Cannonball Adderley Sextet / Jazz Workshop Revisited
Jazz Workshop Revisited Spielzeit: 79:42
Medium: CD
Label: American Jazz Classics (Riverside), 2013 (1962)
Stil: Jazz


Review vom 22.12.2013


Wolfgang Giese
Weil er immer einen solch großen Appetit hatte, erhielt der als Julian Edwin Adderley am 15. September 1928 in Florida geborene Musiker auf der Highschool einst den Spitznamen 'Cannibal'. Durch falsche Aussprache veränderte sich das bald in 'Cannonball', und das blieb dann auch so.
Vielen Nichtjazzern mag sein Name möglicherweise geläufig sein durch den Titel "Mercy, Mercy, Mercy", eine Komposition des Bandkollegen Joe Zawinul aus dem Jahre 1966. Der Song avancierte zu einem großen Crossover-Hit. Aber Jazzfreunden dürfte der Altsaxofonist eher als Mitstreiter bei dem epochalem Album "Kind Of Blue" von Miles Davis bekannt sein.
Zuvor und danach hatte Cannonball Adderley mit seinem Bruder Nat zusammengearbeitet. Dieser ist auch auf dieser Liveeinspielung aus dem Jahre 1962 dabei. Genauer gesagt, die Titel für das Originalalbum entstanden am 22. und 23. September 1962 im 'Jazz Workshop' in San Francisco. Neben diesen gibt es auf dieser Neuveröffentlichung noch zusätzlich die nicht auf dem Original der Platte vorhandenen Titel fünf und sechs, vom gleichen Datum. Die weiteren Boni, die Tracks zwölf bis vierzehn, entstanden im gleichen Club, aber bereits am 21. September 1962. Eingespielt wurden die Aufnahmen in der wohl besten Besetzung der Band um den Leader.
Allein die Kreativität von Yusef Lateef bringt die Musik in der Wertung ganz nach oben. Seine ungewöhnliche Art kommt auch hier wieder durch sein Spiel an Oboe und Flöten zum Ausdruck. "Primitivo" ist bereits ein Höhepunkt einer an solchen nicht armen Platte. Zum Spiel der anderen Solisten haucht er immer wieder im Hintergrund in die Flöte und bietet selbst ein Solo auch auf der Oboe. Auffällig beim Eröffnungsstück ist die unglaubliche Gelassenheit sowie die ganz lockere und fast schon schwebende Einheit aller Bandmitglieder, die in etwas über neun Minuten eine faszinierende Einheit bilden. Alle sind eigentlich hervorzuheben und ganz besonders gefällt mir hier der Schlagzeuger Hayes mit seinem einfühlsamen und sehr abwechslungsreichen Spiel.
Aber auch die Vielseitigkeit und Abwechslung in der Wahl der Titel hat dem Publikum seinerseits eine reiche Palette des Jazz beschert. Mit einem Arrangement, fast schon in Richtung Big Band, brilliert das energisch swingende "Jessica's Day" und auch die übrigen Titel können hinsichtlich des Arrangements überzeugen. Die Soli aller Beteiligten sind sehr gefühlvoll und innovativ. Man spürt diese unbändige Kraft, die von der Band ausgeht - eine Vitalität, die nicht immer selbstverständlich ist. Einer der bekanntesten Titel von Nat Adderley, der "Jive Samba", liegt hier in seiner frühesten Version vor und läuft über elf Minuten. Cannonball kündigt vor dem Song stolz diese neue Komposition seines Bruders an. Ganz cool, mit an Bossa Nova angelehntem lateinamerikanischen Rhythmus kriecht dieser Song wie geschmiert in die Seele, ein weiterer wichtiger Höhepunkt dieser Platte! Herrlich, wie Lateef an der Flöte ein innovatives Solo mit Überblastechnik vorlegt.
Dieser Jazz ist ein sehr geschmeidiger, mit viel Gefühl und einem starken Groove, der mitunter Gänsehaut verursachen kann. Ach, bei diesem Konzert wäre ich liebend gern dabei gewesen. Für die anwesenden Gäste muss das ein unvergesslicher Abend gewesen sein.
Line-up:
Cannonball Adderley (alto sax)
Nat Adderley (cornet)
Yusef Lateef (tenor sax, flute & oboe)
Joe Zawinul (piano)
Sam Jones (bass)
Louis Hayes (drums)
Tracklist
01:An Opening Comment By Cannonball (0:12)
02:Primitivo [Cannonball Adderley] (9:13)
03:Jessica's Day [Quincy Jones] (6:30)
04:Marney [Donald Byrd](6:53)
05:A Few Words... (0:13)
06:Unit 7 [Sam Jones] (9:06)
07:Another Few Words ... (0:26)
08:The Jive Samba [Nat Adderley] (11:00)
09:Lillie [Sam Jones] (4:41)
10:Mellow Bruno [Yusef Lateef] (6:00)
11:Time To Go Now-Really! (0:37)
12:New Delhi [Victor Feldman] (9:23)
13:Peter And The Goats [Yusef Lateef] (6:43)
14:Never Say Yes [Nat Adderley] (8:40)
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