Atmospheres / Featuring Clive Stevens & Friends
Featuring Clive Stevens & Friends Spielzeit: 40:06
Medium: CD
Label: ESC Records (Universal Music), 2014 (1974)
Stil: Jazz Rock


Review vom 25.04.2014


Wolfgang Giese
Am 5. Februar 1972 wurde diese Musik im Mayfair Recording Studio in New York City aufgenommen. Zwei Jahre später wurde sie veröffentlicht und als ich die LP seinerzeit erblickte, war sie sofort mein. Nicht etwa wegen Clive Stevens, denn den kannte ich überhaupt nicht. Aber damals steckte ich mitten im wogenden Meer des blühenden Jazz Rocks und als ich auf dem Cover Namen wie Ralph Towner, Steve Khan, John Abercrombie, Rick Laird und Billy Cobham las, stand es außer Frage, die LP zu kaufen. Wahrlich, eine Ansammlung großer Namen, aber ist das auch immer Garant für ein hochwertiges Ergebnis? Recht überrascht war ich, dass ausgerechnet diese Platte wiederveröffentlicht wurde, damit hatte ich nun gar nicht gerechnet.
Nun ja, auf der Suche nach Stevens habe ich nun festgestellt, dass dieses Album des am 18. Februar 1948 in Bristol geborenen Musikers sein erstes war. Seine Diskografie weist eine bisher letzte Veröffentlichung aus dem Jahre 2006 auf. Insider mögen bei seinem Namen an Manfred Mann und seine Band Chapter Three aufmerksam geworden sein, denn auf dem zweiten Album der Formation ist er als Saxofonist dabei.
Clive Stevens Musik war nach dem Erstling mehr in Richtung seichter Fusion, Einbeziehung von Elementen der World Music und Electro Lounge-/Club-Sounds ausgerichtet. Auch ein dem Trompeter Miles Davis gewidmetes Album ("The Greatest Hits Of Mr. X") konnte ihm keinen nennenswerten Erfolg und Bekanntheitsgrad bescheren.
Die Musik dieser Platte ist im seinerzeit fruchtbaren Umfeld des Jazz Rocks mit all seinen verschiedenen Ausprägungen angesiedelt. So finden sich auch hier Einflüsse verschiedener Musiker, sei es vom Mahavishnu Orchestra oder im Besonderen von Larry Coryell. Dennoch passt diese Platte nicht unbedingt in das Schema damals gängiger Platten, denn durch Stevens wird eine durchaus eigene Note eingebracht. Basis scheint auch wieder der grundlegende Einfluss von Miles Davis gewesen zu sein. Wie bei diesem wird der Musik, der Improvisation sehr viel Raum gelassen, noch vor jedweder Struktur - viel freier und fließender und spontan klingender ist es, im Verhältnis zu zeitgenössischen Produktionen.
Ganz klare Basis bilden der satt brummelnde Bass von Rick Laird und das stets und permanent federnde Schlagzeug von Billy Cobham. Die beiden waren ja als Rhythmusteam des Mahavishnu Orchestras bestens eingespielt. Darüber können sich die Solisten mit oft verzerrten Gitarren und brodelnden Keyboards austoben. An den Tasten übrigens in recht ungewohnter Rolle der sonst durch sein brillantes Spiel an der akustischen Gitarre bekannte Ralph Towner, der auch hier ein hervorragendes Zeugnis seiner Virtuosität abliefert. Stevens selbst benutzt häufig das elektrisch verstärkte Saxofon und bringt sich insgesamt mit oft eruptiven Beiträgen ein. Er spielt wirklich recht entfesselt, aber nicht unbedingt mit einem speziellen Wiedererkennungswert. "Yesterday, Today & Tomorrow" - dieses Stück strahlt eine Menge energischer Grooves aus, federnder Funk, mit etwas zurückgenommenem Tempo und einem darüber gegensätzlich wild und unkontrolliert aufspielenden Stevens.
Die beiden Gitarristen sind mit ihrem unterschiedlichen Stil und entsprechend anderer Spielweise gut zu unterscheiden und bringen eine Menge Spannung in das Geschehen. Wenn Towner noch den Ringmodulator dazuschaltet, dann wird auch er noch einmal richtig laut - sehr ungewöhnlich. Das lange "Astral Dreams" weist die meisten Jazzelemente auf und besticht durch die improvisatorischen Einsätze der einzelnen Musiker. Ebenfalls aus dem Rahmen fällt der letzte Song, der frei, wild und losgelöst dahinfließt und voller Nervosität und Unruhe zu stecken scheint, aber im Kern doch recht ruhig ist, wenn man sich drauf einlässt. Darüber hinaus schaffen die Mitwirkenden in Teilen einiger Stücke ein recht wildes Durcheinander, das von ihrer jeweiligen Kreativität ausgefüllt ist.
Damals hatte sich eine wahre Supergroup im Studio versammelt, aber dennoch ist keine richtungsweisende Platte entstanden. Letztlich ist das Ergebnis kein Klassiker des Genres, aber zumindest ist es gelungen, innerhalb des Genres Jazz Rock/Fusion eine etwas andere Variante einzubringen - und das ist doch schon recht gut.
Für diese Wiederveröffentlichung hat Stevens selbst einige aktuelle Liner Notes beigetragen, zusätzlich zu seinem Originaltext aus 1973. Er beginnt und schließt mit folgenden Worten ab: »Atmospheres is a name that alludes to my basic concepts of creative Universal Music.« - »This is the beginning of an endless voyage for me.«
Line-up:
Clive Stevens (electric/acoustic tenor and soprano saxophone, Wah Wah pedal & percussion)
Ralph Towner (electric piano, ring modulator)
Steve Khan (6 and 12 string guitars)
John Abercrombie (electric guitar)
Harry Wilkinson (percussion)
Rick Laird (bass)
Billy Cobham (drums)
Tracklist
01:Earth Spirit [Clive Stevens] (5:30)
02:Nova '72 [Clive Stevens] (5:52)
03:Yesterday, Today & Tomorrow [Clive Stevens] (6:40)
04:Astral Dreams [Clive Stevens] (9:21)
05:All Day Next Week [Clive Stevens] (6:50)
06:The Parameters Of Saturn [Clive Stevens] (5:47)
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