Im Zusammenhang mit Susan fällt oft der Name Janis Joplin. Unterschrieben, wenn es um stimmliche Power und Seele in Stimme und Musik geht.
1999 fungierte sie als Opener für Johnny Winter und wurde von Johnnys Manager Teddy Slatus stante pede für die Westküstentour gebucht.
Schon die ersten beiden Nummern "Don't Want Your Love" und "Go To Hell" zeigen, welches Potential diese Musikerin besitzt. Das sind gewaltige Blues-Rock Nummern, die nur eines wollen: brachial nach vorne treiben und man sieht förmlich, wie den Akteuren der Schweiß aus den Poren perlt.
"The Other Side Of The River" läßt in den ersten Sekunden vermuten, es kommt 'ne AC/DC Nummer: sattsam bekannte Riffs. Danach wird es 'ne schöne, melodiöse Bluesrocknummer mit tollem Refrain.
1971/72 war die Hoch-Zeit der Rolling Stones, für mich jedenfalls. Keith'sche Riffs und wenn hier keine Powerfrau, sondern ein großlippiger, flippiger Mann am Micro stünde, dann gäbe es zwei geile Stones-Songs mehr auf dieser Welt.
Die Rede ist von "Bittersweet" und "Feel Love Tonight". Atmosphärisch, intensiv und mit wunderschönen Melodien gesegnet: meine ersten beiden Faves auf dieser CD.
"Love Doctor" lebt von simplen Blueshooks und Susan darf mit ihrer Stimme spielen - mal fordernd, mal fast flüsternd und einen Kiss haucht sie, dem Thema angemessen, auch ins Micro. Lecker Slide und bisschen Boogie Rhythmus bei "Love is A Dangerous Thing" .
"Nowhere To Run" ist ein ruhiger, gefühlvoller Track. Susan zeigt, was Gefühl in der Stimme zu haben bedeutet; dazu gibt es nicht minder emotionale Gitarrenhooks. Junge Konzertbesucher dürften hier wohl die Feuerzeuge hochhalten.
"You're My Baby" ist ein Rocker im Midtempo-Gewand. Macht Spaß die Gitarre rechts aus dem Speaker stolpern zu hören und wenn bei "Nowhere To Run" die Feuerzeuge herhalten müssen, dann braucht es bei "Feels Like Rain" mindestens Bunsenbrenner. Das liegt zum einen wieder mal am Tempo, zweitens an Susans gesanglichem Ausdruck und ganz besonders an der gänsehautverbreitenden B3.
"Into The Flame" ist einer dieser Nummern, die sich immer weiter steigern. Nicht einfach ein Refrain, sondern Refrain mit Exponent größer 1.
Dazu geile Gitarrenparts, Vocals mal hart, dann extrem weich und zart.
Und dann kommt er: der Titel, dem ich am meisten entgegenfiebere. "Peace Of My Heart" von good old Janis.
Kerzen und Bunsenbrenner hatten wir schon. Hier bräuchte es Flammenwerfer. Typischer, verhaltener Beginn. Akustisch klingts und die Stimme wieder...
Aber die Stimme ist dann auch der Knackpunkt, denn sie ist einfach zu perfekt. Wenn man die JJ-CD zu Vergleiche zieht (und das muss man einfach), fehlt hier doch das Rohe, irgendwie Ungeschliffene. Gefühl legen beide in diese Nummer, aber wer kann schon gegen eine ganz Große aus der Alltimes-Allstar-Band anstinken.
Aber Hut ab Susan - weil "Bittersweet" ein ganz tolles Album ist und weil Du eine Janis-Nummer mit draufgepackt hast.
Spielzeit: 46:54, Medium: CD, Got Sole Records, 2004
1:Don't Want Your Love 2:Go To Hell 3:The Other Side Of The River 4:Bittersweet 5:Feel Love Tonight 6:Love Doctor 7:Love is A Dangerous Thing 8:Nowhere To Run 9:You're My Baby 10:Feels Like Rain
11:Into The Flame 12:Piece Of My Heart
Ulli Heiser, 05.02.2005
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