Nur weniges kann saurer als das Leben sein.
Black Tops pH-Wert tendiert offensichtlich gegen Null - Mann hat viel erlebt:
»I've never been to Memphis, Lincoln, Tennessee
But I've been to the bottom of the bottle
And I still walk straight, you see...«
heißt es im Opener "Never Been". Da scheint so mancher der drei Herren den Dreck der Straße gefressen zu haben und genauso schmutzig, wütend und fies, teilweise auch finster kommt die Musik herüber; herausgerotzt scheint der richtige Terminus zur Charakterisierung zu sein. So oder so ähnlich glaubt man es schon bei den
Suede Brothers,
Rufus Huff,
Voodoo Johnson oder
Raging Slab gehört zu haben.
"Sour Milk" lässt sich am besten mit einem Four-Wheel-Ausritt vergleichen, allerdings nicht in irgendeiner japanischen 'Suppenschüssel', sondern stilecht in einem Hummer - also: Musik voll auf die Zwölf! Wer filigrane Mätzchen erwartet, ist fehl am Platze - wer auf dreck'n'speckigen Power Blues im Trioformat steht, bekommt die Vollbedienung. Hier liegt aber auch der Schwachpunkt dieser Scheibe: Wenn Black Top öfters einmal die musikalische 'Gangschaltung' - sprich: etwas mehr Abwechslung - benutzt hätte, wäre der Gesamteindruck bestimmt noch besser ausgefallen. Den sehr gefälligen Midtempo-Blues "Don't Come Around" hätte man also statt am Ende besser in der Mitte von "Sour Milk" platziert. Aber das ist Meckern auf relativ hohem Niveau...
Drei Lieblinge haben sich, neben dem bereits angesprochenen "Don't Come Around", schnell herauskristallisiert: "Lovesick Junky", "Big Ego" und "Good Ones" - hier groovt es gnadenlos und 'glühend'. "Lovesick Junky" knallt unter dem Motto
»take no prisoners« ebenso simpel wie griffig vorwärts. Bei "Big Ego" 'qualmen' die Gitarren, als würde man eine verschärfte Version von "Goin' Down" - so wie es Landsmann
Rob Orlemans drauf hat - hören. "Good Ones" steht exemplarisch für all die kompakt-knackig und Gitarren-orientiert arrangierten Songs, allesamt mit sehr guten Vocals und Hooks im Refrain ausgestattet, auf "Sour Milk".
Saure Milch spuckt man schlechtestenfalls aus. Diese musikalische 'Buttermilch' aus Holland garantiert nicht. Black Top spielt eine Mucke, die garantiert jeden Blues-Club zum Kochen bringt und hier liegt auch die große Stärke von "Sour Milk": Die Songs dürften live gnadenlos zünden!