Im April dieses Jahres belegt "Scrimshaw" den ersten Platz der Euro Americana Charts, wie man hier sehen kann. Das könnte also etwas Besonderes sein. Ich bin angesichts dieser Vorschusslorbeeren natürlich gespannt, vielleicht auch bereits etwas voreingenommen.
Die akustische Gitarre, die Pedal Steel und das schleppende Schlagzeug und der leicht melancholische Gesang lassen mich allerdings ungeachtet dessen aufhorchen. Sehr ruhig und harmonisch, mit einem Hauch dieses speziellen Gefühls von Fernweh, das einen manchmal packt, strahlt die Musik in der Tat etwas aus, dass mich schnell gefangen nimmt. Ich stelle fest, dass es auch im zweiten Stück wiederum die Pedal Steel ist, die der Musik eine ganz besondere Ausrichtung gibt. Das ist nicht die Art, wie das Instrument im Country verwendet wird. Hier ist einfach der Einsatz, um Atmosphäre zu schaffen. Im dritten Titel ist es dann die Mandoline, die einen besonderen Anstrich gibt, und eine verzerrte E-Gitarre gibt dazu den Gegenpart. Eine interessante Paarung, die eigentlich für mich eine typische Anhäufung von Elementen ist, die Eigenarten verschiedener amerikanischer Musikstile vereint.
Daher eine ganz klar zu treffende Aussage zur Musik, dass dieses Americana sein muss und zwar in feinstem Stil, inklusive vieler Elemente aus dem Bereich Singer/Songwriter. Nels Andrews gibt an, dass er alle Songs im letzten Jahr geschrieben habe, als er für eine Weile zu Hause verbrachte und sich abwechselnd um den kleinen Sohn kümmerte. Die restliche Zeit verdiente er sein Geld als Taxifahrer. Auf seinem dritten Studioalbum, verarbeitete er viele Eindrücke aus jenen Tagen und so sind viele kleine Geschichten in diesem Songzyklus vereint.
Die Musik bleibt fast durchgehend sehr ruhig, sehr introvertiert im Ausdruck und viel Melancholie wird ausgestrahlt. Insofern ist "Scrimshaw" eine wirklich runde Angelegenheit, aus einem Guss. Es werden nicht viele Höhepunkte geboten, dafür aber viele Feinheiten, subtile Momente, die man sich erhören muss und die dazu führen, dass dieses Musik ist, die zum Zuhören zwingt und dazu, sich entspannt zu entschleunigen. Sie kann Gedanken und Emotionen freisetzen und ich verspüre das Bedürfnis, mich um die Texte im Einzelnen kümmern zu wollen, um den Gesamteindruck dadurch noch etwas abrunden zu können.
Viele Elemente des umfangreichen Musikkatalogs von Don McLean vermag ich auszumachen. Einige Titel erinnern mich an diesen von mir sehr geschätzten Musiker, der übrigens nicht nur "American Pie" oder "Vincent" aufgenommen hat!
Mir gefallen alle Titel durchweg sehr gut und ich mag keinen Lieblingssong zu benennen. Jeder hat trotz einer ähnlichen Ausrichtung ein gewisses Etwas und stellt etwas Besonderes innerhalb des Ganzen dar, zum Beispiel auf "Lost Year (Off Track Betting)", das Marsch-Schlagzeug und die Pump Organ als Farbtupfer setzt.
Und zum Schluss dann noch eine dezent keltische Ausrichtung, wenn sich die Flöte hinzugesellt und sich aus dem Hintergrund flirrende Streicherklänge aufbauen. Das ist dann alles zusammen so zärtlich zupackend, und zeugt davon, wie viel Mühe sich der Künstler mit den Details gemacht hat. Ich gratuliere zu dieser filigranen Arbeit!
Ein Album voller wunderbarer Musik ist das - ich kann "Scrimshaw" allen gern empfehlen, die gern entspannt zuhören möchten.
Line-up:
Nels Andrews (guitars, vocals, shruti box hand claps)
Todd Sickafoose (bass, piano, pump organ)
Jonathan Goldberger (electric guitars)
Adam Levy (electric guitars)
Brandon Seabrook (tenor banjo, mandolin)
Rich Hinman (pedal steel)
Ben Perowsky (drums)
Andrew Borger (drums, percussion)
Savanna Jo Lack (violin)
Nuala Kennedy (vocals, flute)
Aj Roach (vocals)
Raina Rose (vocals)
Anthony Da Costa (vocals)
John Elliot (vocals)
Ian Thomas Parks (vocals)
Julia Ragen (words)
Tracklist |
01:Tridents
02:Starboard
03:Barroom Bards
04:Small Victories
05:Flotsam
06:Houdini
07:Three Hermits
08:Lost Year (Off Track Betting)
09:Wisteria
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