Bevor ich in diesem Konzertbericht zum Thema komme, muss ich ein wenig in der Geschichtskiste wühlen. Nur den eingefleischten Musikliebhabern wird in Berlin das Cafe Garbáty ein Begriff sein und es zu finden, kann manchmal eine kleine Odyssee sein.
Anfang des vorigen Jahrhunderts war Berlin auch die Hauptstadt der Zigarettenindustrie. 1881 gründete ein Herr Josef Garbáty-Rosenthal, ein Deutscher mit jüdischem Glauben, eine kleine aber feine Manufaktur im Bezirk Pankow. Schnell wuchs das Unternehmen zu einem der Marktführer in der Welt. Ein inzwischen sehr großes Fabrikgelände wurde Arbeitgeber für mehrere tausend Berliner, bis ein gewisser Adolf H. die Macht in Deutschland an sich riss und es ihm ein Dorn im Auge war, dass es in Deutschland fleißige Menschen, allerdings mit fremden Glauben gab. Somit war das Schicksal der Familie Garbáty und deren Existenz besiegelt und bis auf den Firmengründer verließen alle, zum Glück rechtzeitig, ihre Heimat.
Josef Garbáty-Rosenthal verstarb 88-jährig im Jahre 1938 in Berlin.
Die Kriegsjahre überstanden die Fabrikgebäude relativ unbeschädigt und da nach dem Krieg wieder ein großer Bedarf an Tabakwaren bestand, wurde der Betrieb unter neuem Namen und anderem Besitzer wieder aufgenommen. Bis 1998 hielt die Firma Reynolds Tobacco & Co. die Zigaretten-Produktion in Pankow aufrecht, dann musste die Firma aus Konkursgründen leider schließen. Da sich Josef Garbáty-Rosenthal um den Bezirk Pankow sehr verdient gemacht hatte, erinnert heute ein nach ihm benannter Platz und eine Büste auf selbigem an ihn. Die ehemaligen Gebäude wurden zum Teil abgerissen oder zweckentfremdet.
So befand sich auch das Cafe Garbáty für einige Zeit in dem Gebäude, bis es ebenfalls wegen einer Umstrukturierung weichen musste. Im Exil tourte das Garbáty durch mehrere Location im Bezirk, bis der jetzige Platz in der Mühlenstraße bezogen werden konnte. Klein aber fein geht es drinnen zu, mit gemütlicher Wohnzimmer-Atmosphäre und einer netten Bühne im Schankraum.
Auf dieser Bühne haben sich schon sehr berühmte Musiker ein Stelldichein gegeben und nun ist aus dem fernen Australien der Blues Rock-Gitarrist Geoff Achison mit seiner zur Zeit aktuellen Band The Souldiggers zu Gast. Da sich das Garbáty im Erdgeschoss eines Wohnhauses befindet, ist ganz klar, dass die strengen Lärmschutzgesetze auf die Sekunde genau eingehalten werden müssen. Leider gibt es in Berlin jede Menge Kulturbanausen, die präzise um eine Minute nach 22.00 Uhr die Polizei rufen, und somit kommen die Ordnungshüter des Bezirks während ihres Dienstes wieder einmal in den Genuss von guter Musik.
Und dass Geoff Achison und seine Souldiggers was auf dem Kasten haben, hört und sieht sogar der Laie. Geoff stellt gleich zu Beginn der Veranstaltung seine Musiker vor und schwelgt dabei in Erinnerungen an deren rühmliche Auftritte als Begleitband von solchen Größen wie K.C. And The Sunshine Band. Dass die Jungs den Funk im Blut haben, spürt man sofort, nachdem Geoff seinen Solo-Opener mit der Akustik-Gitarre beendet hat, und alle zu den elektrischen Instrumenten greifen. Die farbige Fraktion mit Drummer Sam Kelly und Bassist Spy Austin grooven tierisch los, und Keyboarder Paul Jobson legt auf den Tasten den perfekten Teppich für die Gitarren-Show des Geoff Achison. Dieser bearbeitet seine Gitarre nach allen Regeln der Kunst, hatte er doch bislang ausreichend Zeit, um in verschiedenen Stilrichtungen seine Erfahrungen zu sammeln.
Im zarten Alter von dreizehn Jahren griff der Knabe zum ersten Mal zur Gitarre und orientierte sich zuerst an den Größen der Rockmusik. Kommen ja aus seiner Heimat so berühmte Bands wie AC/DC oder Midnight Oil, die jeden in diesen Alter zum Rock verführen.
Mit fünfzehn entwickelt sich Geoff weiter zum Bassisten und macht eine Lehre im Jazz-Bereich. Als er zwanzig ist, spielt er bei einem Altmeister des Blues, um sich endgültig dieser Musikrichtung zu verschreiben und zur Gitarre zurückzukehren. 1995 gründet er seine eigene Band und macht sich auf dem 5. Kontinent langsam aber sicher einen Namen. 2008 wird er unter die Top Ten der besten neuen Gitarristen gewählt und von diesen Moment an werden die Touren über den gesamten Globus ausgedehnt.
Geoff Achison beginnt Songs zu schreiben und diese Werke auf CDs zu veröffentlichen. Seine aktuelle Scheibe ist ein Konzertmitschnitt mit dem Titel "Live At The Burrinja Cafe" aus diesem Jahr. Mit diesem nach wie vor aktuellen Programm entzückte er nun die Gäste des Garbáty und gab Stücke zum Besten, die mich schwer beeindruckt haben. Sehr rockig, viel Blues mit funky Einlagen und extrem Psychedelic-lastige Stücke, die bis zu dreißig Minuten zelebriert wurden, gab uns der Meister der Gitarre, und als um 22.00 Uhr der Hüter des Tresens zum Ende rief, hatte sich Geoff in einen solchen Rausch gespielt, dass es völlig an ihm vorbei ging, ständig angezählt zu werden. Ja, das hat nicht nur mich genervt und in meinen Gedanken schwirrte nur ein Satz 'Tresenschwengel, halt doch endlich die Klappe'. Inzwischen waren auch die Ordnungshüter vor Ort und postierten sich mit ihrem Streifenwagen vor dem Eingang. Völlig unberührt davon griff Geoff spontan zur Akustik-Klampfe und während seine Mitstreiter dem Schauspiel mit Gelächter beiwohnten, legte der Meister noch einen drauf, um nach weiteren zehn Minuten leider zwangsläufig beenden zu müssen.
Nachdem wir RockTimer (Mike und ich) Mr. Achison noch zu einem Smalltalk mit Fotosession überreden konnten, machten wir uns wieder auf den weiten Heimweg, um im Auto unsere nächsten Konzertbesuche zu besprechen. Ihr dürft euch in diesem Sinne schon mal auf ein paar fette Brocken in den nächsten Wochen und Monaten freuen.
Line-up:
Geoff Achison (vocals, guitar)
Spy Austin (bass)
Paul Jobson (keyboards)
Sam Kelly (drums)
Setlist |
Send To The Edge
My Little Bag
Magic Belt
One Ticket, One Ride
Crazy Horse
Rule The World
Never Give It Up
Reach For The Sky
Tell Me Something
Overtime
Jungle
Souldigger
Live In Fear
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