Bebe / Un Pokito De Rocanrol
Un Pokito De Rocanrol Spielzeit: 44:01
Medium: CD
Label: EMI, 2012
Stil: Rock, Punk, Alternative, Latin Pop

Review vom 24.03.2012


Günther Klößinger
Wer oder was ist, bitteschön, denn Bebe? Hierzulande noch ein Geheimtipp, ist die 1978 in Valencia als María Nieves Rebolledo Vila geborene Sängerin und Schauspielerin in Spanien ein Superstar. International nahm ihre Reputation im Musikbusiness durch den Erhalt eines der renommiertesten Music Awards etwas zu, doch noch immer ist sie hierzulande eher ein Insidertipp - immer etwas im Schatten einer höchst populären Kollegin - denn: Wer würde bei einer Grammy-Preisträgerin aus dem Bereich Latin nicht augenblicklich an Shakira denken?
Damit ist im Falle von Bebe aber allerhöchstens ein grober Wegweiser aufgestellt - die Spanierin, in ihrer Heimat ein gefeierter Star, zeigt mit offenkundiger Kratzbürstigkeit, wo es langgeht. Kein medienkonform weichgespülter Popsound dröhnt hier aus den Boxen, und der Titel der CD ist eine glatte Untertreibung: 'Ein bisschen Rock'nRoll'? Die Intensität der vorliegenden Aufnahmen kommt, trotz ausgeklügelter Studioproduktion, wie live herüber. Bebe jagt ihre Stimme mit ungestüm durch die elf Songs und singt, was Sache ist. So unverblümt, wie sie daher kommt, nimmt es nicht wunder, dass sie in Spanien als Sprachrohr der Frauen, aber auch der Unterprivilegierten gilt. Die Arrangements geben sich ebenfalls aggressiv - die Grundhaltung erscheint punky.
Stilistisch geht die Sängerin und Schauspielerin auf ihrem neuesten Werk aber weit über die Grenzen des Iro- und Nadel-Universums hinaus. Klar - in einer spanischen Produktion dürfen Flamenco-Anklänge nicht fehlen, aber ansonsten wird gerockt, gerappt und auch mit schrägem Elektro Pop kokettiert. Herrlich dreckig schrammt die Gitarre immer haarscharf am rebellischen Image entlang, die Keys verbreiten keinen Instant-Weichspüler-Sound. Eher schon dröhnt man mit dem Brachialgeschepper der Drums um die Wette. Soundtrack für weniger romantisches Kopfkino - hier befinden wir uns im Hier und Jetzt einer ungeschönten Realität. Trotzdem: kein Dauerfrust. Power als Lebenskraft - das könnte die Devise dieser elf Nummern sein.
Die ungebremste Ausdruckskraft Bebes reißt mit, wühlt auf. Schade, dass mein spanisch nicht ausreicht, um die Lyrics wirklich nachvollziehen zu können. Doch eins ist klar: Bebe präsentiert Spanien nicht als harmonisches Touri-Paradies. 50 % Jugendarbeitslosigkeit, Unterdrückung der Frau noch im 21. Jahrhundert, soziale Misstände - dieser gesellschaftliche Sprengstoff liefert den Quell für die sprudelnde Kreativität der Musikerin. Vergleiche fallen schwer - Bebes aggressive Songs sind von einzigartiger Originalität und definitiv nichts für beschauliche Dia-Abende vom Spanienurlaub. Mit "Sabras" allerdings zeigt die Powerfrau sich durchaus auch mal von ihrer sanften Seite. Hier moduliert sie durchaus mit melancholischer Gefühlstiefe, doch bereits im nächsten Song rotzt sie mit ihrer Rockröhre wieder ungezügelt los.
Fazit: Eine faszinierende Frau mit vielen Gesichtern. Es ist zu hoffen, dass sie nicht nur in Spanien ein Star bleibt.
Line-up:
Bebe (vocals)
Vincent Taeger (drums, electronic Drums, percussion, xylo, harp)
Ludovic Bruni (el. + ac. guitars, bass guitar)
Renaud Letang (keyboards, analog synths, electric guitar, percussion)
Tracklist
01:ABC
02:Adiós
03:Me Pintaré
04:Sabras
05:Compra / Paga
06:Mi Guapo
07:K.I.E.R.E.M.E.
08:Der Pelo
09:Qué Carajo
10:Tilín
11:Yo Fumo
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