Summer In The City
Auf meinem Weg zur Insel Texel hatte ich mir einen kleinen Abstecher nach Amsterdam gegönnt und es war eine sehr gute Entscheidung.
Sommer 2010 - da ist er endlich. Die alte Kaufmannsstadt und beliebte Touristenmetropole im Westen der Niederlande gab an diesem Tag wirklich alles her: Sonne satt, Temperaturen über 25 Grad und ein sehr buntes Treiben in den alten Straßen und entlang der Grachten prägten das Bild. Zufällig lief ich nachmittags auch noch dem Beatsteaks-Bassisten Thorsten Scholz über den Weg. Auch er hatte sichtlich Freude am tollen Flair dieser Stadt. Die Klischees über Amsterdam stimmen so gut wie alle, denn es dampfte wirklich aus diversen Coffee-Shops. Das war ist mir aber egal, denn meine Droge heißt Musik und davon gab es abends jede Menge und das sogar völlig legal - aber mit extrem hohem Suchtfaktor.
Historische Städten der Rockmusik
Am Ende des Leitseplein, dem im südlichen Zentrum gelegenen Ausgehplatz mit diversen Clubs und Kneipen, befindet sich der Melkweg. In den späten 60ern von Hippies gegründet, wurde die ehemalige Molkerei (daher der Name) im Laufe der letzten 40 Jahre zu einem der bekanntesten Konzertclubs in den Niederlanden. Noch etwas berühmter ist sicherlich das Paradiso, das ebenfalls in der Nähe des Leitseplein liegt. Das Paradiso ist eine umgebaute Kirche, in der auch regelmäßig Konzerte stattfinden und hier hat bereits das 'Who Is Who' der Rockmusik gespielt. Aber zurück zum Melkweg und zum heutigen und bereits seit langem ausverkauftem Konzert der Beatsteaks aus Berlin. In Deutschland füllt die Band mittlerweile die ganz großen Hallen, darf als Headliner bei den großen Open-Airs auftreten und das letzte Album war sogar Nummer drei in den Albumcharts. Was macht man also als Band damit es nicht langweilig wird? Man geht ins Ausland und spielt in erheblich kleineren Venues, um mal wieder richtig in Clubatmosphäre ohne Druck losrocken zum können. Im Rahmen dieser Mini-Europa-Tournee Anfang Juni machte man u.a. Station in Paris, London und eben auch Amsterdam, wo man dann für, heutzutage absolut lächerliche, 15 Euro Eintritt die Berliner hautnah erleben durfte.
Man spricht Deutsch
Vor dem Melkweg stand bereits eine lange Schlange und im Stimmengewirr viel sofort auf, dass gefühlte 90 % der anwesenden Besucher Deutsch sprachen. Auch im Club The Max, der große Saal des Melkwegs mit einer Kapazität von knapp 1500 Personen, hörte man nur ganz selten ein Wort Niederländisch. Damit wurde aus dem Auswärtsspiel somit ganz schnell ein 'Heimspiel im Ausland'. Punkt 20.00 Uhr betraten dann, nach einem witzigen Intro mit Hawaii-Musik, die Radio Dead Ones die Bühne und boten knapp 30 Minuten Punk'n Roll der gefälligen Sorte mit einem sehr guten Sound. Zum Ende hin ging das zunächst noch etwas verhalten reagierte Publikum gut mit und so konnte die Band, ebenfalls aus Berlin und Kumpels der Beatsteaks, ihren ersten Auftritt in Amsterdam als Erfolg verbuchen. Auch das Einstreuen von Coversongs wie " It Must Be Love" von Madness oder " Don't Let Me Down" der Beatles kam gut an. Ich jedenfalls habe schon jede Menge schlechtere Vorbands gesehen.
Der Wahnsinn aus Berlin
Was dann nach knapp 30 Minuten Umbaupause im Melkweg abging, lässt sich selbst für einen erfahrenen Konzertbesucher wie mich nur schwer in Worte fassen. Es war einfach einer dieser Abende, an dem alles, aber verdammt noch mal alles passte. Nach dem witzigen Intro "Raumpatrouille Orion" (aus der alten TV-Serie) sprang die Band förmlich auf die Bühne und legte mit den ersten drei Songs schon mal einer genialen Start hin ("Atomic Love", der Hit "Hand in Hand" und das begeistert mitgesungene "Monster"). Doch nach diesem Start ging es nach kurzer Begrüßung (trotz des erwähnten Heimvorteils blieb man bis zum Schluss aus Höflichkeit beim Englisch) sofort druckvoll weiter. "Hello Joe", "Panic" oder "Jane Became Insane" wurden gnadenlos abgefeiert. Einzig die diversen Stagediver fanden nicht gerade den Anklang von Frontmann Arnim Teutoburg-Weiß der dies mit »Please stop stagediving. This is so old-fashioned-90s-like« auch entsprechend kommentierte.
Wir haben da was vorbereitet
Was die Beatsteaks von anderen Bands unterscheidet ist die Tatsache, dass man die Spielfreude des Quintetts jederzeit spürt und dass die Band sich immer was Besonderes ausdenkt und nie ihr Programm in 08/15-Manier abspult. So gab es neben der sehr coolen Coverversion des alten Undertons-Klassikers "Teenage Kicks" auch noch einen weiblichen Gesangsgast aus dem Publikum und Andrea machte ihre Sache ausgezeichnet. Sie 'rotze' in knapp 1:30 Minuten "Not Ready To Rock" wie ein Profi hin und sowohl Band als auch Publikum war schwer beeindruckt. Neben dem von Gitarrist Peter Baumann und Publikum gemeinsam gesungenen "Hey Du" (im Original aus dem Musical "Linie Eins") waren sicherlich das bekannte " I Don't Care As Long As You Sing" und das abschließende "Hail To The Freak" die Höhepunkte des regulären Sets, was aber ansonsten auch nicht minder an anderen Highlights war.
Geht da noch was?
19 Lieder hatte man schon der Meute gegeben, aber die war noch lange nicht satt und brüllte die Band wieder zurück auf die Bühne. Nach der lauthals mitgesungenen Coverversion des alten Reggae-Klassikers "Red Red Wine" (im Original übrigens nicht von UB 40, sondern von Neil Diamond) gab es "Big Attack" und dann endlich das von allen Anwesenden ersehnte "Let Me In", bei dem sich im Mittelteil das Publikum komplett (!!) auf den Boden kniete und auf Zeichen von Sänger Arnim hochsprang und laut losschrie. Wahnsinn und Energie pur!! Amsterdam hatte aber immer noch nicht genug und es gab noch zwei Zugaben inkl. "Cut Off The Top", in das sehr geschickt der alte Pet Shop Boys-Hit "West End Girls" mit verwurstet wurde.
Nach 24 Liedern und knapp 100 Minuten Adrenalin pur war dann Schluss im altehrwürdigen Melkweg. Als Schlussworte kann ich nur dem Zitat von Arnim beipflichten: »Amsterdam - What A Night!!«. Das sagt eigentlich alles. Ein Abend für die Ewigkeit. Danke.
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