Über die Beatles, die wie keine andere Band für einen musikalischen Urknall gesorgt haben, muss man nicht mehr reden, sprechen wir also über den Autor dieses Buches. Steve Turner ist ein angesehener Musikjournalist (u.a. für den "Rolling Stone" und "New Musical Express") und hat schon einige hochkarätige Werke verfasst, etwa über The Who, Van Morrison, Eric Clapton usw.
Sein Buch über die Beatles sollte sich wohl von den Tonnen anderer Publikationen abheben, so erzählt er die Geschichte hinter den Songs, die von den Bandmitgliedern geschrieben und auch von der Band aufgenommen wurden. Ausdrücklich ausgenommen sind Songs, welche von der Band gecovert wurden oder die sie für andere Interpreten komponiert haben.
Das Werk ist im amerikanischen Format (breiter als DIN-A 4) erschienen und ist auf dem neuesten Stand, es werden also nicht nur alle Songs von "Please Please Me" bis "Abbey Road" behandelt, sondern darüber hinaus auch die post-Beatles Releases "Live at the BBC" und "Anthology 1-3".
Der Schreibstil und die Aufmachung sind wirklich gelungen, das Buch wartet auch mit sehr seltenen bzw. bisher noch nie veröffentlichten Fotos auf, so z.B. das Bild von Julian über seine Klassenkameradin Lucy O'Donnell, aus dem dann John's "Lucy In The Sky With Diamonds" hervorging oder auch den Grabstein von Eleanor Rigby, die in scheinbar obskurer Weise mit dem Song zu tun hat. Was es genau damit auf sich hat möchte ich hier nicht verraten, das sollte der (interessierte) Käufer selbst nachlesen.
Manche Geschichten sind regelrecht faszinierend zu lesen und enthüllen zum ersten Mal den Background eines Songs (sehr lustig über "Savoy Truffle" und die daraus resultierenden Dentalprobleme eines gewissen Eric Clapton), in wenigen Fällen ist die Story etwas umständlich bzw. schwammig. So wird der 21-jährige Tara Browne, um dessen tödlichen Autounfall im Dezember 1966 es in "A Day In The Life" aus dem Klassiker "Sgt. Pepper's Lonely Heart's Club Band" geht ('...blew his mind out in a car') ziemlich wage als "Angehöriger der Hautevolée" und als millionenschwerer Jungadel bezeichnet. Steve Turner hätte es auch einfacher sagen können: Browne war der Guinness-Erbe.
Wer hätte je gedacht, dass es in "Sexie Sadie" um den Maharishi geht, von dem John desillusioniert war. Überhaupt sind die Aufhellungen der vielen autobiografischen Songs sehr überzeugend rübergebracht. Das Buch in seiner Form vermittelt die Geschichte der Band und ihrer Songschreiber auf vorbildliche Weise, auch wenn manche Tatsachen schon bekannt waren wie der grosse Einfluss, den der LSD-Papst Dr. Timothy Leary vor allem auf John hatte.
Ich kenne nur noch ein Buch über die Beatles, das noch mehr ins Detail geht und vor allem von einem wirklichen Insider geschrieben wurde: Peter Brown's "The Love You Make" von 1983. Und dieser Peter Brown war der 'Mann hinter der Band', er genoss das Vertrauen aller vier und war der zuverlässige Strippenzieher hinter den Kulissen, er war der Trauzeuge von John und Yoko und wurde auch in "The Ballad of John and Yoko" mit der Textzeile '...Peter Brown called to say, you can make it ok, you can get married in Gibraltar near Spain... Christ you know it ain't easy' verewigt. Wer dieses Buch gelesen hat, kennt natürlich schon einige Entstehungsgeschichten. Leider ist dieses Standardwerk nur in englischer Sprache erhältlich. Zusammen mit dem nun vorliegenden Bestseller von Steve Turner hat man alles was man an Büchern über die Beatles braucht. Es sei denn, man sucht Aufnahmedaten, wer spielte was usw. Auch darüber gibt es genug Literatur.
Paul McCartney selbst und John Lennon's Nachlassverwalter Elliott Mintz haben das Manuskript abgesegnet und das gibt einem das gute Gefühl, dass diese 'Geheimnisse hinter den Songs' auch tatsächlich wahr sind. Wer ist das Mädchen in "She Came In Through The Bathroom Window", was hat es mit "I'm The Walrus" auf sich? Gibt es tatsächlich eine Strasse, die Paul zu "The Long And Winding Road" inspiriert hat? Zu allen 208 Songs aus den Alben der 'Fab Four' gibt es die Antworten auf diese und ähnliche Fragen.
Das Buch hat ganz klar eine Empfehlung verdient und den Lesern kann man nur raten, sich am besten eine Beatles-Platte aufzulegen, sich zurücklehnen (auch zeitlich!) und sich dann genussvoll durch das Material und die vielen hervorragenden Bilder zu arbeiten. Wer das schafft, tritt eine angenehme Zeitreise 'back to the swingin' sixties' an. Thumbs up, Mr. Turner!
Steve Turner: A Hard Days Write. Die Geschichte zu jedem Song
Rockbuch Verlag, Softcover, 2004
ISBN: 3-927638-10-2, Umfang: 224 Seiten, Preis: 19,80 EUR
Manni Hüther, 18.7.2004
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