Dass Musik eine universelle Sprache ist, die überall auf der Welt verstanden wird, ist ja nichts Neues. Dieser Satz trifft vermutlich aber auf keine Band besser zu, als auf die Black Crowes.
Wo andere Leute behaupten es wäre verrückt, zu einem Konzert in ein anderes Land zu fliegen, ist das bei den Krähen was ganz Normales. Vor allem seit sie sich in Europa so rar gemacht haben. Für gerade mal drei Shows zieht es die sechs Männer und zwei Background-Sängerinnen auf den Kontinent, neben einem Festivalbesuch in Spanien auch wieder nach Amsterdam und eben London.
Um Punkt 19.00 Uhr Greenwich Time an der Brixton Academy, welche mittlerweile auch O2 gehört, angekommen, ist auch schon einiges los und die Jünger der Black Crowes stürmen die von außen schon wunderschöne Halle. Hier bereits das erste Lob an die Securities, denn trotz Karten scannen und abreißen, verläuft hier alles mehr als reibungslos, so dass wir die Halle schon nach zehn Minuten betreten konnten.
Zielstrebig wird sogleich der Merchandise-Stand mit den heiß begehrten und sehr schönen Tour-Shirts aufgesucht und natürlich sofort eins gekauft! So bewaffnet kann jetzt endlich die, auch von innen, wunderschöne Halle betreten werden, in der bereits viele Leute mit Vorfreude warten. Sofort geht's zur Bühne vor, wo schon viele Fans stehen, es aber immer noch genügend Platz gibt.
Was man bereits über einige Internetseiten oder Foren lesen konnte, wird jetzt bestätigt. Hier handelt es sich zwar um ein Konzert in England, aber garantiert nicht nur für englische Zuhörer. Man trifft Spanier, Franzosen, Fans aus Deutschland oder Israel, etc. Dieses Treffen verschiedener Kulturen könnte friedlicher und freundlicher nicht ablaufen, jeder macht Platz für den anderen. Man träumt von anderen Zeiten, tauscht Erinnerungen aus und wartet voller Vorfreude auf den Beginn des Konzerts.
Endlich, 20.30 Uhr, die Halle wird dunkel, die Bühne ist in dunkelblaues Licht getaucht und Schlagzeuger Steve Gorman fängt leise an sein Instrument zu bearbeiten, bis die Band komplett ins Intro einsteigt: "No Speak No Slave"! Für viele ist das der perfekte Opener und die Halle tobt, tanzt und singt. Chris Robinson, vielleicht einer der letzten wirklich charismatischen Frontmänner, ist toll bei Stimme und Luther Dickinson, der seit ca. einem Jahr in der Band ist, spielt das erste Gitarrensolo des Abends. Gegen Ende nimmt das Stück an Tempo zu und man merkt sofort, dass die Band äußert gut gelaunt und mittlerweile auch wesentlich besser eingespielt ist!
Als zweites folgt "Gone", eine etwas langsamere, aber groovige Nummer vom "Amorica"-Album. Rich Robinson und Luther spielen perfekt zusammen, die Schlagzeugbreaks sind exakt und Chris schreit sich die Seele aus dem Leib.
Nach einer Verschnaufpause von maximal einer halben Minute erklingt das Intro von "Twice As Hard". Jubelschreie, nicht nur bei mir. Drei Songs von drei verschiedenen Alben bis jetzt, wenn das mal keine Abwechslung ist! Richs Slide-Gitarre ist vielleicht ein kleines bisschen zu leise, was aber kaum stört. Ansonsten haben die ersten drei Nummern die Richtung, die das Konzert gehen sollte eindeutig gezeigt: Freak'n' Roll der Marke (sehr) gute Laune!
Die vielen Chris Robinson-Klone mit ihren (wegen ihres Idols) ungewaschenen Haaren, strahlen. Nach einer kurzen Begrüßung an die »Rock'n'Roll-People« folgt die erste ruhige Nummer, die jeder schon an den ersten Akkorden von Rich erkennt: "Sister Luck" vom "Shake Your Money Maker"-Album. Luther spielt wundervoll melodiöse Läufe und Chris singt das Stück wahnsinnig gefühlvoll: Gänsehaut!
Als nächstes folgt "Movin' On Down The Line" von der aktuellen Platte Warpaint. Nach dem psychedelischen Intro folgen die hymnischen Lyrics »It's alright sisters, it's alright brothers!«. Schön ist, dass auch die neuen Nummern mit heller Freude aufgenommen werden. Von neu zu ganz alt: "How Could I've Been So Blind". Auch hier ist Chris wieder super bei Stimme und beim Refrain ist fast die ganze Halle mit dabei. Wieder tolle, bluesige Rock'n'Roll-Soli von Luther. Von ganz alt zu super neu! Chris erzählt, dass sie gerade ihr neues Album fertig geschrieben haben, welches sie Ende dieses Jahres veröffentlichen und von dem sie jetzt schon eine neue Nummer spielen werden. "I Ain't Hiding" heißt das neue Stück und verwirrt anfangs einige der Fans, denn der Beat erinnert ein wenig an einen Bonnie M.-Track. Aber je länger das Lied dauert, desto mehr groovt es und kommt letzendlich auch gut an.
Es folgt die entspannende Hymne "Whoa Mule" vom "Warpaint"-Album mit Chris an der Mundharmonika, Rich mit Akustik- und Luther mit Slide-Gitarre. Auch Steve sitzt jetzt vorne an der Bühne und trommelt auf zwei Kongas. Eine intime Lagerfeuer-Atmosphäre in einer Halle für ca. 5000 Leute! Traumhaft!
Was dann kommt ist für viele, mich mit einbezogen, das Highlight des Konzerts: Ein Schlagzeugintro, welches an When The Levee Breaks erinnert und die Band beginnt mit "Wee Who See The Deep", ebenfalls von "Warpaint". Dieser kraftvolle Blues Rock mit typischem Black Crowes-Refrain funktioniert einfach perfekt. Richs Riffs und Luthers Soli treiben das Lied ebenso voran, wie Chris' Stimme. Der Song baut sich weiter und weiter auf, beide Gitarren spielen gegeneinander Soli, die nach einiger Zeit verstummen und die Band in einen psychedelischen Jam übergehen lässt, den Pink Floyd nicht besser hinkriegen könnte! Aus Blues Rock wird Space Rock vom allerfeinsten. Einer der tightesten und abwechslungsreichsten Jams überhaupt!
Nach ca. 15 Minuten findet sich die Band in dem "Bolero"-artigen "Take Off The Future" wieder, wundervolle Twin-Lead Gitarren, die langsam leiser werden, um schließlich direkt in das bezaubernde Intro von "Thorn In My Pride" überzugehen! DER Moment des Konzertes! Die Halle ist aus dem Häuschen und die Jünger strahlen über das ganze Gesicht. Wieder ein ausgedehntes, tolles Solo von Luther, welches direkt in ein Schlagzeugsolo von Steve übergeht. Dann kurz Stille, Chris' Mundharmonika ertönt und es folgt der "Bumble Bee"-Blues Jam, welcher letzendlich wieder in "Thorn In My Pride" endet! Auch dieser Song endet nicht vor 15 Minuten!
Wow! Sowas kriegt man heute nur noch ganz selten zu sehen.
Um etwas zu entspannen, kommt jetzt "She Talks To Angels", wieder vom ersten Album und ebenfalls eine Hymne, wie man an Hand der mitsingenden Brixton Academy hören kann!
Um die melancholische und traurige Stimmung dieses Songs wieder loszuwerden, folgt gleich darauf ein Paket guter Laune-Nummern: "Soul Singing", "Stare It Cold" und "Goodbye Daughters Of The Revolution" und einer DER Black Crowes-Nummern schlechthin, "Hard To Handle"! Erstaunlich wie tight, diese Nummer auch nach 20 Jahren immer noch klingt. Chris tanzt, das Publikum tanzt: Rock'n'Roll pur!
Danach verlässt die Band die Bühne, kehrt aber nach vielen lauten »More«-Rufen schnell wieder zurück.
Die erste Zugabe ist, wie schon in Amsterdam einige Tage vorher, eine alte Yardbirds-Nummer: "Shapes Of Things". Wunderbar interpretiert, es klingt als wäre dieses Lied schon immer ein Black Crowes-Stück gewesen.
Als allerletztes folgt erneut was vom ersten Album, "Thick N' Thin"!
Noch einmal geben Band und Publikum alles. Aber danach ist nach exakt zwei Stunden Schluss.
Die Academy war verzaubert von diesen acht Menschen auf der Bühne, die eine Musik spielten, wie sie ehrlicher nicht sein konnte und direkt ins Herz ging.
Das war das friedlichste, fröhlichste und familiärste Konzert, das man erleben kann. Denn hier trafen sich Vertreter verschiedener Länder aus einem anderen Grund als Krisen und Krieg:
Nämlich ihrer Liebe zur Musik und den Black Crowes.
Love & Peace!
Setlist:
No Speak No Slave
Gone
Twice As Hard
Sister Luck
Movin' On Down The Line
Could I've Been So Blind
I Ain't Hiding
Whoa Mule
Wee Who See The Deep>
Jam>
Take Off The Future>
Thorn In My Pride>
Jam>
Thorn In My Pride (Reprise)
She Talks To Angels
Soul Singing
Stare It Cold
Goodbye Daughters Of The Revolution
Hard To Handle
Encore:
Shapes Of Things
Thick N' Thin
Externe Links:
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