Enrico Werner war mir bisher so bekannt wie der Obstlieferant der Lebensmittelabteilung des Berliner Edelkaufhauses KaDeWe. Vom kurz gehaltenen beigefügten 'Waschzettel' des Albums "Of Ghosts And Travelers" vernehme ich, dass er der Kontaktmann einer Karlsruher Band ist, die kurz und knapp auf den Namen Bender hört. Um mir ein musikalisches Urteil zu erlauben, hat er mir ihre EP mit einer Spiellänge von einer knappen halben Stunde zugesandt.
Wow! Das Eröffnungsteil der Platte, "Travelin Man", schiebt ohne große Anlaufschwierigkeiten volle Kanne voraus, dabei erinnern mich Marius' Gesangseinlagen an eine der bekanntesten und besten Rockröhren der Gegenwart, Axl Rose. In der Tat, der Mann hat richtige Eier, glänzt auf dem ganzen Album mit röhrenden Textvorträgen und ist eine sehr wichtige, tragende Säule ihres Songmaterials! Da die Instrumentalisten, ob Stromklampfen-Experte Benedikt, Tiefton-Zupfer Enrico oder Schlagzeug-Spezialist Freddai, allesamt über ein grundsolides handwerkliches Können verfügen, ermöglicht es ihnen einen sehr ordentlichen Arbeitsnachweis abzuliefern.
Besonders Benedikt zelebriert tolle Gitarren-Soli, beweist dabei ziemlich oft, welch richtig guter Klampfer er ist. Gerade wegen seiner Soloattacken mischt er eine gehörige Portion Blues Rock in das Hard Rock-Menü der Band. Kein Wunder, denn die Rhythmusfraktion in Form vom Basser Enrico und Drummer Freddai sorgen für eine tolle Grundlage ihres Notenmenüs, auf der sich der Lead-Gitarrist bestens austoben kann.
Song Nummer drei "Lonely Road" könnte sich zu einem wahren Ohrwurm herauskristallisieren, eignet sich hervorragend als Anspieltipp und vermittelt abermals die Dynamik, die die Band an den Tag legt. Und wieder, man beachte auch bei diesem Track die gute Fingerfertigkeit des Gitarristen.
"Long Time" ist anhand der Spiellänge von 3:12 Minuten zwar kein Longplayer, trotzdem kann auch das Teil bei mir Eindruck schinden. Zum wiederholten Male wandert der legendäre Axl Rose durch meine Gedanken und wer weiß, vielleicht ist er mit Marius auf irgendeiner Weise verwandt.
Nun macht sich bei mir so langsam eine Enttäuschung breit, aber auch nur, weil ich mich mittlerweile schon in der zweiten Hälfte befinde. Dass meine Glückshormone weiterhin aktiv bleiben, dafür sorgt "Prison". Klasse! Das Teil scheppert mit reichlich Metal-Einschlag aus den Boxen und Benedikt glänzt diesmal als wahrer Gitarrenflitzer.
Mit "Crucified" folgt ein spitzenmäßiges Blues Rock-Teil, wobei sich das Stück wegen seiner Power immer am Rand des Hard Rock bewegt. Und bevor sich mein Adrenalin vor Begeisterung kaum noch regulieren lässt, beruhigt mich die süddeutscheTruppe mit "Easy Riding", einer astreinen Ballade, die leider mit gut vier Minuten etwas zu knapp ausfällt.
Was bleibt festzuhalten? Ich freue mich scheckig, denn ich hab mal wieder ein tolles No-Name-Album abgegriffen, das meine Erwartungen bei Weitem übertroffen hat. Der 'Zwillingsbruder' von Axl Rose, Marius, ist eine Rockröhre, der sich in jeder renommierten Rockband behaupten könnte. Der zweite Garant für eine viel versprechende Karriere ist Gitarrist Benedikt und der dritte entscheidende Erfolgsbaustein könnten ihre selbstgeschneiderten Songs sein. Ich habe die Band jedenfalls fett in meinem Notizbuch unterstrichen und werde ihren weiteren Weg sehr genau beobachten. Also: Reinhören - nicht lange überlegen - und kaufen!
Line-up:
Marius (vocals, guitars)
Benedikt (vocals, guitars)
Enrico (vocals, bass)
Freddai (drums, percussion)
Tracklist |
01:Travelin Man (4:11)
02:My Ghosts (3:59)
03:Lonely Road (5:17)
04:Long Time (3:12)
05:Prison (3:28)
06:Crucified (4:36)
07:Easy Riding (4:04)
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