Blueliners / Old Jack
Old Jack Spielzeit: 24:03
Medium: EP
Label: Eigenproduktion, 2012
Stil: Indie Rock

Review vom 12.11.2012


Ingolf Schmock
Unverbrauchte, marktunabhängigkeitsfröhnende und nahezu noch pubertierende Zeitgesellen, welche sich großmundig einer Genrezuordnung völlig verweigern und musikalisch gern auf mehreren Hochzeiten tanzen mögen, haben es anfänglich bekanntlich schwerer.
Das hier zu besprechende Dreiergespann aus dem musikalisch krautigen Mutterland jedenfalls startet mit seinen selbst gebastelten und aus reichlich Naivität geborenen Studioergüssen den ersten Versuch, das ländliche Schülerband-Image zu entkräften. So mag es für die blutjungen Möchtegerns auch keinerlei Hindernis darstellen, sich aus sauerländischer Provinzidylle und mit erstaunlicher Rockkompetenz-begüteter Antriebsstärke weltweit Gehör zu verschaffen.
Ganze vier Eigenkompositionen, welchen beim irrlichternen Erkunden aller schmutzigen Nebenstrassen garagiger Indie-Klampfen und Retro-Gedächtnis-Spielweisen, musikalisch mehr Eigenblut, anstatt ermattender Orientierungslosigkeit, wohl gut zu Gesicht stünden.
Das Resultat unterschiedlicher Einflüsse erschüttert dabei die formgebenden und etwas altbackenen Riff-Konstrukte in ihren Festen, beraubt die Musik jeder inhaltlicher Ausrichtung sowie jugendlicher Leichtigkeit. Was anfangs der rotzige Gestus kampfeslustiger Gitarren-Rebellen noch verspricht, kann der blässliche Keller-Pop samt hibbeliger Ska-Rhythmen und ein, zugegebenermaßen Paroli bietender, jedoch erzwungener Knödelgesang beim Nachschlag kaum halten.
Die Jungs von Blueliners bemühen sich zwar, im letzten Teil mit ihrem Faible für pointierte Melodien und leicht verschnörkelten Bolzrock in Personalunion aufzutrumpfen, vermögen es aber insgesamt kaum, das Ruder dieser stilistisch kunterbunten Pilgerfahrt auf Kurs zu halten.
Gleichwohl zeugt die Bewerbungs-EP von einem recht ordentlichen handwerklichen Können und von ihrer vorherrschenden Vorliebe für verschwitzten Kraftrock inklusive eines verschwindend kleinen Anteils Komplexität aus der Zeit ihrer Väter.
Für die durchaus dichte und mit einem wuchtigen Sound ausgestattete Produktion wird sich wohl auf Grund ihrer musikalischen Konfusität eine hörtechnisch gefestigte Zielgruppe schwer bestimmen und vom Indie-Etikett eher irritieren lassen.
Ich bescheinige diesem, übrigens mit einer recht ansprechenden und artifiziell gestalteten Verpackung ausgestatteten Mini-Debüt fünfzigprozentiges Potenzial und einen Mut machenden Durchhalte-Bonus.
Unsere frischblütigen Protagonisten sollten zukünftig allerdings das künstlerische Augenmerk und Inspirationsquell auf ihre spürbaren Stärken für kulminierende und mit Freigeist arrangierte Rotz-Rock-Komponenten richten oder ungebrochen am »unverkennbaren Stil« feilen.
Line-up:
Marcel Schneider (vocals, guitar)
David Drewitz (bass)
Marvin Lutterbüse (drums)
Tracklist
01:Old Jack
02:Travellers Song
03:Centipede
04:Dark Yellow Light
Externe Links: