In Schweden scheinen die musikalischen Talente auf Bäumen zu wachsen oder wie sonst soll man sich die Schwedenwelle erklären, die in Bezug auf Heavy Metal-Veröffentlichungen über uns hinwegrollt, wie eine Straßenwalze?
Man nehme zum Beispiel die Norbergs-Familie: da ist Gitarrist Nils, der seine Klampfe bei Nocturnal Rites schwingt. Ihm folgte stehenden Fußes Emil, der - wie sollte es anders sein, ebenfalls Gitarrist ist - aber bei Savage Circus und Persuader.
Und nun folgt ihnen der jüngste Bruder, Oskar sein Name, der - man glaubt es natürlich kaum - ebenfalls Axtschwinger ist und diese seine Qualitäten ausgiebig bei Assailant unter Beweis stellt. Und dass alle drei nicht nur ihr Handwerk an den sechs Saiten verstehen, sondern noch dazu anständige Songwriter sind, versteht sich von selbst.
Ja, aber hier geht es weder um Nocturnal Rites, noch um Savage Circus oder Peruader, sondern um Assailant.
Da wären also neben bereits erwähntem Oskar Norberg weiterhin Stimmbandakrobat Peder Sundqvist, Fellklopfer Patrik Larsson, Tieftöner Joakim Jonsson, Marcus Sundbom - ebenfalls am Sechssaiten-Brett und last but not least
Peder Sandström an den Keys. Somit hätten wir also erst einmal alle Mitwirkenden.
Der Stil der Assailant(en) wird als Mischung aus "thrashigen Riffs mit eingängigen Melodien" bezeichnet, deren Sänger "an eine Mischung zwischen jungem Phil Anselmo und melodischem James Hetfield erinnert."
Nun - legen wir das Debüt in den Player und harren wir der Dinge, die uns den berühmten "Hieb in die Magengrube" versetzen sollen. Oder bedachte die Promotion-Firma die junge Band mal wieder mit den vielgerühmten Vorschusslorbeeren und man fällt beim Anhören der Scheibe eher in ein gepflegtes Schläfchen?
Nix da, von wegen Schläfchen. Auch wenn das Intro sehr sanft beginnt, knallen die folgenden Akkorde des Openers "Lies" dermaßen vors Schienbein, dass man sofort hellwach die Ohren spitzt.
Doublebass-Drums und prägnante Riffgewitter krachen aus den Speakern und Shouter Peder Sundqvist brüllt, schreit und röhrt sich die Seele aus dem Leib. Ich hab schon mal vorsorglich mein Glas abgestellt, um beim Moshen nicht Gefahr zu laufen, das edle Getränk darin zu verschütten. Hier wird geklotzt und nicht gekleckert.
Die 6 Herren greifen ungeniert in die Vielfalt der Heavy Metal-Kiste und holen sich aus dessen gesamtem musikalischen Spektrum das jeweils Passende raus: Man nehme Heavy Metal, gebe dazu ein bisschen melodischen Death, ein Tröpfchen Black und ein Löffelchen Metalcore sowie eine Messerspitze New Metal. Und um das Ganze noch etwas abzurunden, verfeinere man als Gourmet noch mit einer kleinen Prise Hard Rock.
Herausgekommen ist dabei "Nemesis Within".
Um gleich vorzuwarnen: mit Ohrwurm-Melodien haben Assailant so gut wie nichts am Hut.
Die Mucke ist für zarte Gemüter der Sorte Schmalztopf nicht geeignet, auch wenn die Songs melodiebetont sind.
Selbst wenn ab und zu mal ein Gang zurückgenommen wird, wie bei dem leicht verschachtelten "Edge Of Forever" oder der Halbballade "Eternal", bei welcher Peder seine gesamten Fähigkeiten voll ausreizen kann und auch schon mal stimmlich in den melodischen Bereich abdriftet, geht die Härte der Song-Strukturen nicht verloren.
Patrik Larsson nutzt die Breaks in den einzelnen Stücken immer mal wieder für gekonnte Doublebass-Salven und Peder Sandström unterfüttert die Kompositionen mit angenehmen Keyboard-Sounds, was besonders gut bei "Mental State" demonstriert wird. Dazu liefern sich Oskar Norberg und Marcus Sundbom gnadenlose Gitarren-Duelle und metzeln sich fachgerecht durch die Gesamtrhythmik des Duos Larsson/Jonsson, die die Nummern wiederum gnadenlos vorantreiben. Auch ein paar schicke Gitarrensoli werden ab und zu mal eingeflochten ("Shattered").
Alles in allem lassen sich Assailant nicht in eine spezielle Heavy Metal-Kiste stecken. Die einen werden sagen: Es ist weder Fisch noch Fleisch, die anderen vielleicht von der stilistischen Vielfalt des Debüts der Band begeistert sein.
Ich denke, sie werden ihren Weg machen, denn "Nemesis Within" ist immerhin ein gelungener Einstand für Assailant. Und - genügend Potential haben sie, um auch zukünftig in der Szene ein Wörtchen mitreden zu können.
Spielzeit: 48:26, Medium: CD, Dokyard 1, 2006
1:Lies 2:Buried Alive 3:Edge Of Forever 4:Downward Spiral 5:Until The End 6:Eternal 7:Mental State 8:Shattered 9:Tomorrow 10:Vanity Unfolds 11:My Awakening
Ilka Czernohorsky, 20.04.2006
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