Blues Caravan
16.01.2005, Harmonie, Bonn
Blues Caravan
Blues CaravanEine Blues Karawane zieht durch Deutschland. Sie machte am 16.01.2005 halt an einer Oase am Rhein. Dort wachsen zwar keine Dattelpalmen, dafür beherbergte sie lange Jahre Parlament und Regierung. Die Karawane brachte eine ansehnliche und wohlklingende Attraktion ins Harmonie nach Bonn - nämlich eine Blues/Bluesrock Show unter dem Motto - "Ladies Night".
Was bedeutete das genau?
Es bedeutete drei Damen, die ihren Blues zum Besten gaben - erst jede für sich und später in Bandformation. Unterstützt wurden sie dabei von zwei Herren, die eindeutig den schwersten Job hatten. Sie waren bis auf ganz kurze Pausen fast drei Stunden in einem Stück auf der Bühne in Action.
Der Basser Michael Griot spielte den Tieftoner bodenständig, songorientiert und ab und an auch mal funkig.
Einen absolut exzellenten Job machte Trommler Billy McClellan. Seine Hauptmimik bestand aus einem beständigen Grinsen. Er hatte Spaß bei der Arbeit und lieferte vielleicht auch deshalb eine tolle Rhythmik ab.
Blues CaravanAuch von den schwarz-weißen Tasten erhielten die drei Hauptakteurinnen Support. Keyboarderin Lisa Otey half sowohl Sue Foley als auch Candye Kane. Lisa Otey vermittelte absolute Spielfreude. Darüber hinaus erntete sie regen Zuspruch. Zum einen von den rund 200 anwesenden Zuschauern, zum anderen auch und insbesondere von Candye Kane. Immer wieder nahm die Sängerin breit lächelnd Blick- und Körperkontakt zu der Pianistin auf. Wenn so etwas nicht tiefe Sympathie ausdrückt, was dann?
Die Chemie auf der Bühne stimmte von der ersten bis zur letzten Minute. Was auch Ana Popovic entsprechend kommentierte. Mehr als eine Frau in der Band sei ihrer Ansicht nach eigentlich Mist, aber bei dieser Tour würde jeder Auftritt Happeningqualität entwickeln. Gut, es geht auch anders als Frau Popovic meint, siehe Heart, Girlschool oder Depeche Mode.
Blues CaravanLos ging es pünktlich um 19:00 Uhr. Wer hätte das bei dem damenlastigen Line-Up vorher gedacht? Den Anfang machte Sue Foley mit ihrer Telecaster. Die Kanadierin hatte die Zuschauer sofort auf ihrer Seite. Sie zelebrierte ihren Blues Rock mit Hingabe und Feeling. Die zahlreichen Soli waren nicht außergewöhnlich, nein, aber absolut treffsicher. Sie widmete einen Song ihrem Idol Stevie Ray Vaughan. Bei ihrem Part herrschte eine fast schon intime Atmosphäre. Falls Sue Foley irgendwann mal eine eigene Club-Tour macht, oder besser noch, musizierend durch verrauchte Kneipen zieht, ist ein Besuch Pflicht. Unter solchen Bedingungen wird sie wohl noch stärker agieren.
Blues CaravanNach knapp 50 Minuten gab es einen fliegenden Wechsel zu Ana Popovic. Herr Gibson hatte an diesem Abend wenig Chancen, denn auch die Jugoslawin spielte sich auf Fender -Geräten die Finger wund. Mal benutzte sie die weiße Strat, dann wieder die rosa Strat, aber fast nie zwei Stücke hintereinander dieselbe Gitarre. Nephrologen hätten an ihrem Bühnenoutfit ihre helle Freude gehabt, denn die Nierenpartie der jungen Dame lag ziemlich frei - und das im Januar. Ana Popovic ist eine hervorragende Bluesrockgitarristin und eine tolle Frontfrau. Sie agierte auf der doch ziemlich großen Bühne, als hätte sie nie zuvor was anderes gemacht. Auch gesanglich hat sie Einiges zu bieten. Den Beweis trat sie an, indem sie auch mal ein -zwei Strophen ans Mikro vorbei in die Halle sang. Ohne sich sonderlich dabei anzustrengen, war sie auch in der letzten Reihe noch gut zu hören. Ihren Auftritt absolvierte die Band als Trio. Aber nicht nur, denn Ana Popovic bot auch eine Solopassage mit der Akustikgitarre.
Blues CaravanGegen 21:00 gelangte die Blues-Karawane dann zum Höhepunkt des Abends. Candye Kane nahm die Bühne schon durch ihre bloße Präsenz in Beschlag. Genauso wie das Publikum. Sie ist kein Hungerhaken, beileibe nicht, und sie weiß das. Noch mehr: sie singt darüber. Mit ihrer voluminösen Blues-Röhre gab sie dem Wort "Gesang" an diesem Abend eine neue Dimension - trotz einer Erkältung! Sie erzählte zwischen den Songs über ihre Erlebnisse und ihre Erfahrungen. Sie verkündete, wie für sie der amerikanische Traum wahr geworden ist. Und sie versuchte allen Menschen Mut zu machen, die noch so etwas wie Träume haben. Nicht ein einziges Mal verschwand das glückliche Lächeln aus ihrem Gesicht. Candye Kane war der Star des Abends. Sie wusste es, das Publikum wusste es, die Band wusste es und Sue Foley und Ana Popovic auch. Aber Candye Kane ließ es zu keiner Zeit heraushängen. Natürlich kamen die beiden Gitarristinnen nach ein paar Songs ebenfalls auf die Bühne und schon agierte plötzlich eine 6-Personen Formation. Candye Kane schaffte es sogar, das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Der Refrain eines Songs wurde zu diesem Zweck ins Deutsche übersetzt: Das Ergebnis? Die Halle brüllte lautstark: "ISS, ISS DIE GANZE NACHT!" Krass!!!!
Blues CaravanGegen 22:00 Uhr verabschiedete sich die Karawane von der Bühne. Aber nur, um kurz darauf bei den Musikfans aufzutauchen und Fragen zu beantworten sowie Autogramme zu geben. So lässt man sich den sonst so trüben Sonntagabend gerne gefallen.
Gelernt haben wir auf jeden Fall, dass auch die gefühlvollsten Gitarrensoli gespielt werden können, ohne das sich die Gesichter der Musiker zu Fratzen verzerren. Warum es die Damen in dieser Hinsicht ihren männlichen Kollegen nicht gleichgetan haben, können wir nur vermuten. Der Umstand jedenfalls war eine Bereicherung.
Falls die Blues-Karawane in euerer Gegend die Zelte aufschlägt, kann es nur heißen: "Auf, auf, gehet hin, höret zu und staunet beeindruckt!"
Blues Caravan - Harmonie - Bonn
Ella und Olli "Wahn" Wirtz, 17.01.2005