Steinar Aadnekvam / Simple Things
Simple Things Spielzeit: 60:05
Medium: CD
Label: Music Makes You Happy, 2010
Stil: Jazz

Review vom 24.12.2010


Wolfgang Giese
Ein neues Gitarrentalent aus Norwegen.
Der junge Bursche wurde am 4. April 1984 in Bergen geboren. Bedingt durch seine Eltern bereiste er in frühen Jahren bereits viele Länder Europas, bis er in Stockholm ein Musikstudium aufnahm. Im Jahre 2005 kam er in Kontakt mit einem indischen Musiker und er lebte und studierte für einige Zeit in Indien. Auch nach Brasilien verschlug es den Weltenbummler für kurze Zeit.
Das waren letztlich alles Einflüsse, die sich sicher in der Ausgestaltung seiner Musik niederschlugen. Gerade südamerikanische Spuren kann ich in seinem Spiel auf der akustischen Gitarre vernehmen. Man beachte nur den zweiten Titel, "Bossa Nova #1", hier mit Gesangsbegleitung durch Lena Swanberg. Die akustische Gitarre mit Nylonsaiten spielt er übrigens durchgehend - eine Besonderheit in diesem Genre.
Wie gleich zu Beginn von "Troubled Dogs" zu hören ist, scheint es John McLaughlin gewesen zu sein, der ihn vielleicht inspiriert haben mag. Im Übrigen 'duettiert' der Musiker hier mit sich selbst. Allerdings scheint mir ein Vergleich mit Paco de Lucia auch nicht von der Hand zu weisen zu sein. Diese Platte ist sein Debütalbum, veröffentlicht auf dem eigenen Label, Music Makes You Happy.
Durch die 'nichtelektrische' Stimmung verbreitet sich schnell eine heimelige und warme Atmosphäre, mit einer Ausrichtung auf Jazz mit brasilianischem Einfluss. Mitunter tauchen Assoziationen zur Musik von Pat Metheny auf, speziell zu dessen Zeit bei ECM. Die drei Begleiter lassen dem Protagonisten viel Spielraum, unterstützen ihn dabei auf unaufdringliche Weise.
Zuallererst musste ich beim ersten Stück stark an jene Zeit denken, als der Jazz Rock in den Mittsiebzigern seine Blütezeit hatte, und sich nach und nach einige Musiker mehr und mehr kommerzielleren Pfaden zuwandten: gemeinhin dem, was heute so als Fusion bis hin zum Smooth Jazz vermarktet wird. Nun gut, ein wenig Earl Klugh mag mitschwingen, aber es ist auch Lee Ritenour, den ich assoziieren kann. Spieltechnisch ist Aadnekvam ein Flinkefinger, einer, der eben die Richtung McLaughlin, Al Di Meola eingeschlagen zu haben scheint.
Ein wenig elektronische Spielerei hinsichtlich der Perkussion beim ersten Track, aber eigentlich sind solche Kleinigkeiten die einzigen Zugeständnisse zu modernen Klängen, denn allgemein sehr beschwingt, locker offen und mit akustischer Ausrichtung der Instrumente ist eine eigentlich relativ zeitlose Musik entstanden, die jedoch mit der 'reinen Jazzlehre' eher bricht; dadurch, dass darüber hinaus gehende Elemente eingebracht werden und auch dadurch, dass der Drummer eher rockt als dass er swingt. Dieses rockende Element jedoch belebt die Musik durchaus und bildet einen guten Kontrast zur akustischen Gitarre und den oft verspielten Arrangements und Melodiefolgen.
Abwechslung bieten zudem die beiden Vokaltitel, der "Bossa Nova #1" klingt sehr brasilianisch, der Titelsong des Albums weniger geschmeidig. Janson brummelt hier mit tiefer Stimme und gibt dem Song eher leichten Singer/Songwriter-Charme.
Weitere Lieder, die sich etwas aus dem Gesamtbild heben, sind das sanft mit großer Raffinesse und Leichtigkeit dahinschwebende "Little Indian", teils stark an frühere Titel von Chick Corea erinnernd, das, weil es ja auch von Jobim stammt, laszive "Fotografia", oder das sehr jazzige "Diabolo En Musica".
Trotz seiner Herkunft hat das Reisen wohl stärkeren Einfluss auf die musikalische Umsetzung hinterlassen als das Heimatland, man würde nicht unbedingt auf nordische Musiker tippen, bei einem Blindfold Test.
Line-up:
Steinar Aadnekvam (guitar)
Jonatan Guzman (piano)
Petter Eldh (double bass)
Anders Olsson (drums, percussion)
Lena Swanberg (vocals - #2)
Claes Janson (vocals - #10)
Tracklist
01:Song From The Treetops
02:Bossa Nova #1 (feat. Lena Swanberg)
03:Troubled Dogs (for 2 guitars)
04:Tweedle-Twee
05:Little Indian
06:Fotografia
07:Blame It On My Youth
08:Diabolo En Musica
09:El Lobo
10:A Simple Thing (feat. Claes Janson)
11:Skylark
(all compositions by Steinar Aadnekvam, except #6 (A.C. Jobim), #9 (J.Guzman), #11 (J.Carmichael/J. Mercer)
Externe Links: