Der mittlerweile 24-jährige Kasey Anderson aus Bellingham, Washington legt mir dieser CD, die schon 2002 in New Yok City eingespielt wurde, seine zweite Platte vor. Unterstützung hatte er dabei von Leuten wie Joe Flood und Eric 'Roscoe' Ambel, der auf dem Album diverse Gitarren und Orgel spielt und auch für die Produktion verantwortlich zeichnete. Und wenn dieser Name fällt, bekannt im Zusammenhang mit Steve Earle, den Yayhoos von Dan Baird oder auch Go To Blazes, kann man sicher sein, auch ein paar echte Rocksongs in bester Tradition zu hören.
Aber Kasey Anderson wird ja eher als Singer/Songwriter bezeichnet, und so startet die Platte auch recht leise mit nur einer akustischen Gitarre und seiner Stimme. Die ist für einen so jungen Menschen ungewöhnlich, das klingt nach locker 10 Jahren mehr Lebenserfahrung und dies haben neben mir natürlich auch andere Rezensenten bemerkt, da es sofort auffällt. Eine Stimme also, die man sicher als 'reif' bezeichnen kann und schön 'rauchig' ist sie auch. Nachdem die Band dann mit einstimmt, gewinnt dieser Song an Fahrt - sehr geschmackssicher.
Das mehr rockende "Hard on me" erinnert ein wenig an Joe Henry's erstes Album "Murder of Crows", und man wird immer wieder von richtigen 'Exile on Main Street'-Gedächnisgitarren mitgerissen, etwa auf dem Hammertrack "5th Avenue Queen" oder auch dem Titelstück "Dead Roses (and blood red Wine)". So toll hört sich eben eine Telecaster an, die Hooks sind schön 'stonesy' - das macht echt was her.
Die Balladen dieses Albums, die zwar perfekt instrumentiert und von seiner hervorragenden Stimme intoniert sind, können mich nicht immer aus dem Sessel reißen. Trotzdem ist das Songwriting auf bemerkenswert hohem Niveau, mit einer Menge kleiner und kleinster Details, die es zu entdecken gibt. Diese Songs sind eher was, um in Ruhe mal vom hektischen Alltag abzuschalten.
Die Sequenzierung mit den sich abwechselnden Balladen und Rocksongs macht durchaus Sinn, so kommt eben nie Langeweile auf. Das letzte Stück "Emaline" fällt mit seiner schwermütigen Intensität allerdings etwas aus dem Rahmen. Auf diesem Song meint man, Ryan Adams stehe vor dem Mikrophon...frappierende Ähnlichkeit, allerdings ist dieser Track durch eine ausgebuffte Studioelektronik gewandert und damit ist die stimmliche Verwandschaft nicht zufällig, sondern 'hingebogen'.
Wo soll man diesen Interpreten einordnen? Irgendwo zwischen den Koordinaten eines Steve Earle, countryfizierten Stones, dem schon angesprochenen, ganz frühen Joe Henry und auch Whiskeytown. Typisch eben dieser Twang im Rock.
Die Produktion ist hervorragend mit maßgeschneiderten Gitarrenklängen in natürlicher Balance zu den anderen Instrumenten, genau wie man das von Eric Ambel auch erwartet. Das wuchtige und zugleich sehr klare Klangbild tut ein Übriges, um den Hörspaß zu steigern. Mit Kasey Anderson wächst ein weiteres Talent heran, von dem man in Zukunft sicher noch was hören wird. Das einzigste wirkliche Manko der Platte ist die für die technischen Möglichkeiten einer CD zu kurze Spielzeit. Da sollte er das nächste Mal großzügiger sein, dafür ist die Ausstattung mit einem 10 Seiten umfassenden Booklet schon mehr als standesgemäss.
Ach, übrigens, die Schublade, wie ich für die Neuheitenübersicht benutzt habe (Roots/Americana) trifft den Nagel nicht auf den Kopf. Genauso gut könnte man auch Singer/Songwriter sagen...was ja nur für die Vielseitigkeit des Interpreten spricht. Auf alle Fälle ist dieses Album durch und durch solides Handwerk mit vielen 'Ups' und nur wenigen 'Downs'. Prädikat: Entdeckenswert!
Spielzeit: 38:47, Medium: CD, Resonant Noise Records 2004
1: This old Town 2: Hard on me 3: Weary Heart 4: Hold on Caroline 5: 5th Avenue Queen 6: What's a Man to do?
7: Raining in Hattiesburg 8: Dead Roses (and blood red Wine) 9: The Borderline 10: Emaline
Manni Hüther, 30.1.2005
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