort war und heute leider ebenfalls nicht die Aufmerksamkeit bekommt, die sie damals schon verdient hätte.
Zeitgemäß wartet Argent mit virtuosen Songs, irgendwie zwischen Pop und Progressive Rock auf, die sowohl abwechsungsreich, als auch kreativ (oder für die damalige Zeit innovativ) mit Geschick und Können umgesetzt wurden. Vergleiche mit Bands aus dieser Epoche können durchaus gezogen werden. Leider bin ich kein Fan von Vergleichen der Art 'klingt wie' oder 'erinnert mich an', aber wer Freude an den guten Beatles, Emerson Lake and Palmer und/oder Ten Years After hat, der wird an Argent nicht vorbeikommen. Da auch noch weitere Bands zum Vergleich herangezogen werden können, erwähne ich nicht alle, sondern fordere euch heraus, selbst auf die musikalischen Expedition zu gehen.
Argent - ArgentDas Debütalbum "Argent" überrascht schon nach wenigen Sekunden des ersten Songs "Like Honey". Einmal durch die wunderbare Abmischung (in Stereo), die sich natürlich durch das gesamte Werk von Argent nur wesentlich ändert, als auch den merklich reifen Aufbau des Songs. Sofort wird deutlich, dass man es mit Musiker zu tun hat, die sich mit ihrem Handwerk auskennen. Das nächste Stück "Liar" kommt trotz der ruhigen Passagen unerwartet mit einem passendem Rhytmus und kraftvollen 'Liar!' daher und neben Rod Argent, der im ersten Abschnitt sein grandioses Tastenspiel unter Beweis stellt, bekommt Russ Ballard im zweiten Abschnitt in einem kurzen, prägnanten und sauber gespielten Solo die Aufmerksamkeit, die er verdient. Somit der erste richtige Aha!-Effekt auf der Platte. Weiter geht's mit "Be Free", das auch von Uriah Heep sein könnte. Unglaublich gut. Das zwei Zombies bei Argent spielen, lässt sich bei "Schoolgirl" trotz der Blues-/Boogie Woogie-Parts nicht von der Hand weisen. Die Vielfältigkeit des Debüts lässt sich ab jetzt nur mehr unterstreichen. In Anbetracht dieser und der folgenden Kompositionen wirkt die Platte allerdings überwiegend nach leichtem Prog Rock der 60er-Jahre. Meine Vermutung ist, dass die Plattenfirma der Band nicht wirklich freie Hand gegeben hat. "The Feelings Inside" beweist ein weiteres Mal, welch großartige Songschreiber am Werk waren und wie gut eine Band so etwas umsetzen kann. Das mit knapp vier Minuten leider viel zu kurze Stück beinhaltet ein erwähnenwertes Orgelspiel, das diesem Song den passenden Charakter verpasst. Mit "Bring You Joy" bekommt die Platte ein ruhiges aber würdiges Ende. Alles in allem ein mehr als gelungenes Debüt mit klasse Sound und beeindruckenden Kompositionen. Abstriche lediglich bei der Tatsache, dass dies ein wenig progessives Album ist. Was der Qualität des gesamt Werkes aber nicht widerspricht.
Argent - Ring Of HandsDas Nachfolgewerk "Ring Of Hands" klingt merklich anders. Der Sound ist etwas voller und abgerundeter. Der Opener "Celebration" wird dem Vorgänger-Album aber in keiner Weise gerecht. Klingt ein wenig fade und eintönig und prägnante Akzente sind für meine Ohren leider nicht zu hören. Auch das kurze, einfache Gitarren-Solo hätte man sich sparen können. Bin etwas enttäuscht. Sollte sich die Band innerhalb eines Jahres so sehr verändert haben? Ja - hat sie. Aber nicht im negativen Sinne, denn das folgende "Sweet Mary" reißt alles wieder raus. Sie haben für sich einen vollkommen neuen Sound gefunden. Eine Blues-Nummer, bei der einfach alles stimmt: das Tempo, der Text, die Melodie und die Instrumentierung - Solo eingeschlossen. Mit "Cast Your Spell Uranus" verändert sich das Album unerwartet ein weiteres Mal. Anfänglich psychedelisch angehaucht, verwandelt sich der Song in eine starke Rock-Nummer. So grandios und abwechslungsreich wie dieser Track ist, der trotz gerader Linie die eine oder andere musikalische Überraschung bereithält, habe ich die anfängliche Enttäuschung sofort überwunden.

Zu Beginn von "Lothlorien" wird mir schon klar, dass ich dieses Stück mögen würde. Ein acht Minuten-Kracher, den ich spontan nicht in Worte fassen kann, zumal ich auch mal eben meine Ekseption-Platte zum Vergleich raussuchen muss. Und natürlich eine frühe Deep Purple-Platte für den Vergleich mit "Chained". Glücklicherweise kann ich mich bei der Ballade "Rejoice" ein wenig entspannen und mich wieder sammeln. "Pleasure" knüpft an dieses Stück an, steigert sich aber mit der Zeit und erreicht in der Mitte des Songs seinen Höhepunkt, bevor er dann wieder Lautstärke-mäßig abflacht. "Sleep Won't Help Me", denke ich beim gleichnamigen Stück, das sich vom Tempo her den beiden vorangegangen Nummern anpasst, aber dennoch durch passenden Einsatz von Drums und Orgel eine besondere Atmosphäre schafft. Melodischer Mehrstimmengesang, der übrigens öfters bei Argent zu finden ist, trägt wahrscheinlich dazu bei. Zum Abschluss kracht es nochmal gewaltig mit der Prog Rocknummer "Where Are We Going Wrong", die für Nachbarn prädestiniert erscheint. Komplett überzeugt hat mich das Album keinesfalls. Teilweise zu kraftlos oder ermüdend. Die starken Lieder, wie "Sweet Mary", "Lothlorien" oder "Where Are We Going" reißen allerdings alles, wirklich alles, wieder raus.
Argent - All Together Now"All Together Now" beinhaltet den bereits erwähnten und einzigen nennenswerten Single-Erfolg der Band. Lied eins, Platz Nummer fünf, knapp über sechs Minuten: " Hold Your Head Up". Trotz des verständlichen Erfolg des Titels ist dieser für mich nicht das beste Stück dieses Albums. Persönlich ist "I Am The Dance Of Ages" mein Favorit auf dieser CD. Aber der Reihe nach: "Keep On Rolling" liefert einen Rock'n'Roll-Song der feineren Art, denn er ist zwar Genre-mäßig einfach aufgebaut, aber klangtechnisch ausgereiferter, klingt voller und interessanter. Einmal mehr verzichtet Rod Argent auf die Orgel und den damit verbundenen Vordergrund und zelebriert das Stück am Piano in der Begleitung und im Solo. Rock- und Funkelemente sind die Basis von "Tragedy".

Absolut hörenswert und erstmal fällt mir bewußt das unaufdringliche Handwerk des Bassisten Chris White auf, der hervorragend spielt und maßgeblich am Sound der Band beteiligt ist. Mit dem Basslauf und dem abwechselnden Orgel- und Gitarrensolo gehört dieser Song zu einem meiner Lieblingsstücken der Band, der auf diesem Album nur noch von "I Am The Dance Of Ages" übertroffen wird.
Musikalisch wieder gänzlich anders, mit einer eindringlichen Atmosphäre, die ich so von dieser Band voher noch nicht in dieser Art und Weise wahrgenommen habe. "He's A Dynamo" kommt als kompromissloser Blues Rock daher und lässt erahnen, dass die Band folglich daraus früher oder später ein Rock-Klassiker schreiben wird. Das bisher, mit über zwölf Minuten Spielzeit längste Werk der Band "Pure Love" ist in vier Kapitel unterteilt: "Fantasia", "Prelude", "Pure Love", "Finale". "Fantasia" ist ein fünfminutiges Orgelintro. Es folgen zwei weitere instrumental Minuten "Prelude" bevor dann mit "Pure Love" der Gesang einsetzt und ein Gitarrenlick, der schon fast einer Rockhymne nahe kommt. Ein imposantes Werk, dass sowohl für den letzten Titel als auch für das gesamte Album gelten mag. Nach dem Debüt das beste Gesamtwerk bis jetzt.
Argent - In DeepSchnell lässt sich sagen, dass der Opener von "In Deep", nämlich "God Gave Rock And Roll To You", ein Klassiker ist. Es mag vielleicht Geschmackssache sein, aber für mich ist diese Version nicht nur interessanter, sondern auch besser als die Cover-Version von Kiss. Wer das Cover mag, sollte sich unbedingt mal mit dem Original auseinandersetzen. Ums Geld geht es in den folgenden zwei Stücken - nämlich "Money Part 1" und "Money Part 2". Ein sehr gutes Beispiel, in welcher Vielfalt die Band einen Song umzusetzen weiß. Mit insgesamt zehn Minuten belegen dieser Track zeitlich einen Großteil des Albums. Alles andere als Platzverschwendung. Die Songs rocken flockig von der Seele weg, dass ich mir auch noch einen dritten Teil hätte vorstellen können. Tempo- und Taktwechsel, lange Soli und instrumentale Passagen treffen genau meinen musikalischen Geschmack. Mit einer kraftvollen Rockballade muss ergänzend "Losing Hold" ebenfalls positiv erwähnt werden, bekommt man doch ein Soundtrackgefühl, da Teile davon mit Orchester unterlegt sind, die wahrscheinlich vom Keyboard daherkommen.

Etwas klassischer Touch kommt bei "Be Glad" auf. Das Intro, eine Mischung aus Klassik- und Blues-Piano, das dann schlagartig ins rockige übergeht ohne diesen Charakter zu verlieren. Um ehrlich zu sein: Muss man gehört haben. Beschreiben kann man so ein Feuerwerk an Musikraketen schwer. Und wäre dies noch nicht genug, um es 'das' Album zu nennen, gesellt sich auch schon "Christmas For The Free" als sanftmüstig-angehauchtes Stück hinzu. Wilder wird es wieder bei "Candles On The River", welches seinem Titel als musikalisches Werk gerecht wird. Sanfte Töne werden hineingeworfen, in einen wilden Strudel an Kraft und Spielfreude. Rosie als Abschluss klingt gewollt nach Sessionaufnahme in Rod Stewart-Manier. Da Angaben zum Stück fehlen, würde ich sogar darauf wetten, dass dies ein Coversong ist. Wer demnach was und wen gecovert hat bleibt natürlich offen. Wer sich vorerst für ein Einzelalbum statt des Fünfer-Packs entscheidet, der sollte diese Scheibe wählen (siehe Fazit).
Argent - Nexus"Nexus", das letzte Album dieser Box und das letzte zusammen mit Russ Ballard (er verließ die Band nach dieser Platte), eröffnet Argent sensationell unter Verwendung neuer spährischer Klänge im instrumentalen Stück "The Coming Of Kohutek".
Rick Wakeman (Yes), Keith Emerson und Konsorten lassen Grüßen. Ebenfalls instrumental, aber etwas zurückhaltender geht's mit "Once Around The Sun" weiter. Musikalische Eindrücke lassen sich beim Titel schon erahnen. Lied für Lied gehen hier ineinander über. Ohne Display-Anzeige beim ersten Durchgang nicht zu hören, wo welcher Song aufhört und der nächste anfängt, denn selbiges gilt auch für "Infinite Wanderer". War die Scheibe bis jetzt ohne Gesang, ändert sich dies mit "Love", welches da in allen Belangen etwas aus dem Rahmen zu fallen versucht. Der Sound der Band ist jetzt vom poppigen weg, hin zur Genre-mäßigen Prog Rock-Geschichte. Das ganze könnte man passend mit dem Titel des Folgestückes beschreiben: "Music From The Spheres". Eine längere Nummer der Band, welche die Instrumentalisierung der ersten drei Stücke in der zweiten Hälfte wieder aufnimmt und das muskalische Können der Bandmitglieder wieder hervorhebt.

Zurück zum Rock geht es mit "Thunder And Lightning". Russ Ballards Gesang wirkt positiv aggressiv und damit hat der Track alles, was ein vernünftiges Rock-Stück braucht. Insgesamt betrachtet, wäre dieser Song ebenfalls ein Kiss-Cover wert gewesen. Mit den Vorgängeralben hat "Nexus" nichts mehr zu tun: Ein kompletter Stilwechsel, den auch "Keeper Of The Flame" komplettiert. Der "Man For All Reasons" klingt dann schon wieder mehr nach 60er-Jahre-Pop, behält aber die Virtuosität des Progressiven des Albums. Zum Abschluss knallt dann "Gonna Meet My Maker" als Blues Rock heftigst rein. Diesmal sogar mit Blues-typicher Harp und knallharten Gitarrenchords. Herrvorragend, wenn auch nicht ganz passend zum Gesamtkonzept dieser Platte. Alles in allem sind folgende Dinge festzuhalten: Argent hat sich um Längen weiterentwickelt. Neuer Sound, neues Konzept. Ein Vergleich mit Vorgänger-Alben ist nur insofern möglich, als die Qualität der Songs nahtlos an das vorangegangene Treiben anknüpfen, sowohl technisch, als auch musikalisch.
Fazit: Wer Pop, Rock und Progressives aus der Zeit von 1969 bis 1975 mag, für den ist Argent ein Muss! Einflüsse und Vergleiche von anderen Bands aus dieser Zeit sind in fast jedem Song zu hören. Die Musik ist kurzweilig, abwechslungsreich und bereitet pure Freude beim Hören. Auf ein Booklet wurde, wie angesprochen, leider verzichtet, aber der Sinn dieser "Original Album Classic"-Serie ist es auch, viel gute Musik für wenig Geld an den Hörer zu bringen. Daher erfreut es zu hören, dass alle fünf Alben in dieser Box preislich fast unter den Einzelalben liegen - und damit ist diese Box meiner Meinung nach ein absolutes Muss für jede Musiksammlung. Wer vorab in diese CDs reinhört, wird sich schnell dafür entscheiden! Rundum gelungen und stundenlanger Musikgenuss! Das Paket wäre perfekt, wenn es mit einigen Informationen aufwarten würde - so bleibt mir nur die Topbewertung für die Musik, die Band und den Preis. Einzig und allein für die Aufmachung gibt es einen Punktabzug. Wer sich dennoch für nur eine Scheibe entscheiden sollte, dem sei "In Deep" oder das Debüt Argent ans Herz gelegt. Diese Alben machen Lust auf mehr...
Line-up:
Rod Argent (keyboards, vocals)
Russ Ballard (guitar, vocals)
Chris White (bass, vocals)
Jim Rodford (bass, vocals)
Robert Henrit (drums)
Tracklist
Argent - 1970 - 40:37
01:Like Honey
02:Liar
03:Be Free
04:Schoolgirl
05:Dance In The Smoke
06:Lonely Hard Road
07:The Feeling Is Inside
08:Freefall
09:Stepping Stone
10:Bring You Joy
Ring Of Hands - 1971 - 42:50
01:Celebration
02:Sweet Mary
03:Cast Your Spell Uranus
04:Lothlorien
05:Chained
06:Rejoice
07:Pleasure
08:Sleep Won't Help Me
09:Where Are We Going Wrong
All Together Now - 1972 - 41:45
01:Hold Your Head Up
02:Keep On Rollin'
03:Tragedy
04:I Am The Dance Of Ages
05:Be My Lover, Be My Friend
06:He's a Dynamo
07:Finale
In Deep - 1973 - 45:22
01:God Gave Rock And Roll To You
02:It's Only Money (Part 1)
03:It's Only Money (Part 2)
04:Losing hold
05:Be Glad
06:Christmas For The Free
07:Candles On The River
08:Rosie
Nexus - 1974 - 42:08
01:The Coming Of Kohoutek
02:Once Around The Sun
03:Infinite Wanderer
04:Love
05:Music From The Spheres
06:Thunder And Lightning
07:Keeper Of The Flame
08:Man For All Reasons
09:Gonna Meet My Maker
 
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