Nachdem die Rüpel-Popper von Oasis endgültig getrennte Wege gehen, denkt jeder, dass der Brit Pop seine besten Zeiten hinter sich hat. Dass man aber nicht zwangsläufig aus dem Mutterland besagter Stilrichtung kommen muss, um gleichwertige Musik abzuliefern, zeigen die Becquerels, die südlich des Weißwurstäquators, im schönen München angesiedelt sind. Newcomer sollte sie niemand nennen, denn die fünf gestandenen Musiker haben bereits ausreichend Erfahrung in anderen Bands gesammelt, und sich dann im vergangenen Jahr zusammengefunden. Dass dabei leider nur eine EP mit sechs Songs als Debüt herausgekommen ist, kann man als einzigen negativen Punkt anführen. Ich finde es schade, denn in den Becquerels steckt ein enormes Potenzial. Aufmacher der dreifach klappbaren CD-Hülle ist eine Szene, die jedem Italo-Western entsprungen sein könnte, und die sich im Inneren durch schöne Zeichnungen mit Wild-West-Motiven fortsetzt. Würde man sich die Dalton-Gang im Outfit der Sechziger Jahre vorstellen, dann ist das Bandfoto sehr treffend. Diese merkwürdige Angewohnheit, sich den gleichen Nachnamen zuzulegen, in diesem Fall den Bandnamen, finde ich allerdings überholt und nur noch kitschig. Vielleicht gehört dieser Kitsch noch zum Brit Pop dazu und ist nur an mir vorbeigegangen. Wie auch immer, die Musik ist entscheidend, und die ist richtig gut.
Der Altmeister der Westernmusik, Ennio Morricone hinterlässt auf dem ersten Song der EP "Varmints On The Run", was so viel bedeutet wie 'Gerissene Schurken auf der Flucht', deutlich seine Handschrift. Ein frischer Wüstenwind begrüßt den Hörer, und man fühlt sich sofort in die Zeit versetzt, die das Cover suggeriert. Akustische Gitarren leiten einen stark Country-angehauchten Song ein, der sehr angenehm rüberkommt. Wie in einem guten Western darf aber auch die Spannung nicht fehlen, und so steigert sich "On The Run" ab der Mitte enorm, und treibt die Gang mit fetten Stromgitarren in Richtung Sonnenuntergang. Ebenso flott geht es bei "Don't Go For It" weiter. Alles klingt inzwischen wirklich nach Pop aus der guten alten Zeit. Diese Facette der Band zeigt die Seite, mit der sie angekündigt ist: schneller geradliniger und erfrischender Pop. Der Gesang leicht mit Hall unterlegt, und die Gitarren mit dem Sound, den schon die vielen musikalischen Helden des vergangenen Jahrhundert benutzt haben.
"Peggy Sue" schreit um ihr Leben, und rennt von dannen in dem Tempo, mit dem der dritte Song der EP präsentiert wird. Die Dame wurde ja schon in einigen Liedern zum Opfer, und erhält hier durch die Becquerels noch einmal eine Hommage. Der Song ist sehr gut und spielt sich musikalisch ebenfalls wieder in den Sechzigern ab. Einen krassen Einschnitt bietet "I Beg Your Pardon". Möchten die fünf Musiker etwa um Entschuldigung bitten, dass sie wieder im Wilden Westen Zwischenstopp machen? Müssen sie nicht, denn der Song beginnt zwar am Lagerfeuer, endet aber in der Carnaby Street, dort wo sich die vielen kleinen Geschäfte im Herzen Londons befinden, in denen immer noch die Kultur der Flower Power hochgehalten wird. Dort endet auch die kurze Reise der fünf Brit-Popper mit zwei weiteren Titeln des Genres. "You Don't Know" und "Weird Night", sind schnell, geradeaus, und purer Hörgenuss. Die angenehmen Stimmen der Vokalisten tragen viel dazu bei, dass absolut nichts nervt. Hinzu kommt, dass sich alle Musiker dezent zurückhalten. Die Keyboards arbeiten nur leise im Hintergrund und keine Gitarre benötigt kein minutenlanges Solo um zu sagen 'hier bin ich'. Die Scheibe lädt unbedingt dazu ein, sie öfter zu hören, und es ist, wie ich anfangs bereits erwähnte, schade, dass nicht mehr zu hören ist. Wer sich gut unterhalten möchte, dem sei eine absolute Kaufempfehlung ausgesprochen. Weiter so, meine Herren Becquerels
Line-up:
Mel Becquerel (vocals, guitar, keyboards)
Sir Mikesch Becquerel (vocals, guitar, keyboards)
Danger Mic Becquerel (vocals, guitar)
Joe Becquerel (vocals, bass)
El Rabinato Becquerel (vocals, drums, percussion)
Tracklist |
01:On The Run
02:Don't Go For It
03:Peggy Sue
04:I Beg Your Pardon
05:You Don't Know
06:Weird Night
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