Man könnte es kaum glauben, wenn man die ersten Töne aus der mittlerweile dritten Veröffentlichung von Barons Ball hört, aber die Jungs stammen anscheinend tatsächlich aus Niedersachsen. Seit 2009 veröffentlichen die sich im staubigen und mit Gefühl infizierten Rock zu Hause fühlenden fünf Mitglieder bodenständigen und geradlinigen Hard Rock. Der rostige V8 auf dem Cover und das mitgelieferte Wüstenambiente stehen stellvertretend für die Formation, deren Musik nach Öl, PS, Staub, Western und Wüste klingt. Das Organ von Shouter Dan Levon passt wie der Ölkühler zum Motor und überzieht die staubigen Melodien mit der Unbeschwertheit dieses Genres.
Die musikalische Umsetzung des ordentlichen, handgemachten Rock ist ebenso rund wie transparent und kann als gelungen bezeichnet werden. Gleich ab dem ersten Ton von "The Working Man" findet man Gefallen an den geradlinig strukturierten Songs. Auch "Adrenaline" mit einem beinahe gerappten Intro passt sich der allgemeinen Gefühlslage mit leichten, alternativen Untertönen nahtlos an. Dezenter Keyboardeinsatz bringt zusätzliche Kicks in die akustische Umsetzung und sorgt für den knackigen, frischen und doch leicht wehmütigen Klang. Man merkt, dass eine Menge gute Laune mit eingespielt wurde und kann daher auf langen Strecken rhythmisch davonrocken.
Sogar Balladen wie "Anytime You Walk Alone" und mit Einschränkung auch bei "Last Gas Station For 200 Miles", die Dank des unverwechselbaren Gesangs des Sängers haarscharf an der klebrig-süßen Einheitsbreimischung vorbeigeführt werden, können durch ihre perfekte Melodieführung und sonnige Harmonien mehr als überzeugen. Aber man sollte sich von den Songtiteln nicht täuschen lassen, denn die Texte von Barons Ball haben es in sich. So wie es scheint, protestiert der Fünfer gegen das allzu glatte Image des US-Staates, bei dem der US-Öffentlichkeit suggeriert wird, dass alles machbar ist, und verkünden so ihre eigene sozialkritische Meinung über die Missstände im amerikanischen Rechtsstaatssystem.
Anlass zum Nachdenken geben die Texte auf jeden Fall und sind bei den Hooklines und Melodien, die hier präsentiert werden, nicht unbedingt zu erwarten. Staubige Riffs, die gleichsam über trockenen, verlassenen Wüstenlandschaften zu schweben scheinen und dabei neben rostenden Autowracks und ölgetränktem Sand das passende Ambiente für Klänge darstellen, die Freiheit und Individualismus hochleben lassen, stellen die Basis von "Roadkill" dar. "Born To Rock", "Love Train" oder "Bang Boom Baby", die locker lässig und stimmig rüberkommen und durch ihre Machart jederzeit gute Laune generieren, passen in die aus Mitsinghymnen und starken Refrains bestehende Produktion.
Die betont sparsam eingesetzte Mundharmonika entfaltet ihren Reiz besonders in Begleitung der straight rockenden Gitarren und verbreitet dadurch das Feeling einer Reise auf der Route 66. Natürlich dürfen hier die akustischen Töne nicht fehlen, die aber gefällig und stets im Dienst des Gesamtwerks eingesetzt werden. Die gute alte Zeit des Rockn'n'Rolls wird in "Good Old Times Of Rock'n'Roll" nochmals zum Stadionabräumer umfunktioniert und beinahe hymnisch von Dan Levons Röhre in allen Varianten gekonnt präsentiert.
Barons Ball haben mit ihren elf Tacks mehr als nur billige Mainstream-Mucke produziert: Ehrlicher, nach Benzin stinkender Wüsten-Rock, der von rockend bis einfühlsam alle Bandbreiten des freiheitsliebenden, handgemachten Rocks in sich vereint. In den 80er Jahren hätte man sagen können, hier reiht sich ein potenzieller Hit an den anderen, aber die Zeiten haben sich geändert, und so könnte man auf ein Re-Release von bisher unbekannten Interpreten schließen, wenn man es nicht besser wüsste.
Trotzdem ist es erfrischend zu hören, dass es noch Bands gibt, die diese Art von Musik pflegen, spielen und weiterentwickeln, schon dafür gebührt ihnen ein dicker Bonus. Das Album beinhaltet keinerlei Lückenfüller und wirkt von Anfang bis Ende aus einem Guss und es ist zu hoffen, dass Barons Ball auf ihrem Weg noch viele Tankstellen finden, um ihren abgetakelten V8 zu all den Ghosttowns zu führen, die ihnen als Inspiration dienen, damit sie noch viele Alben dieser Art einspielen können.
Line-up:
Dan Levon (vocals, guitar)
Matt Stevens (guitar)
Jörg Kiel (guitar)
Dennis Festing (bass)
Sean W. Heights (drums)
Tracklist |
01:The Working Man
02:Adrenaline
03:Anytime You Walk Alone
04:Love Train
05:Last Gas Station For 200 Miles
06:I'm No Runaway
07:Sex, Drugs & Rock'n'Roll
08:Good Old Times Of Rock'n'Roll
09:Born To Rock
10:Bang Boom Baby
11:Roadkill
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