Auf seinen achten Silberling kann Richard Andersson nunmehr zurückblicken, und wenn man seinen klassischen Hintergrund sowie seine späteren Einflüsse, Yngwie Malmsteen im Besonderen, in Betracht zieht, kann man durchaus Einiges erwarten. Seit 1999 vertrieb sich Andersson mit drei verschiedenen Projekten die Zeit: Time Requiem, Majestic und Space Odyssey. Auf dieser Kollektion erwarten den Hörer nun die vermeintlich besten Titel der drei Bands.
Nach dem ersten Track, "Time Requiem", ist man schon beeindruckt ob der Virtuosität, die dieses über 9-minütige Quasi-Solo versprüht. Technisch gesehen gibt es - nicht nur hier, sondern auf der kompletten Scheibe - absolut nichts zu bemängeln. Alle Musiker liefern eine blitzsaubere und präzise Performance.
...Wenn sie denn mal zu Wort kommen, denn schon beim zweiten Lied, "Confusicus", fällt einem die gravierende Ähnlichkeit zum Vorgänger auf. …Na gut - unglücklich zusammengestellt, mag man sich nun denken, aber der Trend bleibt erhalten. "The Ultimate Andersson Collection" ist ein einziges, endloses Solo mit seichter, Double-Bass-getragener Langeweile im Hintergrund, und es beschleicht einen die Frage, warum in aller Welt sich jemand drei verschiedene Formationen zusammenstellt, bei denen er der Alleinherrscher ist, denn die Ähnlichkeit ist durchaus nicht nur innerhalb der Bands zu erkennen, sondern offenbar durch seine gesamte Karriere hindurch.
Zu allem Überfluss sind alle Titel auch noch von ein und derselben Band neu aufgenommen, und auch Sänger Göran Edman (ex-Yngwie Malmsteen), der, obwohl kein Weltklasse-Sänger, der einzige Bezug zur Welt außerhalb des riesigen Traums von Andersson ist - und doch nur ein Alibi-Dasein fristet.
Schon in Teenager-Zeiten begann Andersson, Demos aufzunehmen, auf denen nur sein Keyboard zu hören war, und am liebsten würde er das wohl heute noch tun. Wann immer Gitarren und Gesang zu hören sind, hat man das Bild eines murrend mit den Fingern trommelnden Richard Andersson vor den Augen, der die Sekunden bis zu seinem nächsten Solo zählt.
Aufgrund der fehlenden Improvisationen wandte er sich als Jugendlicher von der klassischen Musik ab, die er als Kind immer hatte spielen müssen, und die ihn mit ihren starren Normen offensichtlich traumatisiert hat. Er scheint sich immer noch mit seinen nicht enden wollenden Soli selbst zu therapieren.
Mit diesem Freigeist-Idealismus stößt er jedoch bald an seine Grenzen. Immer wieder klopft Andersson an die Tür zum Progressive Metal, aber immer, wenn er sie einen Spalt offen hat, fällt ihm auf, dass er schon ganz schön lange kein Solo mehr gespielt hat, und er muss die Hände schnell wieder auf die Tasten legen - so fällt die Tür wieder zu. Denn zum "Prog" gehört noch mehr als nur technisches Können; viel wichtiger ist das abstrakte Songwriting, das hier zwar auch unkonventionell, aber viel zu flach ausfällt. Die Songs klicken auch nicht beim dritten oder vierten Mal - es gibt von Seiten der Musik einfach nichts zu klicken, von Seiten des Hörers nichts aufzuknacken, keine innere Logik zu begreifen.
Sein großes Vorbild Yngwie Malmsteen wollte, so sagen Gerüchte, auf dieser Veröffentlichung nicht teilnehmen. Er hat wohl gemerkt, dass das was ihm, Satriani und Co. seit Jahren vorgeworfen wird - technische Finesse, aber kein Feeling - auf Richard Andersson in vollem Maße zutrifft; denn das Solo sollte immer dem Song dienen, und nicht der Song dem Solo.
Spielzeit: 59:03, Medium: CD, AOR Heaven, 2005
1:Time Requiem (9:19) 2:Confusicus (4:03) 3:Attar Of Roses (5:32) 4:Black Moon Rising (3:38) 5:Above And Beyond (7:14) 6:Emposium (5:57) 7:Golden Sea (5:21) 8:The Rapture Of Canaan (4:39) 9:Visions Of New Dawn (6:51) 10:Voodoo Treasure (6:23)
Christoph Segebard, 20.09.2005
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