Die Schöne und der gar nicht Biestige
Die Gitarrenlegende Ritchie Blackmore hat sich nach dem wohl endgültigem Ausstieg bei Deep Purple komplett seinem Mittelalterprojekt Blackmore's Night verschrieben, was er bereits seit knapp 10 Jahren zusammen mit seiner Lebensgefährtin Candice Night mit wachsendem Erfolg betreibt. Seit einigen Jahren hat man den deutschen Hallen den Rücken gekehrt und spielt ausschließlich auf alten Burgen und Schlössern.
In diesem Jahr machte Herr Blackmore mit Band im Rahmen der traditionellen Sommertour u.a. auch in der historischen Burg Linn in Krefeld Station. Wie so oft im Sommer 2006 war auch an diesem schönen Sonntagabend optimales Freiluftwetter angesagt. Die Voraussetzung hätten also nicht besser sein können.
Die Weiber mit den Flöhen
Bevor jedoch der große Meister mit seiner Lebensgefährtin das Krefelder Publikum erfreuen konnte, betrat
zunächst um Punkt 19.00 Uhr die deutsche Vorband Geyers die Bühne.
Im Gegensatz zu Herrn Blackmore, der Rock und mittelalterliche Musik mischt, gab es hier die pure Mittelalterkeule für das Publikum. Knapp 45 Minuten gab das Quartett höchst seltsame Lieder wie z.B. "Die Weiber mit den Flöhen" zum Besten, was auch nur mit Höflichkeitsapplaus goutiert wurde. Mein toleranter Musikgeschmack wurde auf eine harte Probe gestellt, denn was die mit diversen Flöten und Pauken besetzte Gruppe darbot, war wirklich nur etwas für eingefleischte Anhänger von mittelalterlichem Liedgut. Erst beim letzten Lied, dem allseits bekannten "Was wollen wir trinken (Bekannt durch die Version der Band Bots Anfang der 80er), kam etwas Stimmung auf. Not my cup of tea.
Wer ist hier der Rockstar?
Um kurz nach 20.00 Uhr betraten dann standesgemäß die beiden Protagonisten durch ein altes Burgtor kommend die Bühne. Schon vom ersten Song an sah man, wie die Rollen verteilt waren. Ganz klar Mittelpunkt des Abends war nicht etwa der bekannte Rockgitarrist und Vorbild vieler anwesenden Hobbyklampfer. Die charismatische Candice zog immer wieder die Blicke auf sich und die gute Dame sprühte nur so vor Lebensfreude. Ritchie hingegen wirkte wie immer zunächst etwas kauzig und hielt sich extrem im Hintergrund. Erst nach ein paar Sprüchen seiner Lebensgefährtin zum ständigen Gitarrenwechseln (Zitat: »Wie viele Gitarren braucht ein Mann? Ok, Ritchie sagt dann immer: Wie viele Paar Schuhe braucht eine Frau?«) taute er auf und man sah ihn sogar öfters lächeln.
Musikalisch lag der Schwerpunkt nicht nur auf dem aktuellen Album "The Village Lanterne", sondern es gab einen bunten Querschnitt aus allen Studioalben der Band. Während des Konzertes merkte man, wie viele Hits die Formation im Laufe der Jahre bereits im Live-Repertoire aufgenommen hat und so wurden Lieder wie "Under A Violet Moon", "Play Minstrel Play" und vor allem "Home Again" von den Fans begeistert mitgesungen.
Miraculix war auch da
Die Fans sind im Übrigen etwas ganz besonderes bei Blackmore's Night-Auftritten, denn die Band begrüßt es ausdrücklich, wenn diese in mittelalterlicher Gewandung kommen. So gab es von der normalen Jeans-Fraktion auch einige seltsame Blicke für die als Burgfräulein, Bauer oder gar Magier (ein älterer Herr mit langen weißen Haare hätte glatt als Miraculix im Asterix-Film mitspielen können) verkleideten Anhänger der Band, die dies aber mit Gelassenheit aufnahmen. »Leben und leben lassen« heißt hier die Devise für beide Seiten.
Diesen gewandeten Fans widmete Candice auch das Lied "Renaissance Fair", was darauf natürlich entsprechend abgefeiert wurde. Höhepunkt war sicherlich die akustisch gehaltene Neuinterpretation des Deep Purple-Evergreens "Child In Time". Deep Purple selber spielen das Lied schon viele Jahre nicht mehr auf Konzerten, da Sänger Ian Gillan die extrem hohen Töne nicht mehr trifft. Diesen Part haben beim Konzert in Krefeld die beiden Backgroundsängerinnen Nancy und Madeleine wirklich beeindruckend interpretiert, was auch mit Standing Ovations (war ein Sitzkonzert) belohnt wurde.
Der Meister packt die 'Strat' aus
Gegen Ende des Konzertes holte Ritchie des Öfteren seine bekannte Fender Stratocaster (kurz: Strat) raus und
so gelangen doch noch einige laute Rockklänge in den Krefelder Abendhimmel. Als erste Zugabe gab es dann eine wirklich grandiose elektrische Version von "Black Night" und die sonst eher sanft und anmutig singende Candice bewies, dass sie auch eine Rockstimme drauf hat. Das alles mit einem glasklaren und druckvollen Sound versehen machte dann nochmals richtig Spaß. Nach diversen Zugaben und einer Spielzeit von über 150 Minuten (!!!) war dann eigentlich Schluss mit mittelalterlichem Rocksound auf der Burg Linn.
Sängerin Candice hatte aber immer noch nicht genug und kam noch zu zwei
A-Capella-Nummern alleine auf die Bühne zurück.
Schöner Abend und dank der netten Burgkulisse im Hintergrund ergaben Bild und Musik eine sehr stimmungsvolle Einheit.
Bilder vom Konzert
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