Gwyn Ashton / Jeder hat den Blues
Rocktimes Interview
Am 29.06.2002 gaben sich Gwyn Ashton und seine Band in Greußen die Ehre, uns wieder einmal mit Blues vom Feinsten zu verwöhnen.
In Thüringen ist er immer wieder ein gern gesehener Gast und es ist für mich jedes Mal aufs Neue ein Genuss, diesem Musiker zuzuschauen und sein Spiel voller Gefühl, Liebe und Herzblut erleben zu können.
In Greußen hatte ich die Gelegenheit, dieses Interview mit Gwyn führen zu können.
Ilka Czernohorsky: Hi Gwyn! Dies ist mein erstes Interview für ein Internetmagazin und es freut mich ganz besonders, dass Du als einer meiner Faves der erste Musiker bist, den ich mit meinen Fragen bombardieren darf.
Gwyn Ashton: (lacht lauthals los)
Ilka: Gwyn, ich habe den Eindruck, Du bist in den letzten Monaten fast ununterbrochen unterwegs auf Tour?
Wird man da nicht irgendwann mal tourmüde?
Gwyn: "Ja es macht dich müde, aber es ist eine angenehmes Gefühl, müde zu sein. Dieses Touren befriedigt Dich einfach. Es ist einfach ein tolles Gefühl".
Ilka: Du bist in diesem ersten Halbjahr nun schon das 2. Mal in Thüringen, was uns natürlich sehr freut.
Was gefällt Dir eigentlich ganz besonders an Thüringen, dass Du uns wieder beehrst?
Sind es die Thüringer Bratwürste, oder das weibliche Thüringer Publikum?
Gwyn: "Die Frauen!" (lacht)
"Wir wählen nicht aus, wir spielen dort, wo wir die Konzerte bekommen. Ich mag es einfach, vor Leuten zu spielen, die meine Musik mögen und schätzen.
Außerdem denke ich, dass der Blues in Ostdeutschland noch ein großes Manko hat".
Ilka: Überall ist ein Rückgang der Besucherzahlen bei Live-Konzerten festzustellen.
Was meinst Du, woran mag das liegen? Ist das ein allgemeiner Trend, oder betrifft das nur die Bluesszene?
Gwyn: "Es ist generell überall so, wo handgemachte Musik gespielt wird.
Es liegt in erster Linie an der kommerziellen Musik und es ist das Diktat der Musikindustrie. Die Leute werden mit dieser Musik regelrecht zugeschüttet.
Man hat zur Zeit viel mehr Mühe als früher, dass Leute zu unseren Konzerten kommen. Heutzutage macht doch jeder irgendwie Musik. Selbst als DJ kommt man leichter zu Geld als mit handgemachter Musik. Livemusik ist schon fast etwas Exotisches".
Ilka: Wie groß war eigentlich der Besucher-Zuspruch bei Deinen Live-Gigs auf dieser Tour? Konntest du zufrieden sein?
Gwyn: "Ich bin zufrieden, aber es hätte besser sein können.
Die Leute, die dort waren, waren ein sehr gutes Publikum, aber eben nicht genug".
Ilka: Was meinst Du Gwyn, wird der Blues irgendwann mal wieder zunehmend mehr junge Leute ansprechen?
Gwyn: "Ich hoffe es. Ich hoffe es sehr wirklich sehr".
Ilka: Ich habe z.B. festgestellt, dass sich auch wieder sehr junge Musiker dem Blues verschreiben und Bands gründen um diese Musik zu spielen.
Gwyn: "Ja, es spielen wieder viel mehr junge Leute den Blues, man hört immer mehr von jungen, neugegründeten Bands, aber das Publikum hat einfach Berührungsangst (Vorurteile?) und ist sehr zurückhaltend. Es gibt mehr junge Musiker als junges Publikum, das diese Musik auch hören will".
Ilka: Entweder man hat den Blues, oder man hat ihn nicht.
Ich denke, diese Musik hat einfach Seele, was meinst Du?
Gwyn: "Alle haben den Blues. Es spielt keine Rolle, woher man kommt. Man muss ihn einfach aus sich rauslassen".
Ilka: Gwyn, erzählt mir doch bitte etwas über Deine Live-Band.
Woher kommen die Musiker?
Gwyn: "Samber Kansy ist Pole der in der Schweiz aufgewachsen ist. Er wollte unbedingt Berufsmusiker werden, deshalb ging er nach London.
Wir haben uns bei einer Jamsession getroffen und seine Art zu spielen hat mir sehr gefallen.
Michael Wiedrich ist aus Chicago, ihn habe ich in Amsterdam getroffen, er spielte dort mit einer Band aus Texas".
Ilka: Was hat sie dazu prädestiniert, dass Du mit Ihnen auf Tour gehst?
Gwyn: "Sie hatten keine andere Wahl, hahaha!"
Ilka: Wie viele Gitarren besitzt Du eigentlich und welche ist Deine Lieblingsgitarre?
Gwyn: "Ich habe ca. 15 Gitarren, die alte 63er Strat und die National sind meine Lieblingsgitarren".
Ilka: Wann hast du angefangen, Gitarre zu spielen und wer hat Dich musikalisch am meisten beeinflusst?
Gwyn: "Beeinflusst haben mich vor allem Chuck Berry und George Harrison, angefangen zu spielen habe ich bereits in den 70er Jahren".
Ilka: Oftmals wirst Du nicht nur äußerlich, sondern auch musikalisch mit Rory Gallagher verglichen, ja sogar als legitimer Nachfolger dieses großartigen Gitarristen gehandelt. Stört Dich das, oder ehrt es Dich?
Gwyn: "Es gibt schlimmere Personen, mit denen man verglichen werden könnte, hahaha" (lacht schallend!).
"Eigentlich möchte ich als Gwyn Ashton akzeptiert werden, als Mensch und Musiker.
Der Vergleich ist zwar eine Ehre, aber es ermüdet mit der Zeit".
Ilka: Gwyn, sag, hast Du Rory jemals persönlich kennen gelernt?
Was hat Dich an ihm am meisten fasziniert?
Gwyn:"Wir trafen uns lediglich einmal. Richtig persönlich kennen gelernt habe ich ihn eigentlich nie, aber ich mag einfach sein Gitarrenspiel, das ist alles".
Ilka: Du komponierst und schreibst alle Deine wunderschönen Songs selbst. Lediglich "Who's that coming" ist der einzige, auf der "Fang it" vorhandene Coversong.
Ist es eine Hommage an Rory?
Gwyn: "Nun, auf dieser CD hat ja die ehemalige Band von Rory gespielt und schon allein deshalb war es notwendig, einen Song, sozusagen als Tribut an Rory mit aufzunehmen.
Wir sind keine Rory-Gallagher-Coverband!"
(sagt es mit Nachdruck!)
Ilka: Wie ist dieser Kontakt zustande gekommen?
Gwyn: "Eigentlich ist es eine schmutzige Geschichte und ich möchte nicht darüber reden.
Das hat aber absolut nichts mit den Musikern zu tun".
(betont er ausdrücklich mehrmals). "Sie haben an dieser Geschichte keinen Anteil!
"Ich bin da in eine Sache reingestolpert. Mehr möchte ich nicht dazu sagen".
(Und ich denke, man sollte diesen Wunsch auch akzeptieren)
Ilka: Was war es für ein Gefühl, mit diesen Musikern die Platte einspielen zu dürfen?
Gwyn: "Glaub mir, es war für mich eine große Ehre".
Ilka: Warst Du mit ihnen auch schon auf Tour gewesen und wenn ja, wo?
Ich habe z.B. gehört, dass ihr einige Gigs in Frankreich gegeben habt.
Gwyn: "Ja, in Frankreich, der Schweiz, Holland, es war aber nur eine kurze Tour von ca. einem Monat".
Ilka: Können wir uns vielleicht auch bald in Deutschland auf Ashton-McAvoy-O'Neil-Gigs freuen?
Gwyn: "Nein, es ist diesbezüglich nichts geplant. Lediglich ein Gig in Frankreich wird noch gespielt".
Ilka: Mit welchem Musiker würdest Du außerdem ganz gern zusammen auf der Bühne stehen und spielen?
Gwyn: "Lebende oder schon tote Musiker?"
Ilka: Egal.
Gwyn: "Oh, da gibt es Hunderte! Aber ich nenne nur einige: Jimi Hendrix, Rory Gallagher natürlich, Johnny Winter, BB King...."
Ilka: Gwyn, ich habe festgestellt, dass kaum oder nur wenig Werbung für Deine Platten gemacht wurde.
Gwyn: "Das stört mich auch, glaub mir".
Ilka: Anfangs hat man diese ja nur auf Deinen Konzerten zu kaufen bekommen. Woran lag das?
Gwyn: "Es gab einfach keinen Vertrieb in Deutschland, aber zwischenzeitlich ist auch das jetzt angekurbelt.
In diesem Jahr werden die Platten offiziell erhältlich sein, ein genaues Datum steht aber noch nicht fest".
Ilka: Bist Du trotzdem zufrieden mit dem Verkauf Deiner Platten?
Gwyn: "Ja, der Verkauf könnte zwar besser sein, aber er ist schon ganz ok, ich bin zufrieden".
Ilka: Sag, würdest Du Dich jemals "musikalisch verbiegen", um mit Musik reich zu werden? Dich also dem Kommerz unterwerfen?
Gwyn: "Nein, niemals!!
Ich liebe den Blues und gebe auf der Bühne immer 200 %, egal ob damit nun Geld reinkommt, oder nicht.
Natürlich wäre es schön, wenn ich davon auch leben könnte, aber was nicht ist, ist eben nicht.
Es kommt doch einzig und allein auf die Musik nur an, ob Du zufrieden bist, mit dem was Du machst, ob es dich erfüllt.
Wenn Du das tust, Dich verbiegen, hast Du keine echten Freunde mehr, man ist ja dann nur noch von oberflächlichen Menschen umgeben. Ich bekomme dann vielleicht jede Menge Geld, aber das gibt mir keine tiefe Befriedigung".
(Interessant, diese Aussage und - Hut ab vor diesem Musiker!)
Ilka: Wir wissen alle, dass der Blues keine Massenware ist. Wie siehst Du die Zukunft für diese Art Musik?
Gwyn: "Er wird immer da sein und überleben, weil er echt ist, von Herzen kommt.
Er wird dann vielleicht in anderen Stilen gespielt, denn schließlich entwickelt sich ja alles weiter. Man kann ihn dann vielleicht nicht mehr so spielen, wie früher. Aber es ist auch immer eine persönliche Sache des jeweiligen Musikers, der den Blues spielt. Blues ist ja doch sehr variabel".
Ilka: Gwyn, ich danke Dir für dieses Interview und wünsche Dir für die Zukunft immer genügend Zuschauer auf Deinen Konzerten.
Gwyn: "Vielen Dank, wir werden sehen".
Ich danke Sambor Kansy für seine freundliche Unterstützung als Dolmetscher.
Interview mit Gwyn Ashton am 29.06.2002 in Greußen
Ilka Czernohorsky, 01.07.2002