Beoga / Live At 10
Live At 10 Spielzeit: 68:34
Medium: CD/DVD
Label: Compass Records, 2013
Stil: Irish Folk

Review vom 30.12.2013


Günther Klößinger
Rezession, Wirtschaftskrise, Bankencrash und weitere Flops regieren die Weltpresse. Werteverfall von Euro und Dollar fordern ihren Tribut und so rauschen wir mal wieder auf die große, endgültige Depression zu. Die Frage, wie man seine sauer verdienten Kröten zumindest mit einem Minimalzins sichern kann oder die Gunst der Finanzheiligen DAX und Dow Jones erwirken könnte, treibt Otto Normalanleger von Alptraum zu Alptraum. Immer klarer wird: Knete ist nicht wertbeständig, und dennoch bleibt das Wall Street Journal ein wichtiger Ratgeber für eine glücklichere Zukunft. Bereits im Jahre 2013 bezeichnete es Beoga als »eine der aufregendsten jungen traditionellen Bands, die Irland je hervorbrachte«. Und damit hat die Brokerpresse unzweifelhaft Recht.
In ebendiesem Jahr hatte die Gruppe ihr Album "The Incident" veröffentlicht und erhielt postwendend eine Nominierung für den Grammy als beste Scheibe aus den Gefilden der World Music. Seit der Gründung im Jahre 2002 räumten Beoga nicht nur in ihrer Heimat Irland ab - die ausufernden Tourneen führten das Musikerkollektiv über den ganzen Globus und ihre Gastspiele waren allerorts stets umjubelt. In Deutschland wurde ihre Popularität vor allem durch Auftritte im Rahmen des renommierten Irish Folk Festivals begründet. Und ebenso wie richtig gute Rockmusik ist auch Irish Folk ein Genre, das vor allem live gut rüberkommt. Waren Beoga-Alben stets Kritikerlieblinge und wurden mit Auszeichnungen der weltweiten Musikpresse regelrecht überschüttet, so überzeugt die Gruppe aus Nordirland jedoch vor allem, wenn sie die traditionelle Musik der grünen Insel auf die Bühne bringt.
Diese Magie ist nicht gerade leicht zu konservieren, aber wirklich gelungene Livealben können schon einen Eindruck über die Qualitäten einer Band vermitteln. Ums gleich vorweg zu sagen: "Live At Ten" schafft das spielend. Die gute Stimmung der Musiker überträgt sich unmittelbar auf den Zuhörer. Wer die Augen schließt, ist mitten im Geschehen. Wer sie lieber offen hat, kann die beigefügte Bonus-DVD genießen, die die gleiche Tracklist aufweist wie die CD, aber noch einen Tick mehr Konzertfeeling vermittelt und auch die ein oder andere Ansage nicht ausspart.
Beoga feierten mit einem rauschenden Konzert ihr zehnjähriges Bühnenjubiläum. Dem Anlass angemessen, luden die fetzigen Folkies noch eine Menge befreundeter Musiker ein, bei diesem Auftritt zu gastieren. Das Ergebnis: Ein mitreißender Trip durch die irische Musik. Atemberaubend virtuos gespielte Jigs und Reels wechseln sich mit bewegenden Songs ab. Nun ist die irische Musik ja eine sehr europäische Tradition zwischen der Urgewalt nordischer Naturmystik und der Melancholie nebelverhangener Inselküsten, versehen mit einem guten Schuss ausgelassener Lebensfreude. Groove und Swing sind nicht unbedingt prägende Stilmerkmale, doch Beoga reichern die Klänge ihrer Heimat vorsichtig mit genau diesen Elementen an. Allerdings geschieht das sehr feinfühlig und behutsam. Hier wird nicht der große Fusionhammer geschwungen, vielmehr setzt vor allem Liam Bradley am Piano zurückhaltend, aber wirkungsvoll Akzente und lässt ursprünglich eher straighte Tanzweisen groovy swingen. Allerdings würde es ein schiefes Bild von der Musikalität dieser Combo zeichnen, wollte man einzelne Instrumentalisten herausstellen. Alle Beteiligten brillieren auf ihren Klangkörpern und Virtuosität paart sich hier kongenial mit Feeling. Auch in der erweiterten Jubelbesetzung dieses Konzerts ist der Gesamtklang familiär und wirkt zu keiner Minute überladen.
Zu guter Letzt trägt noch das bestens gelaunte Publikum dazu bei, dieses Album zu einem grandiosen Parforceritt zu machen. Echt schade, nicht live dabei gewesen zu sein - aber umso schöner, dass man dank dieser Veröffentlichung noch an der Feierlaune der Vorzeige-Folkies teilhaben kann. Bleibt nur noch, Beoga alles Gute für die nächsten Jahre zu wünschen, und bei "Live At Twenty" wäre ich dann doch zu gerne in persona anwesend. Mal sehen, in welchen Krisen sich die Welt dann befinden wird - in diesem speziellen Fall vertraue ich bei anhaltenden Horrorprognosen jedoch ausnahmsweise einmal dem Wall Street Journal, denn die Silberreserven dieser Scheibe sind zeitlos und gegen jeden Werteverfall gefeit! Diese Musik wird noch in Jahren für beste Stimmung sorgen, wenn DAX und Dow Jones wieder mal nur für lange Gesichter sorgen.
Line-up:
Damian McKee (accordion)
Sean Og Graham (button accordion, guitar)
Liam Bradley (piano)
Eamon Murray (bodhran)
Niamh Dunne (vocals, fiddle)

Guests:
Alan Doherty (flute, whistles)
Bríd Dunne (fiddle, viola)
Brona Graham (banjo)
Trevor Hutchinson (double bass)
Martin O'Neill (drums, percussion)
Niall Vallely (concertina)
Clodagh Warnock (fiddle)
Tracklist
CD:
01:B/C Set
02:Woman Of No Place
03:Mischief
04:Soggy's
05:Dolans 6am
06:Our Captain Calls All Hands
07:Prelude Polkas
08:Flyfi Shing
09:Factory Girl
10:Kick'n The Box
11:Antics
12:Home Cookin'
13:Bellevue Waltz
14:Exploding Bow
15:Boxy Set
16:Ballymacaldrick
17:Please Don't Talk About Me
18:Bodhrán Solo
19:A Lovely Madness
20:Cu Chullain's Despair
DVD:
Tracks 01-20 mit CD identisch
22:2002 Debut Concert Highlights - Beoga Video Tour Diaries
Externe Links: