Für alle, in deren Nähe der von Thomas Ruf ins Leben gerufene "Caravan Of Blues" mit drei beim Ruf-Label unter Vertrag stehenden Ladies Station machen sollte, habe ich nur einen dringenden Tipp: Unbedingt hingehen!!!
Gestern (13.01.2005) war der Auftakt dieser Veranstaltungsreihe in Oldenburg, also quasi eine 100%ige Premiere, und dafür lief alles schon erstaunlich rund.
Alle drei Damen, Sue Foley (Kanada), Ana Popovic (gebürtig aus Belgrad) und Candye Kane (USA), eröffnen gemeinsam die Veranstaltung, unterstützt von einer Lady an den Tasten und zwei toughen Jungs am Schlagzeug und Bass.
Bereits hier deutet sich an, was im Laufe des Abends zu erwarten ist.
Eine junge Dame als herausragende Gitarristin (Technik u n d Feeling!), eine noch jüngere Dame als kraftvolle Shouterin und genauso kraftvolle Gitarristin, die es richtig krachen lässt (nichts für Bluespuristen!) und schließlich eine fast noch junge Dame, die in Sachen Entertainment, Ausstrahlung und Resonanzstimme wie -körper Maßstäbe setzt (für ein "weißes Toastbrot")!
Der Reihe nach:
Es eröffnet den Reigen die kanadische Gitarristin, Sängerin und Songschreiberin Sue Foley mit Wohnsitz in den USA, die 1992 ihr Plattendebüt feierte ("Young Girls Blues"). Sie promotet ihre aktuelle Scheibe "Change", die live und rein akustisch eingespielt worden ist und bisher auf großes Kritikerlob stieß. Zunächst spielt sie solo, allerdings mit elektrischer Gitarre (überwiegend Strat oder Tele), später stoßen die drei schon erwähnten Bandleute hinzu, die den ganzen Abend die drei Ladies sehr kompetent begleiten.
Ihre hohe "Kinderstimme" ist irgendwie gewöhnungsbedürftig und sicherlich nicht jedermanns und -fraus Geschmack, aber ihr Gitarrenspiel und ihre Songs sind über jeden Zweifel erhaben, ja, mehr noch, das Publikum ist von Stück zu Stück begeisterter und nach knapp einer Stunde, zum Ende ihres (leider viel zu kurzen, aber es kommen ja noch zwei weitere Acts) Auftritts, völlig aus dem Häuschen.
Meines Erachtens vollkommen zu Recht, denn ich habe noch nie eine Frau gesehen und gehört, die vergleichsweise so seelenverwandt die Saiten spielt, wie es Leute vom Schlage eines "Slowhand" (ja, eben, Slowhand, weil E.C. nie ein klassischer "Rock-und-immer-auf-die-12-Gitarrist" gewesen ist, sondern eher dem filigranen, sauberen, melodischen, akzentuierten und unverkennbaren 12-Takt-Spiel zuneigt, was der guten Sue Foley ebenfalls zu attestieren ist!) Eric Clapton zu tun pflegen, zumindest, wenn sie einen guten Tag haben. Und sie hat im Vergleich eindeutig die besseren selbst geschriebenen Songs!
Dann betritt die junge und optisch äußerst attraktive Ana Popovic die Bühne. Vor knapp drei Jahren spielte sie schon einmal in Oldenburg und sie hat sich sicht- und hörbar enorm weiterentwickelt! Ihre ganze Körpersprache strotzt inzwischen vor Selbstvertrauen und war vor drei Jahren das Potential ihrer Stimme lediglich zu erahnen, so braucht sie heute fast schon kein Mikro mehr!!! Allerdings war gestern auch der Gesamtsound im Vergleich wesentlich besser.
Aber an der Popovic scheiden sich halt die Geister, denn sie sitzt stilistisch bei ihren Plattenproduktionen zwischen gleich mehreren Stühlen und live bedient sie eindeutig ein eher dem (klassischen) Rock zugeneigtes Publikum.
Für Bluesfans im eigentlichen Sinne ist das nix, denn es rockt teilweise wirklich gewaltig, ohne allerdings je auch nur in die Nähe der Attribute Hard & Heavy zu gelangen, dafür ist ihre Musik zu vielseitig und abwechslungsreich, vorzugsweise angereichert durch jazzige oder gar funkige Einschübe. Hier hat Labelkollege Bernard Allison hörbare Spuren hinterlassen. Sie spielt eine exzellente, richtig giftige Slidegitarre, nicht zufällig auf einer völlig in weiß gehaltenen Strat, die mich irgendwie an Hendrix erinnert (Woodstock?).
Und dann kam sie!
Ladies and gentlemen, we proudly present the one and only white bluesdiva of today: Miss Candye Kane, Ex-Stripperin und -Pornoqueen, Ex-Heroine der Gay- und Lesbenszene, Mutter eines 24-jährigen Sohnes, der seine Ma auch häufig am Schlagwerk begleitet und keiner weiß genau, wann sie überhaupt geboren wurde!
Sie muss relativ genau Jahrgang 1964/65 sein und ihre Oberweite ist inzwischen so groß, dass sie showmäßig perfekt getimt mitten im Konzert daraus eine komplette Wasserflasche hervorzaubern kann und später mit ihren Brüsten, zusammen mit der Tastenfrau (die natürlich brav ihre Hände benutzt), eben diese Tasten traktiert!!!
Was für eine Erscheinung, was für ein Kostüm (Konfektionsgröße unbekannt, für sie muss wohl eine neue geschaffen werden!), was für eine Show und vor allem, was für eine Stimme!!!
Sie braucht endgültig kein Mikro mehr, um die Halle zu beschallen und die Vergleiche mit Etta James sind nicht wirklich weit hergeholt.
Hier jumpt und rollt der Blues, hier gibt's Swing und Boogie Woogie, kurz, die Party geht ab. Ich habe die Oldenburger Kulturetage selten in einer solchen Ekstase gesehen, vielleicht noch nie!
Nach gut 3 Stunden und einer Zugabe, mit allen Beteiligten zusammen auf der Bühne, ist dann leider Schluss.
Fabelhaftes Event!!!
Es bleibt noch anzumerken, dass fast beim kompletten Gig von Candye Kane Sue Foley Gitarre spielt und ich brauche wohl kaum noch zu erwähnen, dass sie mehrfach aufbrausende Begeisterungsstürme durch ihr fantastisches Saitenspiel entfacht! Ergänzend dazu bereichert zum Schluss auch noch die Slide von Miss Popovic die Szenerie.
Darüber hinaus hätte die ZuschauerInnenresonanz in Anbetracht des Gebotenen getrost deutlich größer ausfallen dürfen, denn die ca. 800 Leute fassende Kulturetage war mit viel Wohlwollen leider nur zu knapp 50% ausgelastet.
Blues Caravan - 13.1.2005, Kulturetage Oldenburg
Olaf "Olli" Oetken, 14.01.2005
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