Baugroup / Better Watch Out
Better Watch Out
Baugroup. Was für ein Wortspiel. Klingt fast wie Boygroup - sieht man aber dann das Trierer Urvieh Steff Becker auf der Bühne, dann wird schnell klar, dass es nicht um hüpfende und johlende Trendies aus peinlichen Casting Shows geht.
1998 hervorgegangen aus verschiedenen Trierer Rock- und Funkformationen, bietet die Band einen stilübergreifenden Mix aus eben diesen Genres und etwas mehr:
"Es rockt, funkt, jazzt und groovt..." steht auf dem Beipackzettel und in der Tat, es stimmt. Denn ich konnte die Band als Support für die Steve Schuffert Band schon einmal hören und sehen.
Ebenfalls dem Beipackzettel zu entnehmen ist, dass die Sets der Band aus treibend-aggressivem Funk über zappaesken Crossover bis hin zu bauchlastigen Rockballaden bestehen.
Und - keine Covers. Kein “Smoke On The Water”, kein “Sweet Home Alabama” und dergleichen. Respekt.
Mit "Kreisrockminister" Heiko Wilhelmus steht ein absolutes Ausnahmetalent an der Gitarre. Heiko ist in der Trierer Szene ebenfalls kein Unbekannter und wirkt nicht nur bei der Baugroup mit.
Komplettiert wird die Stammmannschaft durch Harry Karkoscha am Bass und Uwe Berg an den Drums.
Ich erwähnte bereits, dass die Band live eine Granate ist und genau einen Tag nach diesem Konzert im Ducsaal wurde vorliegende CD in Toms Musikkeller in Enkirch live aufgenommen.
Die CD ist live, klingt aber so angenehm und perfekt, dass ich Heiko fragen musste, was und wie da nachbearbeitet wurde.
Zitat Heiko: "Die Live-Aufnahme ist so auf CD gekommen, lediglich die Lautstärkeverhältnisse wurden angeglichen."
Nochmal Respekt, denn das bestätigt mir, wie professionell die Baugroup on stage agiert. Funky geht es mit “Chili Gonzales” los und gleich beim Opener zeigt Steff welchen Umfang seine Stimme zu bieten hat. Um Rockfunk handelt es sich auch bei “Comeback XX” und “Going Up And Down”.
Ersteres ist auch gleich einer meiner Favs dieses Albums, da es so richtig meinen Nerv trifft: Relaxtes Jamming. Bass und Drums bauen Keller und Fundament, auf welchem die Gitarre dann ein perfektes Soundhaus errichtet. Es ist diese Gitarrenmischung aus Jazz- und Rockhooks und zeigt, wie sicher sich Heiko durch die unterschiedlichen Stile bewegt. Steff beweist sein ganzes Können bei dem jazzigen "Gesangsjamming". Mir läuft es den Rücken rauf und runter und ich kriege Gänsehaut pur. Der Mann hat's drauf und es bleibt nichts mehr zu sagen, als dass dieser Track wohl was ganz ganz Feines ist.
Auch “Going Up And Down” avancierte zu einem meiner Favs. Den Titel hatte ich vom Konzert noch im Ohr. Wieder diese jazzig-rockige Gitarre und Steffs Vokalakrobatik. Oh Mann, das trifft so richtig schön auf die Zwölf und ich muss mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, dass hier die CD einer lokalen, deutschen Band im Player liegt.
Dritter Hammer für mich ist dann “Suizid”. Spannende Songstruktur mit geilen Wah-Wahs. Wieder voll auf die Zwölf.
Spannung, aufgebaut von Bass und Drums, ein Fuß der wieder mal das Pedal bearbeitet (ja, ja, ich gestehe, dass ich eine absolute Schwäche für Wah Wah's habe). Dazu eine relativ sanfte Stimme, die aber niemals den geringsten Zweifel aufkommen lässt, dass sie in der Lage ist jeden, aber auch wirklich jeden Saal zu füllen. Stark, dieses “Dirty Afternoon”. Zappaeske Gesangseinlagen bei “Je'taime Blanche”, die Instrumentalisten treiben nach vorne und alles steigert sich in einem Rock'n'Roll Gewitter.
Aberwitzige Gitarrenläufe und -Soli bei “Can't Hide”. Vocals, die an Roger Chapman erinnern. Gesang und Gitarre "kommunizieren", Rhythmusarbeit, die nicht einfach nur untermalt, sondern auch Wege bereitet.
Stimmlich wird bei “Love Song” wohl auch dem letzten Zweifler klar, dass - wie bei einer Lautsprecherbox - Volumen durch nichts zu ersetzen ist. Die Vocals knallen nur so in meine Gehörgänge.
Und ich muss wieder den Sänger erwähnen, denn Steff singt nicht nur - diabolisches Lachen schallt mir entgegen. Stark auch die Damen an den Background Vocals bei “High On The Beach”. Von den eingestreuten Gitarrenhooks ganz zu schweigen. Aus den Hooks werden dann Soli, welche zusammen mit dem Zutun der restlichen Band zur regelrechten Orgie ausufern.
Etwas wehmütig klingt “I Know”. In diesem, leider letzten Track der CD wird dann auch die Band vorgestellt und man merkt es dem Publikum an den Reaktionen an: die Leute hatten Spaß und waren begeistert. Mich wundert das nicht.
“Better Watch Out”, der erste Longplayer der Band übrigens, ist eines jener Alben, die man immer wieder gerne hört, weil es nie aufdringlich oder gar nervig wird. Und da der Trierer Raum mittlerweile in meinem Konzertradius liegt, freue ich mich schon auf das nächste Konzert der Baugroup.
Leider konnte ich der Einladung der Band zur CD Release Party nicht nachkommen, so dass mir dieses Event durch die Lappen ging. Zumal mit 300 Zuschauern auch schon einiges los war. 300 Fans kriegt heute manch bekannter Name nicht immer vor die Bühne.
Unbedingt nachlesen solltet ihr auch bei Hundertausend.de (dem "Trierer Online Events" Anzeiger), was sich die Band als PR Gag ausgedacht hat. Das hat was und ich denke, auch da war Spaß und Action garantiert: Die geheimnisvollen Puffrocker.
Dies starke Scheibe gibt es bei uns auch zu kaufen. 12 Euro + Porto und dieser Kracher macht sich auf den Weg zu euch. Reinhören könnt Ihr gleich hier.
Spielzeit: 56:01, Medium: CD, Eigenvertrieb, 2003
1:Chili Gonzales 2:Rainy Day 3:Dirty Afternoon, 4:Buy Marie, 5:Je T'aime Blanche, 6:Can't Hide 7:Comeback XX, 8:Love Song, 9:High On The Beach, 10:Chicago, 11:Take You In My House, 12:Suizid 13:Going Up And Down 14:I Know
Ulli Heiser, 25.09.2003