Bai Bang / Best Of
Best Of
"Ein Best Of? Von der Band hab ich noch nie was gehört!", mag die Reaktion auf diese Platte des Quintetts aus Schweden sein; doch tatsächlich können Bai Bang in ihrer nunmehr sechsjährigen Bandgeschichte auf einige Höhepunkte zurückblicken - darunter Tours mit solchen Größen wie Axel Rudi Pell, Saxon, Alice Cooper, Ratt oder Dio auf der ganzen Welt, diversen Fernseh-Auftritten und natürlich zahllosen Festival-Teilnahmen (darunter auch drei Mal in Wacken).
Respektable Erfolge also, die sich, wie nach höchstens zwei Titeln klar ist, auf der Rückkehr zu den Wurzeln begründen; auf althergebrachten Rocker-Idealen und dem allgegenwärtigen Gefühl, etwas 'Echtes' zu hören, etwas mit Routine, makelloser Beherrschung der Instrumente - und doch mit dem stets bewahrten kleinen Tupfer Garagen-Feeling.
Der aussterbende Retro-Bereich bringt nicht mehr viele Bands hervor - jedenfalls nicht viele, die es bis zum Plattenvertrag schaffen; umso frischer wirkt ironischerweise jede Band, die sich zwischen Black-, Power- und Thrash-Metal hervortut. In diesem Fall sind generell alle Hard Rock-Fans sehr gut aufgehoben, besonders aber Liebhaber der Leichtigkeit und des hellen Gemüts von Acts wie Whitesnake oder besonders Lynch Mob. Glücklicherweise gehen Bai Bang nicht so weit, den Glam-Faktor von Kiss oder Twisted Sister erreichen zu wollen, sondern überzeugen - und überraschen jene, denen sie neu sind - durchweg mit nahezu perfektem Hard Rock - 'Hair Metal', hätte man früher gesagt. Dieser Sound ist gut und gerne zwanzig Jahre alt, und damals hätten sie zweifellos zu den ganz Großen gehört, was ihrer heutigen spritzigen Spielfreude aber keinen Abbruch tut.
Wie ein Spiegel der damaligen Musikszene scheinen sie dadurch, dass sie sich auch nicht scheuen, mit Titeln wie "Behind The Enemy Lines" oder dem T.Rex-Cover "Hot Love" in eine poppigere Richtung zu gehen. Danach bekommt man, den Variantenreichtum in allen Ehren, jedoch sofort wieder ein Lehrstück in Sachen Hard Rock im Stile von "Nice Face" um die Ohren gehauen.
Vom ersten Moment an zieht einen unter anderem besonders Sänger Diddi Kastenholt in seinen Bann, mit einer wunderbaren, leicht rauen Stimme, die dazu noch den nötigen Umfang besitzt und fast schon unverschämt gut zum Rest der Band passt. Frische versprühen trotz allem Gitarrist Pelle Eliaz mit seinen unkonventionellen Soli und Drummer Jonas Langebro mit modernen Elementen.
Bai Bang - eine Band, die auf heutzutage fast unnachahmliche Weise tief in die Trickkiste der musikalischen Geschichte greift, aber trotzdem einen zeitlosen Charme versprüht und nicht nur Fans überzeugen dürfte, die schon in den 80ern immer eine Luftgitarre in der Tasche hatten.


Spielzeit: 77:23, Medium: CD, Swedmetal Records, 2005
1:Lay Down 2:Rock 'n' Roll City 3:I Want It 4:Run To The End 5:Make My Day 6:Behind The Enemy Lines 7:Get Off 8:Peepin' Tom 9:Only The Strong 10:Cop To Con 11:Nice Face 12:Hot Love 13:X-Ray Specs 14:Little Child 15:F.O.F.D. 16:Fantasy Lover 17:Answer 18:Don't Stop 19:To You 20:Welcome To The Real World
Christoph Segebard, 24.08.2005