Im Sommer 1963 gründeten Jimmy Henshaw (guitar, keyboards), Walter Johnstone(drums), Frank Kenyan (guitar) und der frühere Büroangestellte Mike Harrison
(vocals) in Carlisle (Nordwest-England) eine Beat/R&B Combo mit dem wenig bescheidenen Namen The V.I.P.'s.
Wenig später stieß noch Greg Ridley (bass) dazu, der bereits bei den Ramrods zusammen mit Mike Harrison musiziert hatte. Letzterer sorgte neben den Vocals noch für die bluesigen
Klänge auf der Mundharmonika. Die Band brachte 1964 auf 'RCA' ihre Debütsingle "Don't Keep Shouting At Me/She's No Good" heraus und ließ anschließend noch drei Singles bei 'CBS' (unter der irreführenden
Bandbezeichnung The VIPPS) bzw. dem Chris Blackwell Label 'Island Records', produziert vom Hausproduzenten Guy Stevens, folgen.
Dabei entwickelte sich die Joe Tex Nummer "I Wanna Be Free" zu einem lokalen
Minihit und eroberte in Frankreich gar Chartposition 3! Dies hatte zur Folge, dass die V.I.P.'s in Frankreich beim 'Fontana'-Label insgesamt 4 EP's herausbrachten. Ansonsten avancierten sie zwischen 1965 und 1966 zu einer Londoner Clubattraktion und gaben regelmäßige Gigs im Hamburger 'Star-Club'.
Ende 1966 stießen schließlich Luther Grosvenor (guitar, vocals), Mike Kellie (drums) und ein gewisser Keith Emerson an den Tasten zur Band und ersetzten Henshaw, Johnstone und Kenyan. Sie sind auf den späteren Aufnahmen der V.I.P's wie "Stagger Lee", "Rosemarie" oder "Late Night Blues (We We Hours)" zu hören, hervorragend interpretierte (Blues/R&B/Soul)Songs, wie auch beispielsweise der etwas früher aufgenommene Howling Wolf-Klassiker "Smokestack Lightning", die durchaus aufhorchen lassen.
Die Stimme von Mike Harrison kommt hier am Besten rüber, hat etwas ganz Besonderes und war somit
quasi Aushängeschild dieser leider viel zu wenig beachteten Combo. Doch die musikalische Entwicklung stand nicht still. Die letztlich etwas simpel gestrickte Beatmusik und die R&B/Soul-Interpretationen bzw.
Adaptionen rückten so langsam in den Hintergrund, stattdessen waren härtere,
psychedelische Klänge immer mehr angesagt. So auch bei den V.I.P.'s.
Harrison wollte schwerere Töne, Keith Emerson hatte andere Vorstellungen und
entschwand Richtung The Nice. Das nunmehr verbleibende Quartet nannte sich
kurzerhand in Art um und bekam sogleich die Gelegenheit, für 'Island Records' ein komplettes Album einspielen zu können und diese Chance ließen sich die Jungs freilich nicht entgehen.
Anscheinend stimmte die Chemie zwischen den Vieren, denn schnell waren zwölf Titel, alle von der kompletten Band geschrieben, fertig für die Aufnahmesession. Als ('Island Records' Haus)Produzent betreute wiederum Guy Stevens, ein Könner seines Fachs und mit einiger Erfahrung
ausgestattet, die Aufnahmen. Das psychedelische Cover wurde von Hapshash And the Coloured Coat erstellt. Man überließ für das Album in diesem 'Summer of Love 1967' also nichts dem Zufall, zumal sich auch 'Island'-Boss Chris Blackwell persönlich um die Band kümmerte.
Die angestrebte musikalische Veränderung wurde radikal umgesetzt. Die Beat-Rhythmen verschwanden komplett von der Bildfläche und wurden durch raue, harte Gitarrenklänge ersetzt. Auch die Harmonika blieb außen vor, denn die Bluesstandards gehörten der Vergangenheit an. Stattdessen gab es Töne auf die Ohren, die teils wie Vanilla Fudge klangen (man höre nur mal in "I Think I'm Going Weired" rein), andererseits aber auch etwas ganz Eigenes darstellten.
Ganz erstaunlich war auch die Vielseitigkeit der einzelnen Stücke. Neben den schweren, schleppenden Titeln, bei denen Luther Grosvenor's Klampfe den Ton angab ("Room With A View") bekam man fast zarte akustische Songs wie etwa "Flying Anchor" und "Love Is Real" auf die Muschel. Unter dem treffenden Titel "African Thing" durfte sich die Rhythmusabteilung bei einem ausgedehnten Percussionteil richtig ausleben und zeigen, welche Qualitäten in ihnen steckte. Natürlich wurde auch mal richtig Tempo gebolzt. Bestes Beispiel dafür ist "Come On Up". Außerdem gab es mit "What That Sound" einen Song, dessen Refrain fast Ohrwurmcharakter hatte.
Insgesamt wird auf diesem Album ganz deutlich, dass sich hier vier Musiker gefunden hatten, die voller Ideen steckten und diese auch perfekt umzusetzen verstanden. Natürlich war noch nicht alles voll ausgereift, was man unter anderem an der Kürze der einzelnen Titel erkennen kann. Da war noch genug Raum für längere Improvisationen. Doch auch das wurde bald behoben, denn unmittelbar nach dieser Produktion schloss sich der amerikanische Keyboarder und Shouter Gary Wright der Band an. Mit ihm an der Orgel und Mike Harrison am Piano wurde der Sound noch vielseitiger, zumal die beiden sich auch beim Leadgesang ablösten.
So stand die nächste Umbenennung ins Haus, die nun für den endgültigen Durchbruch im Rockbusiness sorgte: Spooky Tooth, so der neue Name der Band, nahmen insgesamt sieben Studioalben auf, mit denen sie Musikgeschichte schrieben. Doch das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
Spielzeit: 37:37 Minuten, Medium: CD, Drop Out Records, 1996 (1967)
1:I Think I'm Going Weired (3,19)2:What's That Sound (2,47) 3:African Thing (4,04) 4:Room With A View (3,38) 5:Flying Anchors (2,40) 6:Supernatural Fairy tales (3,34) 7:Love Is Real (3,18) 8:Come On Up (3,01) 9:Brother's, Dad's And Mother's (3,27) 10:Talkin' To Myself (1,39) 11:Alive Not Dead (2,12) 12: Rome Take Away Three (3,00)
Jürgen Bauerochse, 20.12.2005
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